Samstag, 29. Mai 2021

was söll dä ganz Blüemli-Seich?

Mit dieser unverblümten Frage (Was soll dieser ganze Blümchen-Schwachsinn?) verblüffte einmal jemand den Blumenwanderer, als dieser sich auf seinen Matten umsah und ihm nahezubringen versuchte, was er da für Juwelen auf seinem Land habe. Man könnte jetzt viel über Biodiversität und Oekologie sagen, aber nützen da trockene Erklärungen wirklich? Besser ist es doch, möglichst viel draussen selber anzuschauen, zu bestimmen und zu geniessen. Wer auch dann noch keine Freude hat an all den bunten Gewächsen unserer Natur, dem ist leider nicht zu helfen....

Was mich motiviert: die Schönheit und Genialität der Natur in all ihren Lebensformen. Und da ich ein bedächtiger Mensch bin, ist es vor allem das Vegetative, dem ich mich verbunden fühle. Daher bin ich auch etwas ratlos gegenüber der Tierbegeisterung mancher Zeitgenossen, so als ob die Natur vor allem aus Tieren bestünde. Für mich ist das Pflanzenkleid unserer Erde die Grundlage für alles und unendlich viel spannender als die Tiere, die aus unerfindlichen Gründen bei meinem Anblick stets Reissaus nehmen.

Deshalb hier eine weitere Folge von floralen Leckerbissen, einmal mehr aus dem unschlagbaren und unverbesserlichen Wallis (Follatères und Südrampe)!



zum Auftakt zwei gelbe Kreuzblütler:
Blasenschötchen (Alyssoides utriculata)


selten sieht man so hochgewachsene
Kelch-Steinkräuter (Alyssum alyssoides)





Zypressen-Wolfsmilch
(Euphorbia cyparissias)
die Blütenblätter der Buchs-Kreuzblume
(Polygala chameabuxus) schlagen
beim Verblühen gegen Rot um



erste Orchideen zeigen Farbe:
Brandorchis (Orchis ustulata)
Dingel (Limodorum abortivum)




Schwertblättriges Waldvögeli
(Cephalanthera longifolia)
Kleines Knabenkraut
(Orchis morio)


Zwiebel-Steinbrech (Saxifraga bulbifera)
Echtes Salomonssiegel (Polygonatum odoratum)



das Steintäschel (Aethionema saxatile) aus der Familie der Kreuzblütler
braucht feinerdearme, steinige Böden, die kalkhaltig sein sollen 



es besiedelt wie hier frische, noch in Bewegung
befindliche Steinschutthalden und Gerölle,
geht aber auch in Felsspalten



der Ausdauernde Knäuel (Scleranthus perennis)
ist ein kleines "Nägeli" und steht hier in Vollblüte


fast könnte man davon ausgehen, dass das Sophienkraut
(Descurainia sophia) hier gewerblich angebaut wird



weniger nach Gewerbe sieht das hier aus:
Hain-Felsenblümchen (Draba nemorosa)
so fein, so klein




was wachsen denn da für blonde Winzlinge, die kaum grösser werden
als die sie umgebenden Filzkräutlein (Filago arvensis)?



es ist ein grosses Vorkommen von Cavanilles' Goldhafer
(Trisetum cavanillesii) auf einer Schafweide.
Die einjährige Art hat hier schon längst geblüht und
abgesamt. Sie ist leider vom Aussterben bedroht.



die Färber-Waid (Isatis tinctoria)
wird über einen Meter hoch



Krummhals (Anchusa arvensis)






die Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis)...
gedeiht auf kalkhaltigen Magerwiesen.


Kaisermantel (Argynnis paphia)


Dickblättriger Mauerpfeffer (Sedum dasyphyllum)





so schön gewachsene Wanzen-Knabenkräuter (Orchis coriophora)
habe ich noch nie gesehen


bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war
diese Art noch in ganz Mitteleuropa vertreten.
Heute gibt es nur noch einige
wenige Restvorkommen
da das Wanzen-Knabenkraut als extrem
 konkurrenzschwach gilt, wird es sehr schnell
von anderen Pflanzenarten verdrängt



aufgrund genetischer Untersuchungen wird die braunrot
blühende Art heute der Gattung Anacamptis zugeordnet.



umwachsen und geradezu umschlungen
 von Breitsamen präsentiert sich....
der Bitterkraut-Würger (Orobanche picridis cf.)



Ohnsporn (Aceras anthropophorum)


aufgrund der vielen Feuchtigkeit
in diesem Frühling entwickelten sich...
die Brandorchis (Orchis ustulata)
heuer zu teilweise hohen Exemplaren






Turmkraut (Turritis glabra)



an einigen Wegsäumen ist es geradezu weiss vor lauter
Breitsamen (Orlaya grandiflora)



immer schön zu sehen ist der Blaue
Steinsame (Buglossoides purpurocaerulea)
die hier blüht leider noch lange nicht:
Schwarznessel (Ballota nigra)



in einem Felsrasen gefunden, aber
schwierig in vivo zu fotografieren...
ist der mediterrane
Streifen-Klee (Trifolium striatum).



adieu, petit paradis des Follatères!







Freitag, 21. Mai 2021

au fil du Doubs

Der Doubs bildet im Nord-Westen der Schweiz die Grenze zu Frankreich. Sein Name soll vom Lateinischen „dubius“ (zweifelnd, unentschlossen) stammen. Ob's nun stimmt oder einfach gut erfunden ist, eines ist gewiss: ein Zweifler, Unschlüssiger und Zauderer ist dieser Doubs schon in seinem gewundenen Lauf im Grenzgebiet, unschlüssig, ob er nun ein Schweizer oder Franzose sei.

Hier wollte der Blumenwanderer auch die seltene Schachblumen aufsuchen. Anfang des 20.Jahrhunderts besiedelte dieses Liliengewächs zu Tausenden die Alluvialterrassen entlang des Doubs. Die Bewirtschaftung bis ganz dicht ans Ufer, der Bau von Wasserkraftwerken und das Pflücken brachten die Schachblumen jedoch an den Rand des Verschwindens.

Auf einer entspannten Wanderung entlang dieses Gewässers lernte der Blumenwanderer kürzlich diese und einige weitere für das Doubstal charakteristische Pflanzenarten kennen, vor allen Dingen aber eine eigentümliche Landschaft abseits der Zivilisation mit viel unberührter Natur.


das Zollgebäude zeigt, dass Frankreich nicht weit ist


das (ehemalige) Schwemmland am Ufer des Doubs mit Kalkschlamm
ist das typische Habitat der Schachblume (Fritillaria meleagris).
Rund 90 Prozent der in der Schweiz noch erhaltenen Population wächst hier!


die Weisse Taubnessel (Lamium album)
besiedelt nährstoffreiche, feuchte Wegränder
Schachblume (Fritillaria meleagris),
hier "Tulipe de Goudebas" geheissen


hier sind grad deren Zweie an einem Stängel.
Sie sollen einem Perlhuhn oder einem Kiebitzei
gleichen, doch hat der Blumenwanderer...
weder das eine noch das andere je erblickt.
Aber schön, dass gerade noch
die letzten Blüten da waren


damit man doch noch einen Eindruck vom Blühaspekt bekommt,
hier eine Aufnahme aus Schweden (Sandemar Naturreservat)
(Quelle: Wikipedia. Autor: Holger Ellgaar, 2012)


viel weniger beachtet, aber nach der irrelevanten Meinung
des Blumenwanderers nicht minder schön ist
der Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella)

ein weiterer Weissblüher:
Fiederblättrige Zahnwurz (Cardamine heptaphylla)

der "White Garden" setzt sich fort, aber diesmal sind es
offenbar keine Zahnwurze, die da aus dem Dunkeln leuchten

aber darf das denn wahr sein? Hier halten gerade...
die Dreiblättrigen Schaumkäuter
(Cardamine trifolia) ihre Hauptversammlung ab!



ansonsten ein seltener Gast in unseren Wäldern
bildet diese Art hier stellenweise einen schönen Blühaspekt



hier hat sich offenbar Wiesenschaumkraut auf ein Felsband verirrt


bei genauerem Hinsehen wird schnell klar,
dass es stattdessen die Schaumkresse ist!

Felsen-Sand-Schaumkresse (Cardaminopsis arenosa ssp. borbasii),
um genau zu sein und um einen der unmöglichen botanischen Namen zu zitieren

hier wird sichtbar, dass die Schaumkresse zweierlei Blätter hat:
die Stängelblätter sind ganzrandig


man findet diese Art im Gebiet des Doubs
ab und zu auf den Felsen der Talgehänge

die grundständigen Blätter sind fiederteilig



immer gern gesehen: das unscheinbare
Moschuskraut (Adoxa moschatellina) zieht sich
als typischer Frühblüher bald schon wieder zurück





immer schön dem Wasser nach wächst das Milzkraut.
Links ist das etwas grössere und leuchtendere Wechsel-
blättrige zu sehen, rechts das seltenere Gegenblättrige
(Chrysosplenium oppositifolium)



Bachbumele (Caltha palustris)


es ist immer schön, an einem stillen Gewässer zu wandern