Dienstag, 21. Juli 2020

hoch über der Engstligenalp

Eine etwas anstrengende Juli-Wanderung in den Berner Alpen ergab einen Querschnitt durch den ganzen sommerlichen Schmuck der Blaugras- und Kalkschutthalden.
Ausgangspunkt dieser Rundwanderung war die Talstation der Engstligenalpbahn bei Adelboden. Von dort aus schwebt man die ersten 500 Höhenmeter nach oben. Von der Bergstation ging es dann stetig bergan über saftig-grüne Bergwiesen via Aertelegrat Richtung Tschingellochtihorn. Dann weiter über den Grat am Chindbettihorn vorbei, wo sich die Landschaft in eine karstige Steinwüste verwandelt. Wir genossen das herrliche Alpenpanorama und stiegen dann wieder zur weiten Hochebene der Engstligenalp hinab, nach deren Durchquerung wir uns sozusagen als "Dessert" noch den Abstieg zu Fuss zur Talstation vorbei am imposanten Wasserfall gönnten.

Laut Homepage der Bergbahnen Engstligenalp soll die Bezeichnung Engstlige (Entschliga) für die Alp und den Bach auf die keltische Flussgöttin Andekingila, die schnell Gehende, zurückgehen. Zur Zeit der Kelten galten die Quellgebiete der Flüsse als besonders krafterfüllt.



Start am frühen Morgen mit der Seilbahn bei der Talstation "unter dem Birg"

Blick zurück auf Adelboden
mit dem zur Niesenkette gehörigen Gsür links

Blick auf die andere Seite gegen Süden, wo über der Ebene
das langgestreckte Wildstrubel-Massiv thront, über das die Grenze zum Wallis verläuft




in der Ferne tauchen bald schon
die bizarren Schiefertürme des Tschingellochtihorns auf,
leider auch wieder die obligaten Streifen am Himmel

eine häufige Art hier ist das Kriechende Gipskraut
(Gypsophila repens), ein Nelkengewächs


eine unscheinbare Orchideen-Art ist
die Zwergorchis (Chamorchis alpina)


ganz anders dagegen der auffällige Süssklee
(Hedysarum hedysaroides)








die spannende Vegetation des Kalkfeinschutts beinhaltet
unter anderem das Berg-Milchkraut (Leontodon montanus)

hier mit dem "Tschingi" im Hintergrund


Hallers Margerite (Leucanthemum halleri)

was blüht denn hier
so einsam im Kalkschutt?




es ist das Mont Cenis-Stiefmütterchen (Viola cenisia),
das hier nur gerade seine Blüten aus dem Schutt streckt.
Als kalkstete Geröllpflanze wird es auch Geröll-Veilchen genannt,
auf Italienisch Mammola rupina ;-)

nach Entfernung eines Steines werden
seine ganzrandigen Blätter sichtbar




Alpen-Ehrenpreis (Veronica alpina)

Schwarze Schafgarbe (Achillea atrata)


Quirlblättriges Läusekraut (Pedicularis verticillata)





zu den prächtigsten Alpenblumen gehört sicher
die Grossköpfige Gämswurz (Doronicum grandiflorum)







weitere typische Kalkarten sind
der Moschus-Steinbrech (Saxifraga exarata subsp. moschata)...

und das Breitblättrige Hornkraut
(Cerastium latifolium).





wie schön machen sich doch diese Fruchtperücken
des Petersbarts (Geum reptans)










eine der Spezialitäten des Gebiets ist
der Weichhaarige Mannsschild (Androsace pubescens)
mit seinen abgeblühten Rundpolstern



Thals Klee (Trifolium thalii) bildet solch dichte Rasen

Berg-Milchkraut (Leontodon montanus)
unter dem "Tschingi"


der Gegenblättrige Steinbrech (Saxifraga oppositifolia)
ist längst verblüht

der Schweizer Mannsschild (Androsace helvetica)
gehört zu unseren anspruchslosesten
und widerstandsfähigsten Blütenpflanzen

Polsterwuchs und lange Wurzeln ermöglichen seine Existenz auf den lebensfeindlichen Kalkgraten.
Die weissen Blüten sind im Juni so zahlreich, dass man die kleinen Blättchen kaum noch sehen kann.
Zu dieser Zeit kommt man jedoch ohne Schneeschuhe nicht hier herauf.




der Gratweg unterhalb des Tschingellochtighorns
ist wohl eine der eindrücklichsten Partien der Wanderung

der Zahn des "Tschingi" von Süden gesehen


das imposante Steinmassiv mit der bizarren Form erinnert irgendwie an eine Postkartenansicht
aus dem amerikanischen Monument Valley




Schweizer Labkraut (Galium megalospermum)

Verkanntes Berufkraut (Erigeron neglectus)


solch schöne Blumengärtli finden sich ab und zu im Schutt


soviel Berg-Spitzkiel (Oxytropis jacquinii) habe ich bisher auf keiner Wanderung gesehen!


Blick zurück auf das Tschingellochtihorn über den wüstenhaften Entschligegrat hinweg





Stumpfblättriger Mannsschild (Androsace obtusifolia)

Alpen-Spitzkiel (Oxytropis campestris)


Frühlings-Enzian (Gentiana verna cf.)

Grossblütiger Steinbrech (Saxifraga x kochii)

Alpen-Hahnenfuss (Ranunculus alpestris)


Echte Edelraute (Artemisia umbelliformis)







immer wieder imponieren die Polster des Schweizer Mannsschilds,
die fast mit dem Gestein zu verschmelzen scheinen







wie schön, dass es in dieser an sich artenarmen Mondlandschaft
immer wieder die Farbtupfer der Gämswurz gibt!







Blick auf die Hochebene der Engstligenalp








der Doppelgipfel des Chindbettihorns kommt in Sicht

spektakulär führt der hochalpine Weg unterhalb des Chindbettihorns weiter,
über Schiefer und Gesteinsmassen hinweg





Felsen-Ehrenpreis (Veronica fruticans), im Hintergrund
die Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinosissimum)

der Chindbettipass
mit seinen 2623 Metern ü.M. ist erreicht

hier gibt es auch solche Schneewächten

Alpen-Vergissmeinnicht (Myosotis alpestris)


hier blüht eine grosse Rarität für den Kanton Bern:
das Monte Baldo-Windröschen (Anemone baldensis)


so kontrastreich sind hier die Lebensräume:
wenige Meter oberhalb der steinigen, trockenen Blumenwiese
droht eine mächtige Schneewand





oben eine fruchtende Pflanze (bis 20cm hoch)
 und unten eine aufgeblühte (5-12cm hoch)

das Monte Baldo-Windröschen ist kleinwüchsig
und kann leicht übersehen werden



die Blüten sind langgestielt, meist einzeln, etwas nickend und weiss,
2,5 bis 4cm im Durchmesser, mit meist 8 bis 10 eiförmigen, spitzen, ausgebreiteten,
aussen zottig-behaarten Blütenhüllblättern und gelben Staubblättern. 




auch diese Art wächst mit Vorliebe auf Kalk




die Gletscherlinse (Astragalus frigidus) mit dem Tälliseeli im Hintergrund



Alpen-Hahenfuss (Ranunculus alpestris)

Gämskresse (Pritzelago alpina)



Rundblättriges Täschelkraut
(Thlaspi rotundifolium)
das Rundblättrige Täschelkraut ist schon eine erstaunliche Pflanze:
es überwintert mit grünen Laubsprossen und weit
vorgebildeten Blütenknospen an schneebedeckten Stellen.
Es besiedelt hauptsächlich die Kalkschutthalden in den Nordalpen. 




zwei unscheinbare Arten:
Hohlzunge (Coeloglossum viride)
 und Mondraute (Botrychium lunaria)



das Langspornige Stiefmütterchen (Viola calcarata)
hat im Gegensatz zum Mont Cenis-St. gekerbte Blätter.





Niedliche Glockenblume (Campanula cochleariifolia).
Der Himmel hat sich mittlerweile überzogen.




auf der Alp begegnet man einer seltenen Weidenart

es ist die niederwüchsige Blaugrüne Weide (Salix caesia)


Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium)

auch Häufiges kann so schön sein: Schnittlauchfelder (Allium schoenoprasum)
im Hintergrund das Berghaus Bärtschi

Abendstimmung im Schnittlauch-Eldorado





zahlreiche Edelweisse (Leontopodium alpinum)
begleiten uns auf dem Abstieg




der botanische Name dieser Pflanze heisst aus dem Griechischen übersetzt "Löwentatze",
der die weissen Hochblätter dieser dekorativen Art ähneln sollen.




der Wanderweg führt unter
dem Staub des Engstligenfalls hindurch.
Wie in aller Welt kommen da die Kühe
hoch und wieder runter?

Türkenbund (Lilium maratagon)


ein Massenvorkommen von Allermannsharnisch (Allium victorialis)

auch eine unserer schönsten Alpenblumen blüht noch knapp:
Alpen-Akelei (Aquilegia alpina)


das Bränderli (Nigritella rhellicani) darf
auf einer solchen Wanderung nicht fehlen


neben beiden Elternteilen fand sich diese Kreuzung
zwischen Bränderli und Gymnadenie:
Gymnigritella!


eine Kugelorchis (Traunsteinera globosa)
blüht inmitten von Grossen Sterndolden (Astrantia major)

und zum Schluss ist man im ultimativen Sterndolden-Paradies angelangt!









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