Mittwoch, 29. Juli 2015

das Oberrothorn

In der Einleitung zu Christoph Käsermanns Buch "Die Pflanzenwelt von Zermatt" steht, dass die Flora von Zermatt in ihrer Reichhaltigkeit eine Einmaligkeit im gesamten Alpenraum darstelle: "Aufgrund der speziellen topographischen und geologischen Verhältnisse bietet Zermatt zahlreichen sehr seltenen Arten einen Lebensraum, wovon einige ausschliesslich im Raume Zermatt vorkommen. Die hohe Artenzahl auf kleinstem Raum verblüfft und zieht Botanikliebhaber aus aller Welt in ihren Bann."

Sogar die ersten "Touristen", die Ende des 18. Jahrhunderts nach Zermatt fanden, sollen Botaniker gewesen sein, die mit ihren Botanisierbüchsen und seltsamen Aufmachung allerdings von der lokalen Bevölkerung für Spione und Diebe gehalten wurden!

Dieses Schicksal blieb dem Blumenwanderer glücklicherweise erspart, als er mit einem Freund zusammen das Oberrothorn (3414 m ü. M.) bestieg. Dieser komplett eisfreie Gipfel bei Zermatt ist einer der höchsten Wanderberge Europas! Dank der Metro Sunnegga und den sich anschliessenden Seilbahnen nach Blauherd und Unterrothorn braucht es keine besonderen bergsteigerischen Fähigkeiten, um es zu "bezwingen".


Zuerst aber noch vier Aufnahmen, die wir vor unserer Exkursion oberhalb von Iseltwald machten:



eine im Berner Oberland äusserst seltene
und schwierig zu findende Orchideenart:
das Einblatt (Malaxis monophyllos)



der Hohe Rittersporn (Delphinium elatum)....




mit seinem runzligen Sporn und
den stahlblauen Blütenblättern...


ist er ein seltenes Hahnenfussgewächs!





Von hier an die Aufnahmen, die während der Wanderung
vom Unter- zum Oberrothorn entstanden sind:


Bewimpertes Sandkraut (Arenaria ciliata)



Immergrünes Felsenblümchen (Draba aidzoides)





Zwerg-Miere (Minuartia sedoides)


Schleichers Enzian (Gentiana schleicheri)


die Frühlings-Miere (Minuartia verna) blüht im Hochsommer!


Kalk-Polsternelke (Silene acaulis)
Wir fanden Hunderte von blühenden Edelweissen (Leontopodium alpinum). Die Blüten sind bei diesem Korbblütler aber nicht die weissen Köpfchen, sondern die vielen gelben Dingerchen in deren Mitte, die jedes einzelne eine Blüte darstellen. Die scheinbaren weissen Blütenblätter sind Hochblätter und dienen der Anlockung von Insekten. Daneben absorbieren sie auch die für die Pflanze schädlichen UV-Strahlen.


während der Wanderung lassen sich über 20 Viertausender beobachten. Das Matterhorn rechts hat einen
zarten Heiligenschein, welcher sich im Verlauf des Tages zu einer imposanten Rauchfahne entwickeln sollte.


Besten Dank Hanspeter!


Unter den beiden Föhnlinsen ist die Dufourspitze zu sehen.
 Der markante Zacken links ist das Adlerhorn, an dessen Südseite 
der hier abgebildete Findelgletscher seinen Ursprung hat.

Wo ist der Blumenwanderer?
Ein fotografierendes Pünktchen in der imposanten Zermatter Bergwelt.

die seltene Gletscher-Edelraute (Artemisia glacialis) gehört
wie der verbreitete Löwenzahn zu den Korbblütlern.




Felsen-Ehrenpreis (Veronica fruticans)








die Zwerg-Augentrost (Euphrasia minima)
blüht weiss, oder wie hier auch gelb

erstmals vom Blumenwanderer erspäht:
die Mont Cenis-Glockenblume (Campanula cenisia).
Sie scheint direkt aus dem Kalkfelsen zu wachsen und ist am
Oberrothorn häufig anzutreffen



der Himmelsherold (Eritrichium nanum) ist prosaischer
ausgedrückt ein alpines Vergissmeinnicht. Im Englischen
heisst er pompös "King of the alps".







Dazwischen die äusserst seltene
Schnee-Edelraute (Artemisia nivalis), eine
Pflanze, die weltweit nur hier vorkommt!
Sie ist einer der sieben Zermatter Endemiten.




auf dem Gipfel noch blühend angetroffen:
der Gegenblättrige Steinbrech (Saxifraga oppositifolia). 
Auf niedrigeren Gipfeln blüht er meist schon im Mai!

diese Steinbrech-Art ist übrigens ein Rekordhalter:
sie gilt als die höchstgelegene Blütenpflanze Europas, da sie auf
dem benachbarten Dom auf über 4500 Meter ü.M. üppig blühend vorgefunden wurde! Dies dürfte weltweit der wohl kälteste Standort für eine Blütenpflanze sein. Im Hintergrund ist die Bergstation Unterrothorn zu sehen, wo die Wanderung begann.



Echte Edelraute (Artemisia umbelliformis)

Aehrige Edelraute (Artemisia genipi)


Kugelblumen-Rapunzel (Phyteuma globulariifolium)


Alpen-Margerite (Leucanthemopsis alpina)

Zwerg-Schafgarbe (Achillea nana)

bereits verblüht: Hallers Anemone (Pulsatilla halleri)
mit langen Haaren

der Schlitzblättrige Löwenzahn (Taraxacum dissectum)
  ist ein seltener Vertreter seiner Gattung 
und wird nur wenige Zentimeter hoch.


das Graue Greiskraut (Senecio incanus)


Kerners Läusekraut (Pedicularis kerneri)











Schnee-Enzian (Gentiana nivalis)

Flachblättriger Steinbrech (Saxifraga muscoides)




diese im Wallis beheimatete Varietät des Langhaarigen 
Habichtskrauts (Hieracium pilosella s.l.) ist auch auf der 
Blattorberseite graufilzig behaart (Sonnenschutz!)

Alpen-Ehrenpreis (Veronica alpina)


Alpen-Mannsschild (Androsace alpina)







2 Kommentare:

  1. Ist die am Höchsten blühende Pflanze am Dom-Südgrat nicht der Zweiblütige Steinbrech, Saxifraga biflora?

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    1. lieber Herr Fässler,

      ich stützte mich bei meiner Aussage auf die Flora Helvetica, wo bei Sax. opp. steht: "höchstes Vorkommen aller Blütenpflanzen der Alpen: 4505 m am Dom".
      Auch Sax. biflora kommt dort vor, aber mit einer Höhenangabe von 4450 m. Es ist also ein Frage von nur wenigen Metern. Hier ein Zitat aus Wikipedia: "In der Schweiz wurden unterhalb des Gipfels des Dom im Wallis üppig blühende Kissen dieser Pflanze (Sax. opp.) auf einer Höhe von 4505 m entdeckt, welche somit die höchstgelegene Blütenpflanze in Europa darstellt, darüber hinaus auch weltweit der vermutlich kälteste Standort, an dem eine Blütenpflanze gefunden wurde." Für die Quellenangabe siehe dort.
      In dieselbe Kategorie gehört übrigens auch Ranunculus glacialis, welcher problemlos auf über 4000 m am Finsteraarhorn blüht!

      Mit herzlichen Grüssen
      K. Hälg.

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