Beim Wort Steppe denken die meisten sicher an weite, von Tierherden bevölkerte Graslandschaften irgendwo im fernen Amerika oder in der Mongolei. Dass es diese Landschaften auch in Europa gibt, werden die wenigsten vermuten. Tatsächlich aber gibt es sie – wenn auch auf wenige Reservate beschränkt. Sie dienen als letzte Refugien der ursprünglichen Tier- und Pflanzenwelt, die von der Landwirtschaft großflächig verdrängt worden ist. Neben Vorkommen in Ost- und Südosteuropa existieren Vorposten dieser Steppenvegetation auch in Mitteleuropa, z. B. im Wallis.
Eine dieser Arten, die hier einen Vorposten besiedelt und ihre Hauptverbreitung in den fernen Steppengebieten hat, ist die Steppen-Segge. Um sie zu finden, muss man aber auf die Knie gehen und genau hinschauen, denn die Art wird nur gut 10 cm groß. Ganz anders der hier auch vorkommende gelb leuchtende Frühlings-Adonis und der Samtige Haller-Spitzkiel mit seinen zartlila Blüten. Beide sind Zeugen einer längst vergangenen Zeit, die nach der letzten großen Eiszeit vor rund 10.000 Jahren aus den Steppen Osteuropas und Asiens nach Mitteleuropa einwanderten.
Heute ist diese wärmeliebende Steppenvegetation, die sich auf karge Böden spezialisiert hat, weitestgehend verschwunden. Nur kleine Reste konnten sich bei uns halten – in einem Lebensraum, der seinerseits eine Rarität ist, so auch weiter oben im Tal, wo der Blumenwanderer eine weitere Steppen-Pflanze aufsuchte, den Grasblättrigen Hahnenfuss, auch er stark stark gefährdet in einer Landschaft, in der auch noch das letzte Fleckchen Erde von der Landwirtschaft oder sonstwie vom Menschen beansprucht wird.
der Frühlings-Adonis (Adonis vernalis) mit seinen leuchtend gelben Blüten gehört zu den markantesten Arten der Steppenvegetation |
mich fasziniert hier stets der Kontrast zwischen einem jahrtausendealten Habitat und der stark genutzten Talebene |
das Hahnenfussgewächs hat einen besonderen Trick auf Lager, um genügend Wärme zu tanken: die Blütenstände passen sich dem Sonnenstand an und drehen sich wie Parabol-Spiegelchen |
es grenzt an ein Wunder, dass diese extreme Rarität hier in so grosser Anzahl vorkommt |
der zierliche Adonis bildet ein unglaubliches Wurzelwerk aus, damit er tief noch Wasser holen kann (Quelle: Wurzelatlas der Universität Wageningen) |
erste Orchideenarten getrauen sich hervor: Kleines Knabenkraut (Orchis morio) |
hier ist auch das Habitat der Österreicher Schwarzwurzel (Scorzonera austriaca) |
nicht fehlen darf um diese Jahreszeit die Holunder-Fingerwurz (Dac. sambucina)... |
in ihren zwei Farbvarianten. |
der dicht behaarte Samtige Haller-Spitzkiel (Oxytropis halleri ssp. velutina) |
das leicht zu übersehende Schildschötchen (Clypeola jonthlaspi) |
hier die gesuchte Steppen-Segge (Carex supina), nicht zu verwechseln mit der Niedrigen Segge (Carex humilis) |
sie ist verschiedenährig, d.h. sie weist männliche und weibliche Blütenähren an einem Halm auf |
etwas zerzaust, aber noch blühend ist dieser Steppen-Bewohner: die Berg-Anemone (Pulsatilla montana) |
ein etwas warmes Plätzli hat sich das Quendelblättrige Sandkraut (Arenaria serpyllifolia) ausgesucht |
Möhren-Haftdolde (Caucalis platycarpos) |
Gelber Günsel (Ajuga chamaepitys) |
der Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis) ist im Wallis noch häufig |
zwei Hochgewachsene: Ästiger Schachtelhalm (Equisetum ramosissimum) |
und die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). |
und zwei gelbe "Schötchen": das Brillenschötchen (Biscutella laevigata) |
und das Blasenschötchen (Alyssoides utriculata). |
auch das Brillenschötchen bildet ein beeindruckendes Wurzelwerk aus (Quelle: Wurzelatlas der Universität Wageningen) |
irgendwie empfinde ich die Schlaffe Rauke (Sisymbrium irio) als sehr elegante Art |
hier sind bereits ihre Schoten zu sehen |
ihre Blätter sind fiederteilig mit unregelmässig gezähnten Seitenabschnitten und einem grösserem, dreieckigem Endabschnitt |
Zierspark (Telephium imperati) |
Krummhals (Anchusa arvensis) |
was wächst da für ein merkwürdiges hellgrünes Gras auf dieser Trittflur? |
es ist unverkennbar das Hartgras (Sclerochloa dura) und hart muss es auch sein, um hier überleben zu können |
der hier ist leider weniger hart im Nehmen und daher in der Schweiz vom Aussterben bedroht |
es ist der Grasblättriges Hahnenfuss (Ranunculus gramineus), der auch ein Steppen-Bewohner ist, doch die wenigen Walliser Fundorte sind voneinander isoliert und ihr Habitat ist gestört |
es ist schon ein Erfolg, dass es solche Habitate im dichtbesiedelten Wallis noch gibt |
hier auch das Kleine Knabenkraut (Orchis morio), das im Wallis noch häufiger zu sehen ist |
hart unterhalb davon beginnt der Siedlungsbereich |
Färber-Waid (Isatis tinctoria) |
Schopfige Traubenhyazinthe (Muscari comosum) |
eher überraschend findet sich in der Nähe auch ein Vorkommen des Gelben Mönchskrauts (Nonea lutea) |
es gilt in der Schweiz als Neophyt |
der Schluss gehört aber dem Steppen-Highlight! |
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