Freitag, 21. Juni 2019

7. Orientalisches Blueschtfährtli und eine Mona Lisa

Soweit ist es also mit dem Blumenwanderer, dass er seine Blueschtfährtli in den Orient verlegt. Leider reiste er nicht mit dem Orientexpress an, sondern ohne Sicht auf Land und Leute mit einer Elal-Maschine weit über die Wolken wie ein Geschoss hinrasend und punktgenau in Tel Aviv landend. Dafür gab es am Ziel umso mehr zu erleben.

Die Carfahrt führte am siebten Tag ins wohlbekannte Nazareth, wo Jesus aufwuchs, und zwar ins Nazareth Village, wo man einen lebendigen Einblick in das Dorfleben zur Zeit Jesu und während der Königszeit erhält. Nach Darstellung der Evangelien lebten in Nazareth Jesu Eltern Maria und Josef. Hier kam der Erzengel Gabriel zu Maria und kündigte ihr die Geburt des künftigen Erlösers an. Da zu dieser Zeit der Zensus des Römischen Reiches stattfand, mussten sich laut Lukas-Evangelium alle Familienoberhäupter in ihren Geburtsort begeben, weshalb Josef mit der hochschwangeren Maria nach Bethlehem zog, wo Jesus geboren wurde. Nach den Evangelien wuchs er aber in Nazareth auf, wohin seine Familie zurückkehrte.

Nur wenige Kilometer ausserhalb von Nazareth finden sich Spuren der Römer. Zippori, wo Anna und Joachim, die Eltern von Maria, gelebt haben sollen, war im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung eine der grössten Städte in Galiläa. Flavius Josephus nannte sie nicht zuletzt wegen ihres Prunks das «Ornament von ganz Galiläa» (totius Galilaeae ornamentum et urbem principem). Davon zeugen auch die Mosaiken und Wandgemälde, die bei Ausgrabungen gefunden wurden.

Den Weg zu seinen Grosseltern nach Zippori dürfte Jesus gut gekannt haben. Manche Forscher vermuten, dass auch Josef und Jesus als Bauhandwerker (τέκτων) beim Aufbau von Sepphoris, wie die Stadt damals hiess, geholfen und dort ihren Unterhalt verdient haben könnten.



Mittwoch, den 1. Mai 2019:

Nazareth/Zippori



die alten Oelbäume, die man in Israel immer
wieder sieht, wurden gewissermassen
zu meinen Freunden



sie standen bei unserem Aufenthalt gerade in Vollblüte!




die reifen Oliven werden wie hier im Nazareth Village
in einer eselgetriebenen Mühle zerkleinert 

ihr Fruchtfleisch wird in flache Säcke gegeben
und unter einem steinbeschwerten Hebelbalken
 ausgepresst. Zuerst hängt man nur einen Stein an,
das ergibt das Salbungsöl, der zweite
das Küchenöl, der dritte das Lampenöl.



Schafhaltung wie zu Jesu Zeiten






aus der Schafwolle spinnt man das Garn, ..

das dann mit Naturfarben gefärbt wird wie vor
2000 Jahren. Den teuren Purpur gewinnt man
z.B. aus dem Sekret der Purpurschnecken

wir besuchten auch eine nachgebaute Synagoge,
wie sie zur Zeit Jesu ausgesehen haben könnte.


auch auf dem Gelände des Nazareth Village blühte es:
Filz-Klee (Trifolium tomentosum).
Israel ist ein Klee-Paradies mit fünfzig Klee-Arten!
Zu Recht kann der Klee-Liebhaber mit Etta James
singen: "My heart was wrapped up in clover"


der bildschöne Taube Hafer (Avena sterilis)
fruchtet schon





sicher hat auch Jesus die überall präsenten
Stockrosen (Alcea setosa) gesehen

doch sind es entgegen dem deutschen Namen
keine Rosen, sondern Malven

Nickender Sauerklee (Oxalis pes-caprae) aus Südafrika.
Die Vermehrung der im Mittelmeerraum vorkommenden Populationen erfolgt ausschließlich über Brutknöllchen, die am Rhizom sitzen, da von den drei möglichen Blütenformen mit unterschiedlich langen Griffeln bzw. Staubblättern nur eine ins Mittelmeergebiet vorgedrungen ist, und somit eine Bestäubung unmöglich ist.
Daher werden im Mittelmeerraum auch kaum Kapselfrüchte gebildet.

das Niederliegende Glaskraut (Parietaria judaica)
ist ein Nesselgewächs ...
während der Kleinblütige Erdrauch (Fumaria parviflora)
zu den Mohngewächsen zu rechnen ist.

weiter ging die Fahrt durch Nazareth nach Zippori

Rötlicher Mauerpfeffer (Sedum rubens)


bei zwei Zwischenhalten verzichtete der Blumenwanderer auf
die Besichtigungen und widmete sich währenddessen der Besichtigung
der vegetabilen Sehenswürdigkeiten, z.B. hier des sehenswerten
 Federborstengrases (Pennisetum orientale) im Bestand




zu den schönsten Blumen, die wir überall
in Nordisrael in Vollblüte sahen, ...


gehörten sicher die wilden Stockrosen
(Alcea setosa)

eine rosa Schwarzwurzel-Art: Scorzonera papposa


ganze Abhänge voller Brutbildender Skabiosen (Lomelosia prolifera)




diese Art gehört nicht, wie man meinen könnte,
zu den Korbblütlern, sondern ist ein Geissblattgewächs

sie bildet interessante Fruchtstände,
die ihrerseits wie Blumen aussehen

der Blumenwanderer ist ein grosser Bewunderer der Steckenkräuter
wie überhaupt der Doldenblütler. Die 150 bis 185 Ferula-Arten sind 
hauptsächlich im Mittelmeerraum von Nordafrika bis Südwest- und 
in Zentralasien verbreitet. Sie bilden sensationelle Blütenstände aus,
die meist mannshoch oder noch höher (bis zu 4 Metern) werden.

hier der Tanger-Riesenfenchel 
(Ferula tingitana cf. ) gerade am Aufblühen!


zuerst dachte ich hier an eine besondere Art der Flockenblumen,
doch ist es tatsächlich eine Art der Süssgräser:
Zweizölliger Walch (Aegilops biuncialis cf.)
solch schlechte Bilder entstanden halt im Vorübergehen
am Strassenrand: Hasenkümmel (Lagoecia cuminoides)




eine von 13 Reseda-Arten, die man in Israel antreffen kann:
Fuchsschwanz-Resede (Reseda alopecuros)



Aufnahme eines durch die Gegend stolpernden Blumenwanderers
vom Kretischen Mannstreu (Eryngium creticum)
Aufnahme derselben Art von einem Könner
(Quelle: Flora of Israel, Ilan Zaharoni)

in Zippori angekommen fanden wir
eine grandiose Blumenfülle wie hier
mit dem Brandkraut (Phlomis viscosa)


manchmal kam auch ein gutes Knipsbild zustande:
zwischen den Brandkräutern wuchs reichlich
die Graubehaarte Zistrose (Cistus creticus)





Rast unter einem Oelbaum, der sicher
zwanzigmal so alt ist wie ich


als ich mich umschaute, sah ich diese wunderschönen
Glockenblumen (Campanula sidoniensis)







auch der Pfriemenginster (Spartium junceum) ...


hatte es in sich.


Biene im Anflug auf eine Zistrose


zwei spannende Doldenblütler:
links der mannshohe Gefleckte Schierling (Conium maculatum),
oben der Frühlings-Vernuskamm (Scandix verna cf.)



Blick über Land mit der jüdischen Siedlung Hoshaya...

im Hintergrund und Wucherblumen und Schierling vorne.

auch bei uns anzutreffen:
das Behaarte Bruchkraut (Herniaria hirsuta)
in der Schweiz jedoch nur an ganz warmen Lagen überlebensfähig:
der Granatapfel (Punica granatum). In Israel kann man
Granatapfelsaft bestellen wie bei uns einen Orangensaft.



ich erholte mich kaum von der Fülle und musste schon
wieder rasten, doch es sollte noch besser kommen

wie bei uns so auch in Israel sind Feigenkakteen Neubürger









in einem Bereich mit Saat-Weizen (Triticum aestivum) ... 

fand ich auch die einzige Orchideen-Art,
der ich in Israel begegnete:
das Heilige Knabenkraut (Orchis sancta)



die meisten Orchideen-Arten blühen in Israel
sehr früh im Februar und März

Orchis sancta bildet die Ausnahme von der Regel


eine von 23 Salbei-Arten in Israel und von etwa 900 Arten weltweit:
Salvia eigii, die benannt ist nach Alexander Eig (1894-1938).
Er war einer der ersten Pflanzenforscher in Israel und
Mitbegründer des Botanischen Gartens auf dem Skopus-Berg in Jerusalem.

Alkanna heisst eine im Mittelmeergebiet verbreitete Gattung der Raublattgewächse.
Hier die schöne Alkanna galilaea, die ein seltener Endemit in Nordisrael ist!


ein weiteres Raublattgewächs, das eine Augenweide war

es handelt sich um die Riesen-Lotwurz (Onosma gigantea)


im Gegensatz zu den vorigen Arten immer wieder angetroffen:
der Judäische Natterkopf (Echium judaeum)

die Botanik hatte nun - mit gutem Grund - in diesem Beitrag eindeutig die Oberhand.
Zum Ausgleich hier einige Aufnahmen von den Mosaiken aus Zippori, dem antiken Sepphoris.
Zippori war ein Zentrum der Bibelakademien. Richter und Rabbiner verfassten hier
 wichtige Werke, wie z.B. die Mischna, eine Sammlung religionsgesetzlicher Ueberlieferungen.





zuerst besuchten wir das sog. Nil-Haus, das sich östlich des
Cardo (N-S Hauptachse in antiken Städten) befindet.
Seine Böden sind bedeckt mit aufwändigen und hochwertigen
Mosaiken, hier zwei jagende Amazonen ....
und da ein Jägersmann.


mit grosser Kunstfertigkeit gelegtes geometrisches Ornament.
 Versucht man den Schlangenlinien akkurat zu folgen,
wird einem fast schwindlig.

die künstlerisch hochstehenden Jagdszenen
des Nil-Mosaiks aus dem 5.Jahrhundert


im Speisesaal des Dionysos-Hauses aus dem dritten Jahrhundert
wurde dieses Mosaik gefunden, das das Leben des Dionysos
zeigt, des griechischen Weingottes. Dargestellt sind auch
Szenen von Feierlichkeiten zu seinen Ehren.

ein Medaillon mit einer schönen Frauenbüste und einem Cupido daneben
könnte die römische Liebesgöttin Venus darstellen.
Sie wird "Mona Lisa von Galiläa" genannt, unter anderem,
weil sie einen stets geheimnisvoll anschaut,
ganz gleich von welcher Seite aus man sie auch betrachtet.

ein Blick aus dem Fenster
vor der verdienten Nachtruhe in Maagan





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen