Nicht mit Treicheln schellend oder mit Peitschen knallend (wie beim bündnerischen Brauch) hat der Blumenwanderer Anfang März den Winter vertrieben, sondern in stiller Betrachtung all der unscheinbaren Kleinen in der Walliser Felsensteppe.
Das Wallis ist bekannt für seine schweizweit einzigartige Flora. Besonders auf den trockenen, südexponierten Hängen wachsen Arten, die andernorts in der Schweiz kaum vorkommen, zumindest nicht in dieser Zusammensetzung. Sie sind unscheinbar, zugegeben, aber dennoch unserer Bewunderung wert, wie sie allen Widrigkeiten trotzend so früh im Jahr zu Blüte kommen und seit Jahrtausenden überleben, wo sonst nur wenig wächst.
Wie ausgestorben wirkte der Hügel bei Sion, den der Blumenwanderer überquerte, nur ab und an ein Hundebesitzer, der es eilig hatte. Dabei gäbe es auch so früh schon viel zu sehen. Ach, wir leben an den Pflanzen vorbei, sehen gar nicht, was alles da ist. Wir nehmen sie höchstens als Grünzeug wahr, aber dieser Beitrag ruft ein lautes Hoch auf alle Niedrigen: Vivant humiles!
links der noch tief verschneite Grand Chavalard und rechts der dreigipflige Haut de Cry |
noch ist alles graubraun in der Felsensteppe |
nein, nicht ganz alles, denn da und dort leuchten die violetten Glocken der Berg-Anemonen (Pulsatilla montana) aus dem noch dürren Gras |
auch sie zuweilen so klein, dass man sie fast übersieht, ... |
sind sie dennoch eine feine Zierde der Trockenrasengesellschaft! |
doch welch schönes Sträuchlein blüht denn hier? |
von wegen Sträuchlein: es ist die Kleine Felskresse (Hornungia petraea)! |
der Blütenstand dieses Kreuzblütlers ist eine gedrungene Traube, seine Blütenblätter sind winzig |
in der übrigen Schweiz sehr selten geworden, findet sich der Echte Kerbel (Anthriscus cerefolium) hier noch recht häufig |
die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) wächst typischerweise wie hier auf offenen sandigen Böden |
noch ist die Walliser Lotwurz (Onosma pseudoarenaria) völlig unscheinbar |
eine Spezialiät des Gebiets ist weiters der Felsen-Gelbstern (Gagea saxatilis) |
nur ganz zerstreut anzutreffen ist der Frühe Ehrenpreis (Veronica praecox) |
schon häufiger dagegen das Zwerg-Stiefmütterchen (Viola kitaibeliana) |
ganz am Fuss dieser phantastischen Trockenmauer befindet sich die Färberweid (Isatis tinctoria) |
und immer wieder grüsst die Berg-Anemone |
der Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites) ist eine einjährige, bis zu 10 cm hohe Art, deren grundständige Blätter meist eingeschnitten sind und an drei Finger erinnern |
eine Seltenheit ist der Acker-Gelbstern (Gagea villosa) |
und weiter geht's auf dem Botanikerwägli |
doch nicht zu schnell, sonst übersieht man dieses Aschenputtel: Schildschötchen (Clypeola jonthlaspi) |
Blick auf den Mont d'Orge links und auf Valeria und Tourbillon rechts |
das Grauflaumige Fingerkraut (Potentilla pusilla) ist gegenwärtig eine Zierde, doch was sind das für Ruten dazwischen? |
sie gehören zum hier teilweise massenhaft vorkommenden Schweizer Meerträubchen (Ephedra helvetica) |
erst auf einen Wink hin wurde mir die Identität dieses formschönen Dings bewusst, das alles andere als schlaff ist: Schlaffe Rauke (Sisymbrium irio) |
ein weiterer Gelbblüher ist das Kelch-Steinkraut (Alyssum alyssoides) |
in einem nahen Rebberg gesehen: links der Glänzende Ehrenpreis (Veronica polita) und oben die Spurre (Holosteum umbellatum) |
schon leuchtet der nahe Mont d'Orge mit seinen Rebbergen und gelben Guérites im Abendlicht |
Finger-Lerchensporn (Corydalis solida) |
alles andere als ein Blickfang ist indes das hier! Ob man's glaubt oder nicht: hier blüht der Nüsslisalat (Valerianella locusta) |
der Walliser Beifuss (Artemisia vallesiaca) treibt gerade frisch aus |
ebenso wie das Hügel-Vergissmeinnicht (Myosotis ramosissima) |
erst nach Sonnenuntergang nehme ich Abschied von dieser einzigartigen Gegend |
Wieder ein interessanter, mit schönen Bildern untermauerter Beitrag, wie der letzte, über Tessiner Christrosen auch. Vielleicht dürfen wir uns schon bald über den von deiner Vuache-Tour freuen 👍🍀🙏
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