Dienstag, 13. September 2022

im Weiherschlamm

Was die meisten wohl eher hassen, das sucht der Blumenwanderer im Frühherbst: guten Schlamm, diesmal französischen Schlamm. Aber nicht Schweinekuhlen sind sein Ziel oder irgendwelche Drecklöcher, sondern trockenfallende Teiche und ihre Schlickflora, vornehm ausgedrückt: die Zwergbinsenflur oder noch vornehmer: das Nanocyperion, wie dieser Lebensraum heisst.

Nach drei Jahren (siehe der Beitrag vom 9. Oktober 2019) wollte er wieder mal zu den Sundgau-Weihern, war aber wegen der grossen Sommertrockenheit skeptisch, wie es dort aussieht. Bekanntlich werden die Weiher immer schlechter: der Großteil sind nur noch ständig eingestaute, botanisch langweilige Karpfenteiche, andere sind dauerhaft eingetrocknet und überwachsen langsam.

Doch unerwarteterweise entdeckte der geneigte Botaniker doch noch einige Sumpfblüten, wie dieser Beitrag zeigt. Das sei jedoch nicht despektierlich gemeint, sind doch die in der "France avoisinante" z.T. schon fast massenhaft gesehen Arten in der Schweiz grosse Raritäten und kaum noch vorhanden. Anbei einige Streiflichter von diesem  Ausflug in diese spezielle Teichlandschaft.


die diesjährige Trockenheit hat ihre Spuren hinterlassen,
aber besser so, als wenn alles komplett unter Wasser stünde...

denn so findet sich da und dort.....


noch die typische Schlammflora, hier in Gestalt
des Gift-Hahnenfusses (Ranunculus sceleratus).


oder dieses barock anmutenden
Korbblütlers, der in der Schweiz
nur an ganz wenigen Stellen vorkommt...
hier aber massenhaft:
es ist der Strahlende Zweizahn
(Bidens radiata).


Kurzgranniger Fuchsschwanz 
(Alopecurus aequalis)

Sumpf-Ruhrkraut (Gnaphalium uliginosum)
auf einem benachbarten Acker


hier eine weitere Zweizahn-Art,
die indes schon verblüht ist: es ist
der Nickende Zweizahn (Bidens cernua)



Eiköpfige Sumpfbinse (Eleocharis ovata)







allmählich wird es besser und zeigt sich eine schöne Zonierung


etwas abseits findet sich da und dort
die Sumpf-Schafgarbe (Achillea ptarmica)
im feuchten Gras
und hier blüht wieder eine andere Bidens-Art,
der Dreiteilige Zweizahn (Bidens tripartita)


immer wieder trifft man auch auf...


den Vierten im Bunde,
den Vielbelaubten Zweizahn (Bidens frondosa).





der Strand-Ampfer (Rumex maritimus)
beginnt sich schon gelb zu verfärben


diese Teichmuscheln (Anodonta cygnea)... 
leben nicht mehr.


der unscheinbare Blütenstand des
Wolfsfusses (Lycopus europaeus)...



ist aus der Nähe betrachtet
eine fürchterlich stachlige Angelegenheit
(Foto: Paul Hürlimann)






schön, dass es solche Bestände der in der Schweiz ausgestorbenen
Wassernuss (Trapa natans) hier noch gibt!




Claude Monet hätte das nicht schöner malen können:
der von Rotalgen verfärbte Teich mit - nein, nicht Seerosen -
sondern Wassernüssen und einem Saum aus gelbgrünen Böhmischen Seggen!




an wenigen Pflanzen sind die unscheinbaren, weissen
 Blüten dieses Weiderichgewächses zu erkennen
(Foto: Paul Hürlimann)


daraus entwickelt sich unglaublicherweise
eine dunkle hartschalige Frucht,
die sich mit ihren Dornen
im Teichgrund verankern kann



auch im Schlamm verankert ist die
Wasser-Rebendolde (Oenanthe aquatica)




sie leider nirgends blühend, sondern nur in Rosetten angetroffen



in anderen Jahren nur in Einzelexemplaren gefunden:
die Böhmische Segge (Carex bohemica)
ist etwas ganz Besonderes....


vor allem wenn sie wie hier bestandsbildend auftritt.


wächst der Klee neuerdings im Wasser?
bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch das,
was die Blättlein hier aus dem Wasser streckt...


sensationellerweise als Massenbestand eines seltenen Farns heraus:
Kleefarn (Marsilea quadrifolia)


nanu, ist der Kleefarn eine eierlegende Pflanze?
Hebt man die Blättchen an, ...



werden natürlich nicht Eier sichtbar,
sondern seine Sporenkapseln, die am Grunde
der Landblätter auf kleinen Stielchen sitzen.




hier wächst der Kleefarn mit den Wassernüssen zusammen

nicht jedermann kann wie der Blumenwanderer
inmitten eines Reisfeldes das Zvieri nehmen:
Wilder Reis (Leersia oryzoides)


der Kleefarn hat hier etwas zuwenig Wasser
und färbt sich rötlich







ein cooler Fund ergab sich gegen Ende 
des Ausflugs mit dem seltenen Acker-Gipskraut
(Gypsophila muralis) mit seinen dunkel
geaderten rosa Kronblättchen
Foto: Paul Hürlimann


auch es liebt eigentlich eher feuchte Böden, wuchs hier aber  
in so manchen Mini-Exemplaren auf einem Teichdamm!










4 Kommentare:

  1. Herzlichen Dank für diesen spannenden und lehrreichen Einblick in den " Schlamm".. Das Staunen hört wohl während des ganzen Lebens nie auf, mir geht es jedenfalls so wenn ich Sachen lese, sehe, höre die mir unbekannt waren. Und wegen Monet gebe ich dir Recht, es ist wie ein Nymphea Bild , die ich sehr liebe und die ich in Paris lange bestaunen konnte.
    Allen wünsche ich einen farbigen, guten Herbst mit vielen schönen Wanderungen.
    Herzlich,su


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  2. Danke, Susanne, für deine treffenden Worte!

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  3. Patrick Lienert6. März 2023 um 17:54

    Absolut fantastisch! So nahe an der Schweiz und doch so viele bei uns extrem seltene oder ausgestorbene Arten. Incroyable...Kannst du mir einen geographischen Tipp dazu geben?

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    1. Danke, Patrick! Was die Gegend im Sundgau angeht, so war ich grob im Dreieck zw. Faverois, Suarce und Réchésy unterwegs. Man muss die Augen offenhalten, denn jedes Jahr wechselt die Situation und Teiche, die im Vorjahr gefüllt waren, haben auf einmal eine günstige Schlickzone und umgekehrt.....

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