Samstag, 23. März 2024

Abstecher in die Schweizer Provence

Die buchsreichen Eichenwälder und die Trockenrasenfragmente am Waadtländer Jurasüdfuss bei La Sarraz sind ein beliebtes Ausflugsziel für Botaniker und Zoologen. In den 30er-Jahren gab es noch dreimal mehr Trockenrasenflächen als heute. Freiwillige von Pro Natura halten die übriggebliebenen Flächen heute offen. Im Sommer werden sie von Ziegen unterstützt.

Die Buis de Ferreyres dürfen auf keinen Fall zuwachsen, sind sie doch ein botanisches Paradies sondergleichen! Alleine landschaftlich besticht der offene Flaumeichenwald im Frühling mit seinem reichblühenden Unterwuchs. An vielen Stellen können so genannte “garrides”, offene Vegetationstypen auf dem sehr flachgründigen Boden gefunden werden. Die Buchshecken, welche die Trockenrasen umsäumen, erinnern vielerorts an eine Parklandschaft, “un paysage buccolique” wie wir sie allenfalls noch von Gemälden aus längst vergangenen Zeiten kennen.

Der Blumenwanderer als Liebhaber spezieller Lebensräume suchte das Gebiet im Vorfrühling auf: noch blühte nicht viel, die Farbtupfer waren spärlich und versteckten sich diskret im noch graubraunen Gras, erfreuten ihn aber umso mehr, als es sich oftmals um Raritäten handelte, nach denen man andernorts vergebens sucht.


zu Beginn verschlägt es den Blumenwanderer
indessen in diesen Märchenwald

ist das nun also der berühmte
Lorbeer-Urwald Makaronesiens?





nicht jedoch ist der Blumenwanderer
auf Madeira oder La Gomera!

erst nach einigem Werweissen stellt sich
das Dickicht als Buchs-Urwald heraus!





die natürlichen Buchsvorkommen am Jura-Südrand werden in der Botanik
als eine mediterrane Einstrahlung vom Rhonetal her aufgefasst

hoppala, jetzt geht's nicht mehr weiter...

erst nach Verlassen des Dickichts bemerke ich dieses Schild!
Da habe ich also eine Chance verpasst!



das unscheinbare Moschuskraut (Adoxa moschatellina)
blüht gerade am Wegrand



auf dem Anmarsch (wenn's erlaubt ist, diese militärische
 Vokabel hier überhaupt zu benutzen) angetroffen:
links Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) und oben
Echtes Lungenkraut (Pulmonaria officinalis aggr.)

Behaartes Veilchen (Viola hirta cf.)

Busch-Windröschen (Anemone nemorosa)



Kleinblütiges Fingerkraut (Potentilla micrantha)

Weißes Veilchen (Viola alba)



zwischen Buchs, Berberitze, Wacholder und Flaumeichen
ist dem Blumenwanderer wohl

nur schon landschaftlich ist die Gegend ein Erlebnis
mit dem überall blühenden Cornouiller (Cornus mas)

aber was wuselt da so flaumig im dürren Gras?


da haben sich zwei gefunden!


es ist das Juwel der hiesigen Trockenrasen:
die Gemeine Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)


sie blüht im zeitigen Frühjahr auf flachgründigen Böden
in den Lichtungen zwischen dem Buchsgebüsch



ich bin erstaunt, wieviel Knospen es davon noch hat


die ebenfalls zahlreichen Orchideen-Rosetten
versprechen Einiges für später

links Bocksriemenzunge (Himantoglossum hircinum)
und oben Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera cf.)




Männliches Knabenkraut (Orchis mascula cf.)
Ohnsporn (Aceras anthropophorum cf.)


und hier etwas Unscheinbares, das womöglich nur
 den unverbesserlichen Blumenwanderer interessiert:
es ist das Badener Rispengras (Poa badensis),
 eine anspruchsvolle Rarität,
die auf trocken-felsige Kalkstandorte beschränkt ist.





der Waldboden ist stellenweise blau vor lauter
Leberblümchen (Hepatica nobilis)



Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea)
Finger-Segge (Carex digitata)






ein Grenzstein mitten im Wald,
immerhin mit botanischer Deko:
Efeu (Hedera helix)

und wieder setzt das Lungenkraut
einen Farbakzent


nun wird's wieder karger: erstaunlich, wie häufig
man hier den Trauben-Gamander (Teucrium botrys)
beobachten kann, wenn auch noch nicht blühend





und auf einmal stehe ich vor dieser Merveille:
Hundszahnlilien (Erythronium dens-canis)






auch der Buchs (Buxus sempervirens)
 blüht gerade


die knorrigen, ausgemergelten Eichen hier wären
ein Graus für jeden wirtschaftlich denkenden Förster




Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus)
zwischen den Flaumeichen blüht vereinzelt
der Schneeball-Ahorn (Acer opalus)






die Schatten werden länger; nochmals betrachte ich
die urtümliche Landschaft und verlasse das Wunderland

hinter mir schliesst sich das Gebüsch, aber ich komme wieder!