Jede Pflanze trägt ein Geheimnis in sich, und es ist gerade das Geheimnisvolle, das den Blumenwanderer am einjährigen, thermophilen Nacktfarn (Anogramma leptophylla) anzieht. Dies Geheimnis war es, welches vor Jahren sein Interesse an dieser besonderen Art weckte: alles begann mit einem Artikel im "Journal de Fully", worin über einen Ort berichtet wurde, wo im Winter deutlich sichtbar Wasserdampf aus dem Boden tritt. In der Nähe wurde eine Bohrung durchgeführt, um nach Möglichkeiten nur Nutzung unterirdischen Warmwassers zu suchen. Nebenbei wurde erwähnt, dass dort "une fougère rarissime" wachse, eine tropische Farnart, die im Schutz von kleinen Höhlen wachse.
Bald schon machte sich der Blumenwanderer nach Fully auf, stolperte über Stock und Stein, bis er zu guter Letzt vor einer Mini-Grotte stand, die ihre frostempfindlichen Bewohner vor den Unbilden der Witterung schützt. Sogar die Sonne schien ins Stübchen und beleuchtete zarte Farn-Fiederchen, die hellgrün aus dem Dunkel leuchteten. Obgleich es windstill war, zitterten sie leicht in einer Luftströmung, die aus dem Innern der Grotte kam. Ein magisches Erlebnis. Seither ist die Faszination noch grösser geworden. Neue Fundorte kamen ans Licht, neue Fakten auch, das Geheimnis aber blieb.
Der Nacktfarn ist ein sehr zarter und kälteempfindlicher Frühlingsfarn, der nur wenige Zentimeter gross wird und bald auch schon wieder verdorrt. Er wächst jedes Jahr neu aus den Prothallien, die erstaunlicherweise mehrjährig sind. In der Schweiz kommt er nur im Tessin vor und im Wallis an wenigen Fundorten. Dieser Beitrag zeigt einige Streiflichter von Fundorten im Wallis.
mindestens so interessant wie die Pflanze an sich ist auch der Lebensraum, wo sie auftritt: meist sind es wie hier geschützte Stellen in kleinen Grotten |
der Nacktfarn wächst zumeist gesellig auf feiner Erdkrume. Er entstammt dem tropisch-subtropischen Milieu, das heisst, dass er eine gleichbleibend feuchte und warme Umgebung benötigt, um zu überleben |
etwas Petersilienartiges hat er schon |
hier ein Fundort direkt an einem Wanderweg.... |
in mehreren Felsnischen im Oberwallis. |
zu sehen sind hier ebenso die dürren Fiederchen vom Vorjahr |
und da wächst zusätzlich der Nordische Streifenfarn (Asplenium septentrionale), von dem der Nackfarn fast verdeckt wird |
die Hauptfiedern des Nacktfarns werden nur wenige Zentimeter hoch und sind meist dreifach eingeschnitten |
hier wieder eine typische Kleinhöhle, an deren Überwölbung oben rechts viel Nacktfarn aus dem Moos wächst |
Nahansicht |
auch hier profitiert der Nacktfarn vom lokalen Mikroklima |
auf der Rückseite der Fiederchen sind bereits die schwarzen Sori zu sehen: die Sporenreife ist nicht mehr fern! |
im Luftstrom, der aus dem Erdinnern kam, zitterten die Fiederchen leicht trotz Windstille draussen. |
in einer individuenreichen Kolonie findet sich der Nacktfarn auch in den Follatères, z.B. unter diesem Felsblock |
manchmal sind die Standorte ziemlich überwachsen |
dieselbe Stelle nach der Befreiung von Gamander und Gras |
wieder vorher und nachher |
der Nacktfarn leidet stellenweise unter der starken Konkurrenz durch andere Pflanzen |
ein tiefes Loch, wo es sehr schattig ist |
auch hier finden sich Spuren des Nacktfarns, auch wenn es mehr seine Prothallien sind, die man erkennt |
hier wiederum eine kleine Kluft an einer Felskrete |
hier ist das typische nierenförmige erste Blatt dieser Art zu sehen |
und auch der Streifenfarn (Asplenium trichomanes) oben profitiert vom geschützten Standort |
hier öffnet sich ein natürlicher Kamin im Boden. Es ist der aussergewöhnlichste Standort, den ich im Wallis kenne, ... |
denn der Nacktfarn wächst hier offen am oberen Rand des Kamins, d.h. nicht geschützt durch eine Ueberwölbung |
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