Samstag, 27. März 2021

unsere Gelbsterne

Der Blumenwanderer liebt die Gelbsterne! Sie sind bei uns ziemlich selten gewordene Zwiebelgewächse aus der Familie der Liliaceen. Sie sind nicht sehr konkurrenzfähig und als klassische Geophyten entgehen sie der Konkurrenz durch frühe Blütezeit (März/April). Die ganze Pflanze ist oft Mitte Mai schon verschwunden. 

Goldgelb glänzen ihre sechs Blütenblätter, die Außenseite ist mattgelb und trägt grüne Mittelstreifen. Oft kommen die Früchte gar nicht zur Ausreifung, weil die Pflanzen im stürmischen Wachstum der Umgebung vorzeitig absterben. Um so mehr sind die Gelbsterne auf die vegetative Vermehrung durch Brutzwiebeln angewiesen. 

In der Schweiz gibt es davon sechs Arten. Sie werden in diesem Beitrag mit eigenen Aufnahmen vorgestellt. Der Blumenwanderer fand kürzlich noch die sechste und seltenste Art: den Wiesen-Gelbstern, was ihn besonders gefreut hat.



der noch einigermassen verbreitetste Gelbstern ist
der Wald-Gelbstern (Gage lutea), den ich indes
bisher fast noch nie in Wäldern fand,
sondern am ehesten unter Obstbäumen




unverkennbar für diese Art die breiten Grundblätter
mit kapuzenartiger Spitze



hier hat sich eine weitere Art unter die Krokusse gemischt:
Röhriger Gelbstern (Gagea fragifera)

er hat hohle, röhrige Blätter
und findet sich am ehesten auf Alpmatten
weshalb er im Artnamen "erdbeertragend" heisst, 
sieht man beim Betrachten seiner Kapselfrucht


den Acker-Gelbstern (Gagea villosa) kenne ich 
fast ausschliesslich aus den Wallis,
wo er jedoch auch selten ist
am ehesten findet er sich in der Nähe
von Weinbergen

kennzeichnend für ihn ist
die flaumige Behaarung der Blütenstiele


ein Walliser Urgestein ist
der Felsen-Gelbstern (Gagea saxatilis)
man findet ihn am ehesten
auf felsigen Trockenrasen



typisch für ihn ist sein Zwergwuchs
und die fädigen Laubblätter


dann gibt es noch diesen Gebirgsbewohner
mit den auffällig zugespitzten Perigonblättern
es ist der Kleine Gelbstern
(Gagea minima)




den seltensten Gelbstern der Schweiz 
findet man z.B. im Kanton Aargau
unter Bäumen wie hier am Stammfuss
eines alten Kirschbaumes





es handelt sich um den
Wiesen-Gelbstern (Gagea pratensis)


so sehr sich die Blüten im Blattwerk verstecken,
werden sie dennoch von den Bienen gefunden




als Regel kann gelten:
wenn das Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)
blüht, blühen auch die Gelbsterne




beim Wiesen-Gelbstern überragen die Hochblätter
den Blütenstand bei weitem


seine Blüten sind wie bei allen Gelbsternen
klein und öffnen sich nur bei Sonnenschein
hier zum Grössenvergleich
mit einem Zwänzgerli


der Wiesen-Gelbstern hat im Vergleich
zum Wald-Gelbstern nur schmale Blätter,
gleicht ihm aber im Habitus stark
bei Hegi wird die gesellig wachsende Art
noch als zuweilen lästiges Unkraut bezeichnet




daneben findet man auch Erstaunliches:
der Italienische Aronstab (Arum italicum)
liebt wie der Wiesen-Gelbstern warme Lagen


Frühlings-Segge (Carex caryophyllea)


in einem angrenzenden Feld:
Ackerfrauenmantel (Aphanes arvensis)


nebenan findet man auch dies...
und das: Wald-Schlüsselblume (Primula elatior).



der Kamerad des Gelbsterns ist
der Blaustern (Scilla bifolia)
hier zusammen mit dem Dunkelgrünen
Lungenkraut (Pulmonaria obscura)


das Schlusswort gehört jedoch
dem Wiesen-Gelbstern, der heute leider
zu den stark bedrohten Arten zählt
die Art ist durch Bewirtschaftungsänderungen
(z.B. Herbizide, Tiefpflügen, Düngung)
massiv zurückgegangen







Mittwoch, 17. März 2021

Tessiner Frühling in Stabio

Immer dauert der Winter ein bisschen zu lange! Auf der Alpennordseite fällt noch immer Schnee, doch im Süden locken Sonne und Wärme. Wer also den Frühling sehnsüchtig erwartet, kann ihm ins Tessin entgegen gehen! Das machte auch der Blumenwanderer kürzlich und reiste ins westliche Mendrisiotto in ein unbekanntes Stück Schweiz, abseits der üblichen Destinationen: keine hohen Berge, kein verwinkelter See, dafür sanfte Hügel am Rande der Poebene. Vom milden Klima profitiert eine Schar bunter Frühblüher, welche sich schleunigst vor dem Blattaustrieb entfalten. 

Anders als auf der Alpennordseite findet man um Stabio eine viel grössere Palette dieser Waldpflanzen, allen voran die Hundszahnlilie, welche hier besonders zahlreich den Boden der südlichsten Schweizer Wälder ziert. Was es im Südzipfel der Schweiz um diese frühe Zeit sonst noch zu sehen gibt, zeigt dieser Beitrag.



Blick Richtung Gotthard, der nicht gerade einladend wirkt:
auf der Anfahrt regnet und schneit es bei eisigen Temperaturen.

ganz anders im südlichen Stabio, wo warme Farben dominieren...


und wo der Waldboden mit Tausenden von Blüten bedeckt ist.
Schon spriessen die ersten Blättlein an den Sträuchern.


man glaubt sich in einer anderen Welt,
nachdem man kurze Zeit zuvor
noch im Winter war


Behaartes Veilchen (Viola hirta cf.)



an einer Mauer findet sich ein nördlich
 der Alpen seltenes Gewächs:
Niederliegendes Glaskraut (Parietaria
judaica), eines unserer wenigen
Brennesselgewächse



unübersehbar hat Stabio auch seine weniger idyllischen
Seiten, wenn man vom Monte Astorio aus
gegen Süden auf die Industriezone blickt.
Auf dem Hügel am Horizont ist San Maffeo
zu erkennen, das bereits zu Italien gehört.



wenden wir uns deshalb wieder dem Millefiori-Teppich des Waldbodens zu:
Geisseglöggli (Anemone nemorosa) sonder Zahl.



hier wächst es mit seinem Verwandten wild durcheinander:
Goldwindröschen (Anemone ranunculoides)

Hohlknolliger Lerchensporn (Corydalis cava)

Kleines Immergrün (Vinca minor)

Gewöhnliches Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)

im Hintergrund das Mendrisiotto, unsere schweizerische Toskana



das Kahle Kreuzlabkraut (Cruciata glabra)
wächst zwischen den Kastanien
und hat einen kahlen Stängel
es kommt ausschliesslich südlich
der Alpen vor, weshalb ich
es zum ersten Mal sehe


schon von weitem leuchten die Beeren
des Mäusedorns (Ruscus aculeatus)
sie gehören zu diesem eher unansehnlichen,
stachligen Strauch. Wer würde glauben,
dass er gerade in Vollblüte steht?


und doch ist es so, wie diese Nahaufnahme zeigt.
Die Blütchen wachsen aus den Achselknospen 
der Schuppenblätter hervor.



die Knotige Wallwurz (Symphytum tuberosum)
blüht auch schon. Auch sie sehe ich zum ersten Mal,
da sie eine exklusiv südeuropäische Art ist.


und hier kommt der Star des Tages in Sicht:
die Hundszahnlilie (Erythronium dens-canis)



zu grossen Teilen sind die Hundszahn-
lilien schon verblüht, was für Mitte März
doch aussergewöhnlich früh ist
und so gewöhne ich mich an diesen Anblick:
fruchtende Hundszahnlilie




zum Glück für den Blumenwanderer hat es...
aber doch noch ein paar blühende Exemplare.




die südeuropäische Art ist in den Gehölzen
westlich von Stabio nicht selten.
Links ist sie im geschlossenen Zustand zu sehen.







noch tragen die Edel-Kastanien (Castanea sativa)
auf dem Monte Astorio keine Blätter




die Grüne Nieswurz (Helleborus viridis)...
ist ein Hahnenfussgewächs.



oben zwei blühende Blüten,
unten eine fruchtende.
Die Blütenhüllblätter sind eigentlich Kelchblätter.

am Waldboden hat es auch erstaunlich viele
Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens)







da der Wanderweg entlang der Grenze
verläuft, trifft man ab und zu auf sowas:
hier der Grenzstein 123 von 1559!



Blausterne (Scilla bifolia)





aus dem Laub wachsen jetzt überall
Büschel der Finger-Segge (Carex digitata)

Weisses Veilchen (Viola alba)








ein ungewohntes Bild bieten dem Nordländer
diese Tessinerpalmen (Trachycarpus fortunei),
die sich invasiv zu gebärden scheinen
die aus Ostasien stammende Art
ist im Südtessin eingebürgert




ein wunderschöner Frühblüher am Waldboden ist
die Stängellose Schlüsselblume (Primula acaulis)






die hier wird erst noch erblühen:
Knöllchen-Zahnwurz (Cardamine bulbifera cf.)
während das hier schon blüht:
Kleinblütiges Fingerkraut (Potentilla micrantha)




und zum Schluss noch dies:
unter den Geisseglöggli wächst da noch etwas anderes,
was so gar kein Glöggli sein will.
Es ist einer unserer seltensten Frühblüher der Wälder,
der nur im Südtessin vorkommt.
wie klein das Ding ist, das da gerade
erst seine ersten Blütchen öffnet,
zeigt der Vergleich mit dem Autoschlüssel


die Anwesenheit dieser exklusiven Art
wurde in der Schweiz erst in den 90er Jahren
des 20. Jahrhunderts festgestellt: es handelt sich um
einen südosteuropäischen Endemiten namens
Knollenmiere (Pseudostellaria europaea)