Samstag, 29. April 2023

in der Schweizer Steppe

Beim Wort Steppe denken die meisten sicher an weite, von Tierherden bevölkerte Graslandschaften irgendwo im fernen Amerika oder in der Mongolei. Dass es diese Landschaften auch in Europa gibt, werden die wenigsten vermuten. Tatsächlich aber gibt es sie – wenn auch auf wenige Reservate beschränkt. Sie dienen als letzte Refugien der ursprünglichen Tier- und Pflanzenwelt, die von der Landwirtschaft großflächig verdrängt worden ist. Neben Vorkommen in Ost- und Südosteuropa existieren Vorposten dieser Steppenvegetation auch in Mitteleuropa, z. B. im Wallis. 

Eine dieser Arten, die hier einen Vorposten besiedelt und ihre Hauptverbreitung in den fernen Steppengebieten hat, ist die Steppen-Segge. Um sie zu finden, muss man aber auf die Knie gehen und genau hinschauen, denn die Art wird nur gut 10 cm groß. Ganz anders der hier auch vorkommende gelb leuchtende Frühlings-Adonis und der Samtige Haller-Spitzkiel mit seinen zartlila Blüten. Beide sind Zeugen einer längst vergangenen Zeit, die nach der letzten großen Eiszeit vor rund 10.000 Jahren aus den Steppen Osteuropas und Asiens nach Mitteleuropa einwanderten. 

Heute ist diese wärmeliebende Steppenvegetation, die sich auf karge Böden spezialisiert hat, weitestgehend verschwunden. Nur kleine Reste konnten sich bei uns halten – in einem Lebensraum, der seinerseits eine Rarität ist, so auch weiter oben im Tal, wo der Blumenwanderer eine weitere Steppen-Pflanze aufsuchte, den Grasblättrigen Hahnenfuss, auch er stark stark gefährdet in einer Landschaft, in der auch noch das letzte Fleckchen Erde von der Landwirtschaft oder sonstwie vom Menschen beansprucht wird.


der Frühlings-Adonis (Adonis vernalis)
 mit seinen leuchtend gelben Blüten
 gehört zu den markantesten Arten
 der Steppenvegetation



mich fasziniert hier stets der Kontrast 
zwischen einem jahrtausendealten Habitat
und der stark genutzten Talebene





das Hahnenfussgewächs hat einen besonderen Trick
auf Lager, um genügend Wärme zu tanken:
die Blütenstände passen sich dem Sonnenstand an
und drehen sich wie Parabol-Spiegelchen



es grenzt an ein Wunder, dass diese extreme Rarität
hier in so grosser Anzahl vorkommt


der zierliche Adonis bildet ein unglaubliches Wurzelwerk aus,
damit er tief noch Wasser holen kann
(Quelle: Wurzelatlas der Universität Wageningen)


erste Orchideenarten getrauen sich hervor:
Kleines Knabenkraut (Orchis morio)

hier ist auch das Habitat
der Österreicher Schwarzwurzel
(Scorzonera austriaca)





nicht fehlen darf um diese Jahreszeit die
Holunder-Fingerwurz (Dac. sambucina)...
in ihren zwei Farbvarianten.


der dicht behaarte Samtige Haller-Spitzkiel
(Oxytropis halleri ssp. velutina)


das leicht zu übersehende
Schildschötchen (Clypeola jonthlaspi)


hier die gesuchte Steppen-Segge
(Carex supina), nicht zu verwechseln
mit der Niedrigen Segge (Carex humilis)
sie ist verschiedenährig, d.h. sie weist
männliche und weibliche Blütenähren
an einem Halm auf


etwas zerzaust, aber noch blühend ist
dieser Steppen-Bewohner:
die Berg-Anemone (Pulsatilla montana)


ein etwas warmes Plätzli hat sich das
Quendelblättrige Sandkraut (Arenaria serpyllifolia)
ausgesucht


Möhren-Haftdolde (Caucalis platycarpos)


Gelber Günsel (Ajuga chamaepitys)



der Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis)
ist im Wallis noch häufig




zwei Hochgewachsene: Ästiger
Schachtelhalm (Equisetum ramosissimum)
und die Acker-Schmalwand
(Arabidopsis thaliana).


und zwei gelbe "Schötchen":
das Brillenschötchen (Biscutella laevigata)
und das Blasenschötchen
(Alyssoides utriculata).



auch das Brillenschötchen bildet
ein beeindruckendes Wurzelwerk aus
(Quelle: Wurzelatlas der Universität Wageningen)



irgendwie empfinde ich die Schlaffe Rauke (Sisymbrium irio)
als sehr elegante Art


hier sind bereits ihre Schoten zu sehen
ihre Blätter sind fiederteilig mit unregelmässig
gezähnten Seitenabschnitten und einem grösserem,
dreieckigem Endabschnitt


Zierspark (Telephium imperati)


Krummhals (Anchusa arvensis)


was wächst da für ein merkwürdiges hellgrünes Gras auf dieser Trittflur?




es ist unverkennbar das Hartgras (Sclerochloa dura)
und hart muss es auch sein,
um hier überleben zu können




der hier ist leider weniger hart im Nehmen
und daher in der Schweiz vom Aussterben bedroht


es ist der Grasblättriges Hahnenfuss (Ranunculus gramineus), der auch ein Steppen-Bewohner ist, doch die wenigen Walliser Fundorte sind voneinander isoliert und ihr Habitat ist gestört 




es ist schon ein Erfolg, dass es solche Habitate 
im dichtbesiedelten Wallis noch gibt




hier auch das Kleine Knabenkraut (Orchis morio),
das im Wallis noch häufiger zu sehen ist



hart unterhalb davon beginnt der Siedlungsbereich


Färber-Waid (Isatis tinctoria)
Schopfige Traubenhyazinthe 
(Muscari comosum)


eher überraschend findet sich in der Nähe
auch ein Vorkommen des
Gelben Mönchskrauts (Nonea lutea)
es gilt in der Schweiz als Neophyt




der Schluss gehört aber dem Steppen-Highlight!











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