Donnerstag, 13. April 2023

Oschterfährtli


Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.

Ein Ausflug über Ostern gehört für den Blumenwanderer zum Frühlingsglück. Und naturlieb wie er ist, muss es partout eine Fahrt ins Grüne sein, und zwar an einen Ort, wo alles ein bisschen bunter blüht. Also auf ins Welschland an den Jura-Südfuss, wo der Frühling früher kommt und somit seinem Namen gerecht wird. Die liebliche submediterrane Landschaft mit den alten Winzerdörfern begeistert den Blumenwanderer, während im Hintergrund noch der letzte Schnee liegt, der sich in die rauhen Juraberge zurückgezogen hat.

Dafür, dass es (im Gegensatz zu Goethes Gedicht) dort nicht "an Blumen im Revier fehlt", möchten folgende Aufnahmen Zeugnis ablegen. Die ersten acht davon entstanden bei einem Zwischenhalt im Freiburgischen. Sie lassen erahnen, wie reich das Mittelland floristisch gesehen einst war.


schon am Bahnhof zwischen den Geleisen gesehen:
Hügel-Vergissmeinnicht (Myosotis ramosissima)

die Aufnahmen zeigen, dass der Blumenwanderer es mit
den Kleinen hält: Kelch-Steinkraut (Alyssum alyssoides)


Graukresse (Berteroa incana)


Krummhals (Anchusa arvensis)




Finger-Ehrenpreis (Veronica triphyllos)
zwischen dem Steinkraut ist hier
eine weitere Rarität zu sehen:
der Frühe Ehrenpreis (Veronica praecox)


hier erblüht auch eine erste Orchideenart:
das Kleine Knabenkraut (Orchis morio)


der Genfer Günsel (Ajuga genevensis)
öffnet hier grad seine allerersten Lippenblütlein




soviel Reiherschnabel (Erodium cicutarium) ward noch nicht gesehen


weiter geht's: auf der Vorbeifahrt glänzt diese hervorragend erhaltene Burg
 in Form eines «carré savoyard» mit vier runden Ecktürmen. 


erstaunlich, soviel Löwenzahn in einem Rebberg am Strassenrand!




doch halt, da stimmt etwas nicht,
denn das ist ja nicht Löwenzahn,
sondern Hasensalat (Crepis sancta)!


so grosse Pollenhöschen
wie bei dieser Biene sehe ich selten

hier bedeckt diese ostmediterrane Art zur Freude
aller Hasen einen ganzen Rebberg mit ihrem satten Gelb



die ursprünglich mediterrane Pfeilkresse
(Cardaria draba) breitet sich auch hier aus


auch ein ganz gewöhnliches Hornkraut (Cerastium fontanum)
kann so reizvoll sein, wenn es wie hier
als Mauerblümchen wächst




stupenderweise wächst hier
der Nüsslisalat (Valerianella locusta) wie 
eine schöne Polsterpflanze aus einer Mauer


einen schönen Anblick bildet
am Fusse eines Weinstocks auch
der Gundermann (Glechoma hederacea)


an diesem lauschigen Bächlein blühen
gleich zwei südliche Arten:
links die Knotige Wallwurz (Symphytum tuberosum)
und oben das Balkan-Windröschen (Anemone blanda)



man wähnt sich wie im Mittelmeergebiet.
Viele dieser Arten lassen sich als "Flüchtlinge" aus einem
ehemaligen botanischen Garten in der Nähe interpretieren.




an mehreren Stellen findet sich hier auch
der aus dem Kaukasus stammende
Wunder-Lauch (Allium paradoxum)




fast übersehen inmitten des Wunder-Lauchs:
das Moschusblümchen (Adoxa moschatellina)

Blütenstand mit Hochblatt, gestielter Blüte
und jungen Brutzwiebeln beim Wunder-Lauch






Blühaspekt des Muschelblümchens (Isopyrum thalictroides) im schattigen Unterholz





diese Art gefällt mir wegen ihrer zarten Erscheinung
ganz besonders, doch leider trifft man sie nur allzu selten an





zweierlei Arten von Lerchensporn:
oben der Gelbe Lerchensporn (Corydalis lutea) und
unten der Blassgelbe Lerchensporn (Corydalis alba).



der Nickende Milchstern (Ornithogalum nutans) wurde
in der Barockzeit gerne als Zierde für herrschaftliche
Gärten angepflanzt; heute gilt er als gefährdet.

der Austrieb der grössten mir bekannten
Zelkove (Zelkova carpinifolia) hat soeben begonnen.
Zu erkennen sind auch die kleinen, grünlichen und fast sitzenden Blüten,
die völlig unscheinbar vor den Blättern erscheinen. 
(Besten Dank für die Foto an Paul Hürlimann)


hier geht's extravagant zu und her, denn.....

der Neunblättrige Fleischrauch (Sarcocapnos enneaphylla)
ist sonst in Südwesteuropa und Nordafrika beheimatet.
Er wächst dort in Felsenspalten,
normalerweise in Kalksteinfelsen
(Foto oben: Paul Hürlimann)



aussergewöhnlicherweise wächst 
das Kleinblütige Fingerkraut 
(Potentilla micrantha) hier aus einer Mauer

als ob es noch eines Beweises bedürfte, dass ich
mich in einem wärmebegünstigten Gebiet befinde,
taucht hier auch noch
der Italienische Aronstab (Arum italicum) auf!




edel den Kopf neigend
begrüsst mich diese aparte Lady
aus einer Ritze wachsend der allgegenwärtige
Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites)


im Abendlicht nehme ich Abschied
von einer Gegend, in der die Gebäude
den Charme der Vergangenheit bewahrt haben,
und wo die Pflanzen noch ungestörter wachsen dürfen

















2 Kommentare:

  1. Auch wieder ein schöner Beitrag. Jurasüdfuss mit einem gehörigen Schuss Exotik...Glaubst du, dass das dortige Vorkommen des Muschelblümchens natürlich ist oder auch aus diesem ehemaligen bot. Garten stammt?

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    1. Hoi Patrick, ich gehe davon aus, dass alle Vorkommen von Isopyrum in der Schweiz ausser eines einzigen im Kanton Genf nicht autochthon sind.

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