Mittwoch, 29. Mai 2019

3. im Land von vielen Steinen und wenig Brot

Als Kaiser Rotbart lobesam
zum heil'gen Land gezogen kam,
da mußt er mit dem frommen Heer
durch ein Gebirge wüst und leer.
Daselbst erhub sich große Not,
viel Steine gab's und wenig Brot,
und mancher deutsche Reitersmann
hat dort den Trunk sich abgetan;
den Pferden war's so schwer im Magen,
fast mußte der Reiter die Mähre tragen.

So also erlebte Ludwig Uhlands "wackerer Schwabe" das Heilige Land. Doch das war ursprünglich keineswegs so, denn einst lebten hier der syrische Braunbär, der Löwe, das Krokodil und der asiatische Gepard, der zuletzt 1911 gesehen wurde. Auch bedeckten ausgedehnte Wälder das Land.
Erst jahrhundertelange Vernachlässigung und Abholzung haben aus dem Gelobten Land der Bibel, wo Milch und Honig flossen, eine Steppe und Steinwüste werden lassen.

Heutzutage muss man sich den Trunk in Israel nicht mehr abtun, neben Steinen und Mazze gibt es auch genügend Brot und statt selbst die Mähre tragen zu müssen, kann man sich von einem motorisierten und klimatisierten Fahrzeug durchs Heilige Land tragen lassen.
Viele Gebiete vor allem im Norden des Landes sind wieder aufgeforstet oder werden landwirtschaftlich genutzt, doch ist der Bevölkerungsdruck gross: die Einwohnerzahl ist von einer Million Menschen im Jahr 1950 auf heute 8,5 Millionen gewachsen, was unausweichlich Folgen hat.

Eine Fahrt in den hohen Norden Israels zeigte das Land von einer ungewohnt wasserreichen und grünen Seite.



Samstag, den 27. April 2019:

Hula-Naturreservat/Jordanquellen/Golanhöhen



solche Landschaften würde man in Israel nicht erwarten!
Für Zugvögel ist das Hula (als Chula auszusprechen)-Tal ganz im Norden ein wichtiger
Rastplatz auf ihrer jährlichen Reise von Europa nach Afrika und zurück.
Der See und die Sümpfe geben Zehntausenden von Vögeln für kurze Zeit einen Ort
zum Erholen und sorgen für eine beachtliche Artenvielfalt.



hier gedeiht auch ein mehr als mannshohes Zypergras:
es ist der Echte Papyrus (Cyperus papyrus)

von seinem Namen leitet sich unser Wort "Papier" ab,
weil er schon vor Jahrtausenden zur Herstellung 
des Beschreibmaterials Papyrus verwendet wurde

die Nutria (Myocastor coypus) ist erstaunlich zahm und frisst ihr Gräslein
gleich neben dem Wanderweg. Die aus Südamerika stammende Nagetierart
hat sich auch in Israel als Neozoon etabliert.




die Sumpfschildkröten nahmen gerade ein Sonnenbad

die Gelbe Schwertlilie (Iris pseudacorus)
ganz wie in der Schweiz!


schöne Irisbestände mit dem Golan im Hintergrund.
Im Vordergrund turnt eine Zwergdommel (Ixobrychus minutus)
auf abgestorbenen Papyrusstängeln umher.

und auch die Teichrose (Nuphar lutea) kommt bis hierher vor!


die Palästina-Spargelerbse (Tetragonolobus palaestinus)

daneben blüht der Acker-Gauchheil (Anagallis arvensis)
in seiner blauen Variante


weiter ging die Fahrt ganz in den Norden Israels
zu den Jordan-Quellen.

beim Anblick dieser Landschaft würde man nicht glauben,
dass sie sich im Nahen Osten befindet

an den Ufern des jungen Jordan gedeiht auch
das zarte Venushaar (Adiantum capillus-veneris)

unser famoser israelischer Reiseleiter und
wandelnde Enzyklopädie Dany Walter!

der Ranken-Erdrauch (Fumaria capreolata).
Schade, dass ich von der zahlreich und wunderschön
blühenden Art keine besseren Aufnahmen machen konnte!






beim Mittagshalt auf dem Golan hiess es wie üblich "Essen fassen" aus dem Bauch des Cars.
Der Fahrer Shraga war für das umfangreiche Salatbuffet besorgt.
Links des Vehiculums grüsst der schneebedeckte Hermon,
der den nördlichsten Punkt Israels markiert.
Schade, dass ich zu seinen Füssen nicht botanisieren konnte,
denn er ist einer von Israels Hotspots in dieser Hinsicht.


wie üblich verzichtete der Blumenwanderer
und wandte sich stattdessen dem Blumenbuffet gleich daneben zu.
Der Genuss wurde indes leicht getrübt durch umfangreiche Minenfelder
aus dem Sechstagekrieg, die bisher nicht geräumt wurden.


also hielt ich mich lieber an den Strassenrand,
wo es aber ebenfalls wild durcheinander blühte
hier die Silber-Mauermiere (Paronychia argentea),
die zur Familie der Nelkengewächse gehört



Syrischer Ehrenpreis (Veronica syriaca)

nun hat der Blumenwanderer doch noch seinen
Salat gefunden, der ihm sogar entgegenblüht:
wilder Rucola (Eruca sativa)

die schöne Mittags-Schwertlilie (Moraea sisyrinchium) 
zierte als Blumenstrauss den Tisch

da Mittag aber schon leicht vorüber war,
waren hier die Blüten schon wieder zu



und zum Dessert gab's Erdbeeren:
leider nur in Form des Erdbeer-Klees (Trifolium fragiferum)

Venuskamm (Scandix pecten-veneris)


Jerusalem-Platterbse (Lathyrus hierosolymitanus)

die Bastard-Wicke (Vicia hybrida) kommt ganz selten
auch in der Schweiz vor

bei einem Aussichtspunkt und Denkmal standen wieder
abgeschossene syrische Panzer umher und .....


die Gewelltblättrige Ochsenzunge (Anchusa undulata).
Schön, dass neben den Panzern die Blumen wie wild blühen!
Knäuelköpfige Distel (Carduus pycnocephalus)

wenn diese Blüten in Sicht kamen, wusste ich
jeweils, dass mein Bungalow nicht mehr weit war:
Zylinderputzer (Callistemon citrinus)


an der Wand neben dem Hauseingang beobachtet:
der Halbfinger (Hemidactylus turcicus) auf Fliegenfang.
Die oft auch als „Hausgecko“ bezeichnete Art ist
einer der am häufigsten vorkommenden Geckos.
















Sonntag, 26. Mai 2019

2. Frühling in der Levante

E bissele meschugge muss man schon sein, wenn man auf einer Kulturreise botanisieren will.
Doch wie könnte man die Augen verschliessen vor den Naturschönheiten des Heiligen Landes?
Und so nutzte der Blumenwanderer die Randzeiten, um etwas mitzubekommen vom Frühling in der Levante. Und auch wenn er mehr als einmal aufs Mittagessen verzichtete, war mehr als ein oberflächlicher Eindruck nicht möglich, so überwältigend war die Fülle.

Am östlichen Mittelmeer ist im Frühling die größte Vielfalt von Farben zu beobachten – frisches Grün in Gebieten, in denen im Winter Regen gefallen ist und weißer Schnee in den Bergen in Kombination mit den Braun- und Rottönen der Steppe und Wüste.

Auf einer Fahrt rund um den See Genezareth erlebte der Blumenwanderer diese Aspekte des levantinischen Frühlings: über dem See glänzte der schneebedeckte Hermon herüber und die Blumen blühten um die Wette an den Gestaden der blauen Sea of Galilee!



Freitag, den 26. April 2019:

Berg Arbel/Galiläa/See Genezareth




am zweiten Tag stand zuerst der Berg Arbel auf dem
Programm, doch kam der Blumenwanderer nie dort an,
denn am Wanderweg sah es so aus wie hier gezeigt:
Stechendes Sternauge (Pallenis spinosa)

schnell schlug sich der Blumenwanderer ins Gebüsch
und begann fassungslos zu fotografieren, was er sah:
Wellen-Schwarznessel (Ballota undulata)



wohlbekannte Dolde mit aufgesetzter Mohrenblüte:
Wilde Möhre (Daucus carota)




Echinops adenocaulos beginnt gerade zu
erblühen. Irgendwie merkwürdiges Gefühl, dass es hier
massenhaft Pflanzen gibt, die keinen deutschen
Namen tragen. Also aktiviere ich ....

mein Griechisch und verdeutsche:
die Drüsenstängel-Kugeldistel! Tönt nicht gut, aber
immerhin ist etwas Heimatgefühl auch erlaubt, 
denn auch in der Schweiz gibt es 
eine einheimische Echinops-Art


und schon wieder ein Korbblütler:
Hybrid-Bocksbart (Geropogon hybridus)
mit unscheinbaren Blüten und riesigen Fruchtständen



aber schön sind diese rosa Miniblüten doch!








da war ich ganz zufrieden, noch die letzten
Kronen-Anemonen (Anemone coronaria) blühen zu sehen!
Sie gehören zu den bekanntesten Blumen in Israel.

und hier ein noch nicht blühender Vertreter der
Färberdisteln: Carthamus glaucus



bei dieser rosa Nelke brauchte ich lange,
bis ich rauskriegte, was es eigentlich ist

selber schuld, denn das ist keine Nelke,
sondern der Weichhaarige Lein (Linum pubescens),
eine typisch ostmediterrane Art

die Karmel-Skabiose (Lomelosia prolifera) ...

und der Jüdische Salbei (Salvia judaica)
sind beides auf Schritt und Tritt anzutreffende Arten.




der Blumenwanderer ist ganz offensichtlich ein Fan der Wilden Möhre!

orientalisches Chaos


ein zierlicher Vertreter der Hasenohren
leuchtete aus dem schon dürren Gras

er heisst Bupleurum nodiflorum




ein Vertreter der Hauhecheln: Ononis pubescens cf.

überall blüht jetzt auch die Wegwarte (Cichorium endivia). Genau, so sieht es aus, wenn 
der Endiviensalat blüht:  bereits in der Antike 
wurde diese Art als Wintersalat genutzt.



der Purpurklee (Trifolium purpureum)
ist schon fast verblüht

diese Bellezza sah ich nicht oft:
Centaurea crocodylium



massenhaft am Arbel-Wanderweg und erst verhalten blühend:
eine Vertreterin der Flockenblumen: Centaurea hyalolepis


und noch ein häufiger Korbblütler,
allerdings auffälliger blühend

es ist Notobasis syriaca,
die einzige Pflanzenart aus der Gattung Notobasis



Filmschnitt ohne Ueberblendung:
anschliessend Fahrt durch die Stadt Tiberias zum See hinab
und Bootsfahrt auf dem See Genezareth

Panorama vom Boot aus auf die galiläischen Hügel


links der Zacken des soeben besuchten Kalkmassivs des Mount Arbel,
rechts davon die Schlucht des Taubentals, wo Jesus wohl öfters von
Nazareth her kommend nach Kapernaum hinuntergewandert ist

Weiterfahrt zum "Berg der Seligpreisungen", einer kleinen Erhebung am Nordufer des Sees,
mit einer Kirche aus dunklem Basalt, dem Stein von Nazareth. Der romantisch anmutende Bau
wurde 1937 fertiggestellt und stammt von Antonio Barluzzi, der Franziskaner-Mönch und Architekt zugleich war.

vom Berg der Seligpreisungen hat man eine tolle Aussicht auf den See.
Zu seinen Füssen liegt das berühmte Tabgha, wo wir hinabwanderten.
Etymologisch geht der Name auf "Heptapege" zurück,
was auf Griechisch "sieben Quellen" bedeutet.

wir waren hier nicht die ersten:
Versammlung von singenden Geistlichen

die Primatskapelle, auch als Mensa Christi („Tisch Christi“) bezeichnet, 
bildet den östlichen Teil des Pilgerortes Tabgha
Die Kapelle markiert den von der Tradition angenommenen Ort,
an dem Jesus am See nach seiner Auferstehung erschienen ist
und mit seinen Jüngern das Mahl gehalten hat

die benachbarte Brotvermehrungskirche soll der Ort sein, wo nach dem Matthäusevangelium
die wundersame Brot- und Fischvermehrung bei der Speisung der Fünftausend stattfand



im Innenhof des Atriums
ruhen sich die Pilger aus



Innenansicht der Brotvermehrungskirche.
Doch was gibt es dort vorne zu sehen?


als der Blumenwanderer nach vorne geht, sieht er es:
der Stein unter dem Altar wird als die Stelle verehrt,
auf der Jesus vor der Brotvermehrung die Brote und Fische abgelegt hat.
Direkt davor das berühmte Mosaik aus dem 5. Jahrhundert
mit Brot und zwei Fischen.



von besonderer künstlerischer Qualität sind die
Darstellungen von Wasservögeln und Sumpfpflanzen
in den Seitenschiffen und im Querschiff

Die gesamte Anlage der Brotvermehrungskirche war ursprünglich mit Mosaiken ausgelegt. Diese Mosaiken aus dem zweiten byzantinischen Bau sind erhalten geblieben






Weiterfahrt mit dem Car und harter Schnitt:
gleich hinter der Raststätte gammelten abgeschossene und
streng riechende Panzer vor sich hin. "Denkmal" heisst das hier.

der Blumenwanderer verzichtete indes aufs Salatbüffet
und "ass" stattdessen Blumen gleich hinter den Panzern
an einer Strasse fand sich eine phänomenale Blumenwiese


darin auch das sensationelle Echium glomeratum.
Wie könnte man das verdeutschen: Knäuel-Natterkopf?
Gefällt mir nicht. "Gäliläa-Kandelaber" wäre besser!
ich konnte mich kaum fassen vor der
Schönheit dieser Pflanze
hier eine vergrösserter Ausschnitt aus der letzten Aufnahme,
die die langen Staubblätter dieser Art zeigt und die zartrosa Corolla
und die lanzettförmigen Brakteen und und und ....


sie zog nicht nur mich an

die Einzelblüten befinden sich botanisch gesprochen
in geknaulten Aehrchen

Purpurklee und jüdischer Natterkopf

Anthemis spec.




die Saat-Wucherblumen (Glebionis segetum)
wuchern hier tatsächlich vor sich hin

Mariendistel (Silybum marianum)



von solchen Wiesen wüschte man sich
auch in der Schweiz mehr








Stechendes Sternauge (Pallenis spinosa)





Schaumklee (Trifolium spumosum)

die mannshohen phänomenalen Blütenstände
des Riesenfenchels (Ferula communis cf.)




wir sahen Wiesen, die blau waren vor lauter
Natterkopf (Echium judaeum)

Palästina-Spargelerbse (Tetragonolobus palaestinus)





Weiterfahrt nach Kapernaum, wo unter ausladenden Bäumen
die Pilger Schatten suchten. Nun ja, Ende April
und fast dreissig Grad!



im Eingangsbereich zur Ausgrabungsstätte
eine phänomenale Agave mit einem Balken von Blütenstängel, wie ich das noch nie sah.
(Agave americana cf.)


eine Synagoge aus dem 3. oder 4. Jahrhundert.
In ihrem Vorgängerbau könnte Jesus gepredigt haben.

"näi sonen Chääs, itz lauft dä mir äifach dri":
solche (oder ähnliche) Sätze hörte man öfters an der
von Touris vielbesuchten Stätte

das Ausgrabungsgelände mit der Petruskirche im Hintergrund

sie befindet sich über dem mutmasslichen Haus des Petrus,
wo Jesus zeitweise gewohnt hat