Sonntag, 19. Juni 2022

durch die Gondoschlucht

 Am Rande Insubriens gelegen weist die Gondoschlucht eine für das Wallis aussergewöhnliche Florenzusammensetzung auf. Dank des südalpinen Einflusses wachsen an den steilen, südexponierten Talhängen so schöne und seltene Pflanzen wie z.B. der Strauss-Steinbrech, das Walliser Leimkraut oder der Striemensame.

Ihre Hänge sind derart steil, dass die gefürchtete Gondoschlucht zur Zeit der Säumer nicht durchquert werden konnte. Stattdessen marschierten sie vom Weiler Gabi über den Furggu (Pass) ins Zwischbergental und von dort hinunter nach Gondo.

Heute durchquert man die 5 km lange Schlucht zwischen dem kleinen Gabi und dem "letzten Walliser Dörflein" Gondo bequem auf einer gut ausgebauten Strasse. Das ändert aber nichts am Umstand, dass auch heute noch dieses wilde und imposante Gebiet zu weiten Teilen nicht bewirtschaftet werden kann und deshalb seine Urtümlichkeit und Spezialitäten bewahren konnte. Die folgenden Bilder möchten einen Eindruck davon geben.



auf einer langen Fahrt soll man einen
Zwischenhalt einlegen, hier geschehen
beim Schallberg an der Simplonstrecke

auch hier gibt es attraktive Arten:
Astlose Graslilie (Anthericum liliago)



Blauer Lattich (Lactuca perennis)


Walliser Levkoje (Matthiola valesiaca),
schon fruchtend



in der Gondoschlucht angekommen stelle ich fest,
dass das Steinbrech-Leimkraut (Silene saxifraga)
schon längst verblüht ist. Die südalpine Art
kommt in der Schweiz nur an wenigen Stellen vor.


auch der beeindruckende Strauss-Steinbrech
(Saxifraga cotyledon) ist schon am Abblühen


ganz im Gegensatz zum Gold-Klee
(Trifolium aureum)



zum Glück finde ich gerade noch die letzten Blüten
des Walliser Leimkrauts (Silene vallesia).
 Als westalpiner Endemit geht es östlich
nicht über das Wallis hinaus.


Hirschheil (Seseli libanotis)

Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus)





geheimnisvoll leuchtet die Feuerlilie
(Lilium bulbiferum ssp. croceum)
aus dem Dunkel

beeindruckt hat mich dieser Halbstrauch, der Dorn-Tragant
(Astragalus sempervirens). Er ist die einzige die Alpen
erreichende Art der Gattung mit unpaarig gefiederten
Laubblättern, deren Spindeln verdornen.
Diese Dornen stellen offenbar einen
wirksamen Schutz gegen Tierfrass dar. 


damit ist auch klar, dass er seinen Namen sempervirens 
zu Unrecht trägt, da er nicht immergrün ist:
die bleibenden Blattdornen assimilieren nicht!


"Die nektarreichen Blüten, die von Bienen und Hummeln besucht werden,
zeigen nach Briquet einen Übergang von der Klappvorrichtung zu
der Explosionsvorrichtung, indem der Pollen beim Herunterklappen des Schiffchens
mit kräftigem Ruck aufwärts geschleudert wird, worauf sich das Schiffchen wieder aufrichtet"
(Hegi, IV,3 S. 1438)


Fleischers Weidenröschen (Epilobium fleischeri)


Schopfige Kreuzblume (Polygala comosa)


die typischen Steinhäuser südlichen Typs dieser Gegend...
verfallen leider da und dort.

ein weiterer schöner Vertreter der Tragante blüht am Wegrand:
die Alpenlinse (Astragalus penduliflorus)


in einem Feuchtgebiet fruchtet massenhaft das Wollgras (Eriophorum sp.)


der Star des Tages war dieser Doldenblütler
mit dem längsten botanischen Namen,
den ich kenne: der Striemensame
(Molopospermum peloponnesiacum)



neugierig wie der Blumenwanderer ist, 
hat er ihm auch unters Röckchen geguckt






sein tief blaugrünes, unendlich geteiltes Blatt



und seine mit Rippen versehenen namensgebenden Früchte
mit der notorischen Tante im gestreiften Kleid
(Foto: Paul Hürlimann)


diese Art zeigt mir wieder einmal,
dass die Doldenblütler einige der schönsten
Pflanzen aufweisen, die es in der 
Schweiz gibt!

für Molopospermum ist unter anderem sein ausgeprägter,
 eher unangenehmer Geruch typisch, der jedoch
erst beim Zerreiben der Blätter wahrnehmbar ist.
Bei meinem Aufenthalt ist die Luft indes erfüllt vom
charakteristischen Honigduft der unzähligen Blüten!




unter der grossen 14-40 strahligen Gipfeldolde....
befinden sich mehrere quirlig angeordnete Seiten-
dolden, alle mit vielblättrigen Hüllen und Hüllchen.


ich bin hingerissen ob soviel Üppigkeit
in diesem Dschungel am steilen Abhang!


zwischen den Striemensamen....
blühen die Türkenbunde (Lilium martagon).


der Striemensame steigt im Bereich Gondoschlucht in beachtliche Höhen
(Foto: Paul Hürlimann)

auch die Alpen-Bergscharte (Stemmacantha rhapontica) ist hier vertreten
(Foto: Paul Hürlimann)

im Bereich der Striemensamen
betört einen auch das Blau
der Alpen-Akelei (Aquilegia alpina)...


und das Gelb 
der Schwefelanemonen
(Pulsatilla alpina ssp. apiifolia).


das Gebiet ist auch bekannt für seine
grossen Lärchen (Larix decidua), hier
mit der Alpen-Hagrose (Rosa pendulina)
im Unterwuchs ist zahlreich die schöne
Schneeweisse Hainsimse (Luzula nivea) zu finden




"gewaltig" ist alles, was mir zum Seehorn auf der anderen Schluchtseite einfällt.
Darunter tun sich Abgründe auf.


überall zu sehen ist auch die Lärchenblättrige Miere
(Minuartia laricifolia). Diese grossblütige
Art tritt mit Vorliebe an sonnigen Abhängen auf,
hier mit dem Dorn-Tragant im Hintergrund.
die schöne Wald-Platterbse (Lathyrus sylvestris)
habe ich so ziemlich überall gesehen,
nur nicht im Wald
















dasselbe ist von dieser Art zu sagen: Spinnweb-Hauswurz (Sempervivum arachnoideum)


ein Ausblick nach Italien!
Wieder einmal hat mir das sagenhafte Südsimplon-Gebiet einen herrlichen Tag bereitet!





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