de herbschtelet's süüferli zäntume". Verständlicher ausgedrückt: jeweils im Herbst wird der Blumenwanderer zum Baumwanderer! Etwas wehmütig ist ihm dabei schon ums Herz, wenn er die letzten Blumen sieht, aber reich entschädigt wird er durch die bemerkenswerten Bäume, die er dann aufsucht. Nachdenklich machen sie ihn, wie sie sich so gewaltig über Jahrhunderte hinweg aus einem kleinen Samen zu wahren Giganten entwickelten. Wer oder was sagte ihnen, wie und wo sie so wachsen sollten, gerade so wie sie sind?
Bäume sind wie andere Pflanzen keine tumben Wachstumsroboter und haben durchaus ihren individuellen Charakter. Wer sich mit ihnen beschäftigt, wird sich bald bewusst, dass sie anpassungsfähig sind und intelligent auf äussere Faktoren reagieren können. Stehen z.B. mehrere Bäume derselben Art beieinander, kann es durchaus sein, dass sich jetzt einer davon entscheidet, die Blätter schon zu verfärben und sie bald abzuwerfen, während sein "wagemutigerer" Genosse mit exakt denselben Umweltbedingungen noch lange grün bleibt und die Herbstwärme ausnützen will, allerdings auf die Gefahr hin, dass er bei vorzeitigem Kälteeinbruch Frostschäden erleidet.
Auf jeden Fall lebt diese Kategorie von Lebewesen in einer Dimension, die wir nicht wirklich verstehen können. Sie sehen, riechen, fühlen und kommunizieren wie wir es nicht tun. Dem Baumwanderer bleibt das Staunen über diese Geschöpfe, von denen er kürzlich wieder einige bemerkenswerte aufgesucht hat auf einer Rundfahrt durch den Berner Jura.
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| ein Zwischenhalt in Tramelan... |
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| konfrontiert den Baumwanderer mit einer unserer kleinsten Baumarten: es ist die Zwerg-Birke (Betula nana) |
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| in der arktischen Tundra reicht ihr Verbreitungsgebiet bis etwa an den 80. Breitengrad heran. Interessanterweise kommt sie auch in der Schweiz vor, ist aber sehr selten anzutreffen. Sie ist ein Relikt der Eiszeit. |
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| die Blättlein dieses auch Polar-Birke genannten Gehölzes sind kleiner als ein Fingernagel |
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| hier wächst auch die Rosmarin-Heide (Andromeda polifolia) |
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| und hier sind auch drei unserer Vakzinien (Beerensträuchlein) zuhause: Gemeine Moosbeere (Vaccinium oxycoccos) |
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| Rauschbeere (Vaccinium uliginosum) |
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| Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) |
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| angekommen am Etang de la Gruère bewundere ich eine grosse Population des Teichenzians (Nymphoides peltata) |
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| Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia) |
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| Kaisermantel auf Grauem Alpendost (Adenostyles alliariae) |
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| Bach-Kratzdistel (Cirsium rivulare)... |
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| im Schweizer Amazonas-Gebiet. |
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| ganz einfach so lassen kann's der Blumenwanderer dann doch nicht, und nimmt gerne die letzten Blumengrüsse der Saison entgegen: Kleiner Sumpf-Hahnenfuss (Ranunculus flammula) |
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| das Sumpf-Blutauge (Comarum palustre) ist am Abblühen |
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| Teufelsabbiss (Succisa pratensis) |
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| nun aber wird's ernst mit diesen beiden Berg-Ahornen (Acer pseudoplatanus) |
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| zum Grössenvergleich stelle ich hier und im Folgenden jeweils meinen Rucksack neben die Giganten |
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| denn unvermittelt bin ich in Audienz bei Seiner Majestät, dem Erable vénérable de La Ferrière! Sprachlos und ehrfürchtig umrunde ich den Giganten, der 9 Meter Stammumfang aufweist. |
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| man nimmt an, dass er der Grösste seiner Art in der Schweiz ist |
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| in seinem Innern hat er eine Höhlung, worin mehrere Personen Platz haben. Nicht dort, aber in seinem Schatten nehme ich gerne einen Imbiss |
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| gleich daneben steht sein jüngerer Bruder, sozusagen der Thronanwärter |
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| auch er bedeckt mit einem Kleid aus Moosen und Flechten |
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| weiter geht die Fahrt, doch halte ich an bei dieser schönen Berg-Ahorn-Allee mit Blick hinüber auf Sankt Immer |
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| eine uralte Linde (Tilia platyphyllos) bei Le Pâqier steht als nächstes auf dem Programm. Sie ist ungefähr 200 Jahre alt (Michel Brunner schätzt sie gar auf 400 Jahre), und dennoch ist sie noch voll im Saft und braucht keinerlei Stützen für ihre schweren Äste. |
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| ich geniesse die kostbaren Momente unter meiner Lieblingsbaumart |
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| gerne setze ich mich eine Weile am Fuss ihres knorrigen Stamms hin mit den grossen Knollen, die vom früheren Viehverbiss her stammen dürften |
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| einige ihrer Äste berühren den Boden, stützen sich aber nicht ab. Diese Linde hatte die Gelegenheit, sich frei zu entwickeln und wurde nie gestutzt: ein Urbild eine gesunden Baumes! |
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| der Baumwanderer trennt sich von der Linde und erkundet etwas die Umgebung. Auf der angrenzenden Juraweide findet man auch sonst eindrückliche Bäume, die wohl meist über 100 Jahre alt sind. |
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| so beispielsweise diese Feld-Ahorne (Acer campestre) von einer Mächtigkeit, |
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| wie ich das bislang noch nicht gesehen habe. |
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| ihr Geäst ist über und über mit Flechten überzogen |
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| auch auf eine Esche (Fraxinus excelsior) treffe ich, wie man sie sehr selten sieht |
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| ist das vielleicht die Weltenesche Yggdrasil der nordischen Mythologie? Auf jeden Fall strömt sie eine ungewöhnliche Lebenskraft aus. |
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| auch aussergewöhnliche Rot-Buchen (Fagus sylvatica) wie diese sieht man |
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| unversehens befinde ich mich in einer phantastischen Allee |
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| Linden und Bergahorne bilden ihre Reihen |
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| das Urteil ist bald gefällt: |
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| eine schönere Allee gibt es wohl nicht |
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| mit einem Sprung über die Weidemauer befinde ich ich wieder auf der Weide und staune über diese mächtige Solitär-Fichte (Picea abies) |
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| aber was ist da passiert? |
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| wie eine frische Wunde klafft da ein abgebrochener Ast |
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| doch die alte Tante wird es überleben, hat sie doch noch genügend Äste |
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| auch Bäume haben ein Ende, aber bis es soweit ist, beeindrucken sie durch ihre enorme Widerstandskraft und Resilienz, wie ich heute wieder an vielen Beispielen sehen konnte |
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| im Abendlicht nehme ich Abschied von der legendären Linde, die hoffentlich noch lange leben wird. Lange vor mir war sie da und lange nach mir mag sie noch da sein! |
