Mittwoch, 17. März 2021

Tessiner Frühling in Stabio

Immer dauert der Winter ein bisschen zu lange! Auf der Alpennordseite fällt noch immer Schnee, doch im Süden locken Sonne und Wärme. Wer also den Frühling sehnsüchtig erwartet, kann ihm ins Tessin entgegen gehen! Das machte auch der Blumenwanderer kürzlich und reiste ins westliche Mendrisiotto in ein unbekanntes Stück Schweiz, abseits der üblichen Destinationen: keine hohen Berge, kein verwinkelter See, dafür sanfte Hügel am Rande der Poebene. Vom milden Klima profitiert eine Schar bunter Frühblüher, welche sich schleunigst vor dem Blattaustrieb entfalten. 

Anders als auf der Alpennordseite findet man um Stabio eine viel grössere Palette dieser Waldpflanzen, allen voran die Hundszahnlilie, welche hier besonders zahlreich den Boden der südlichsten Schweizer Wälder ziert. Was es im Südzipfel der Schweiz um diese frühe Zeit sonst noch zu sehen gibt, zeigt dieser Beitrag.



Blick Richtung Gotthard, der nicht gerade einladend wirkt:
auf der Anfahrt regnet und schneit es bei eisigen Temperaturen.

ganz anders im südlichen Stabio, wo warme Farben dominieren...


und wo der Waldboden mit Tausenden von Blüten bedeckt ist.
Schon spriessen die ersten Blättlein an den Sträuchern.


man glaubt sich in einer anderen Welt,
nachdem man kurze Zeit zuvor
noch im Winter war


Behaartes Veilchen (Viola hirta cf.)



an einer Mauer findet sich ein nördlich
 der Alpen seltenes Gewächs:
Niederliegendes Glaskraut (Parietaria
judaica), eines unserer wenigen
Brennesselgewächse



unübersehbar hat Stabio auch seine weniger idyllischen
Seiten, wenn man vom Monte Astorio aus
gegen Süden auf die Industriezone blickt.
Auf dem Hügel am Horizont ist San Maffeo
zu erkennen, das bereits zu Italien gehört.



wenden wir uns deshalb wieder dem Millefiori-Teppich des Waldbodens zu:
Geisseglöggli (Anemone nemorosa) sonder Zahl.



hier wächst es mit seinem Verwandten wild durcheinander:
Goldwindröschen (Anemone ranunculoides)

Hohlknolliger Lerchensporn (Corydalis cava)

Kleines Immergrün (Vinca minor)

Gewöhnliches Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)

im Hintergrund das Mendrisiotto, unsere schweizerische Toskana



das Kahle Kreuzlabkraut (Cruciata glabra)
wächst zwischen den Kastanien
und hat einen kahlen Stängel
es kommt ausschliesslich südlich
der Alpen vor, weshalb ich
es zum ersten Mal sehe


schon von weitem leuchten die Beeren
des Mäusedorns (Ruscus aculeatus)
sie gehören zu diesem eher unansehnlichen,
stachligen Strauch. Wer würde glauben,
dass er gerade in Vollblüte steht?


und doch ist es so, wie diese Nahaufnahme zeigt.
Die Blütchen wachsen aus den Achselknospen 
der Schuppenblätter hervor.



die Knotige Wallwurz (Symphytum tuberosum)
blüht auch schon. Auch sie sehe ich zum ersten Mal,
da sie eine exklusiv südeuropäische Art ist.


und hier kommt der Star des Tages in Sicht:
die Hundszahnlilie (Erythronium dens-canis)



zu grossen Teilen sind die Hundszahn-
lilien schon verblüht, was für Mitte März
doch aussergewöhnlich früh ist
und so gewöhne ich mich an diesen Anblick:
fruchtende Hundszahnlilie




zum Glück für den Blumenwanderer hat es...
aber doch noch ein paar blühende Exemplare.




die südeuropäische Art ist in den Gehölzen
westlich von Stabio nicht selten.
Links ist sie im geschlossenen Zustand zu sehen.







noch tragen die Edel-Kastanien (Castanea sativa)
auf dem Monte Astorio keine Blätter




die Grüne Nieswurz (Helleborus viridis)...
ist ein Hahnenfussgewächs.



oben zwei blühende Blüten,
unten eine fruchtende.
Die Blütenhüllblätter sind eigentlich Kelchblätter.

am Waldboden hat es auch erstaunlich viele
Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens)







da der Wanderweg entlang der Grenze
verläuft, trifft man ab und zu auf sowas:
hier der Grenzstein 123 von 1559!



Blausterne (Scilla bifolia)





aus dem Laub wachsen jetzt überall
Büschel der Finger-Segge (Carex digitata)

Weisses Veilchen (Viola alba)








ein ungewohntes Bild bieten dem Nordländer
diese Tessinerpalmen (Trachycarpus fortunei),
die sich invasiv zu gebärden scheinen
die aus Ostasien stammende Art
ist im Südtessin eingebürgert




ein wunderschöner Frühblüher am Waldboden ist
die Stängellose Schlüsselblume (Primula acaulis)






die hier wird erst noch erblühen:
Knöllchen-Zahnwurz (Cardamine bulbifera cf.)
während das hier schon blüht:
Kleinblütiges Fingerkraut (Potentilla micrantha)




und zum Schluss noch dies:
unter den Geisseglöggli wächst da noch etwas anderes,
was so gar kein Glöggli sein will.
Es ist einer unserer seltensten Frühblüher der Wälder,
der nur im Südtessin vorkommt.
wie klein das Ding ist, das da gerade
erst seine ersten Blütchen öffnet,
zeigt der Vergleich mit dem Autoschlüssel


die Anwesenheit dieser exklusiven Art
wurde in der Schweiz erst in den 90er Jahren
des 20. Jahrhunderts festgestellt: es handelt sich um
einen südosteuropäischen Endemiten namens
Knollenmiere (Pseudostellaria europaea)












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