Die Scientia amabilis, wie Goethe sie nannte, befaßt sich nicht nur mit den farbenreichen Sonnenkindern unserer Flora, sondern interessiert sich auch für jene Geschöpfe, die sich dank einer besonderen Organisation in das Dunkel der Wälder zurückgezogen haben. Sie prangen nicht durch Farben, sind aber umso interessanter in ihrem unterirdischen Leben. Die Blätter, die bei den übrigen Pflanzen die Sonnenstrahlen einfangen und Bau- und Bildungsstoffe des Lebens bereiten, sind bei ihnen zu unscheinbaren Schuppen verkümmert. Diese Orchideen sind stets auf das Zusammenleben mit Pilzen angewiesen, die ihnen die Nähr- und Baustoffe vermitteln.
Eine erste ausführliche Abhandlung über den Widerbart lieferte erst Thilo Irmisch, Gymnasiallehrer zu Sondershausen. Er fand ihn 1853 in «großer Üppigkeit und Fülle» im Buchenwald, meist in größeren und kleineren Gruppen beisammen. Überraschend ist schon seine Vermutung: «Wahrscheinlich hatten die von ungemein starken Regengüssen begleiteten Gewitter, welche dieses Jahr in einer für unsere Gegend seltenen Häufigkeit und mit einer furchtbaren Gewalt auftraten, das Gedeihen der Pflanze befördert.»
Das Auffinden dieser Pflanze bleibt stets ein glücklicher Zufall, sagt doch schon H. G. Reichenbach (1824—1889): «Difficillime reperitur; saepius inexspectatum, quam quaesitum legitur» (sie ist sehr schwer zu finden; öfters wird sie gesammelt, wenn man sie nicht erwartet, als wenn man sie sucht). Wer nach nassen Frühlingstagen und gewitterreichen Sommern vom 15. Juli - 15. August geeignete Wälder aufsucht, dem kann am ehesten die Freude zuteil werden, diese aus dem Moospolster hervorgeschossenen bleichen Waldgespenster mit ihren lebhaft gezeichneten Blüten zu entdecken.
aus: Dr. S. Schwere: der Widerbart, eine geheimnisvolle Orchidee, 1937
und auf einmal leuchtet dem Träumer in einem Buchenwald des Solothurner Juras etwas entgegen, worauf gerade ein Sonnenstrahl fällt |
das gibt's doch nicht, denkt der Verblüffte: Glück muss der Mensch haben! |
treffend schreibt Carl Schröter: «Die Pflanze macht einen ganz überraschenden Eindruck, wenn sie bleich und gespensterhaft plötzlich aus dem geheimnisvollen Waldesdunkel auftaucht.» |
auch an anderen Stellen leuchtet es immer etwas geisterhaft auf, wenn die Sonne kurz daraufscheint! |
es ist eindeutig der Widerbart (Epipogium aphyllum), eine Waldorchidee |
die Art mit dem "habitus peregrinus" (fremdartiges Aussehen), so Albrecht von Haller, hat eine nach oben gerichtete Lippe und keinerlei sichtbare Laubblätter |
beim Betreten seines Habitats ist deshalb höchste Vorsicht geboten. Die vorliegenden Aufnahmen entstanden von einem Waldweg aus. Pflanzen oder ihre Wurzeln kamen nicht zu Schaden. |
die Art wird in Schweden mit einem mir sympathischeren Namen als .. |
im Deutschen belegt: es ist die Skogsfru: die Waldfrau |
während Jahrhunderten war den Botanikern nicht klar, worum es sich bei diesem geisterhaften, wachsfarbenen "Widerborst" handelt .... |
der scheinbar mal da, mal dort auftaucht, um dann jahrelang wieder spurlos zu verschwinden. |
noch tropfen die Stängel vom letzten Regen am Vormittag |
ein Wunder, dass die zerbrechlichen Blüten bis jetzt vom Hagel verschont wurden |
die fein gezeichneten Blüten: während die Lippe nach oben zeigt, hängen die drei Sepalen und zwei Petalen tintenfischartig nach unten |
um klar zu machen, dass es dort noch andere schöne Pflanze gibt, sei hier die Rundblättrige Glockenblume gezeigt (Campanula rotundifolia) |
Stendelwurz (Epipactis spec.) |
Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) |
auch der Wurzelnde Schleimtrübling (Hymenopellis radicata)... |
lebt gerne auf morschem, totem Laubholz. |
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ein magisches Erlebnis: nicht mehr einzelne Pflanzen, sondern vielschaftige Büschel der Wunderblume schiessen bis zu 20 cm über die braune Laubdecke empor! |
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