Mittwoch, 12. Mai 2021

chum ufe Rogge

diesem Motto einer Wanderkarte mit spannenden Touren auf den Hausberg Oensingens ist der Blumenwanderer gefolgt und hat mal Bränte, Sunnewirbel und Chluser Rogge erkundet. Was da sprachlich so markant daherkommt, sind Felsformationen in der Gemeinde Oensingen. Und so ist es wenig erstaunlich, dass es in diesem Beitrag wiederum vor allem um die Felsflora geht.

Der Flurname "Roggen" ist vermutlich ein Reliktname aus dem lateinischen Wort "rocca", was Felsen, Fluh oder Stein bedeutet. Bei der "Roggenflue" handelt es sich um einen Pleonasmus, auch Tautologie genannt, was eine inhaltliche Wiederholung bedeutet (bekannte Beispiele dafür sind «weisser Schimmel» oder «alter Greis»). Im Fall Roggenflue bezeichnet sowohl «Roggen» als auch «Flue» einen Felsen, der Name wird also zusätzlich durch die Wiederholung verstärkt

Aber fertig mit der grauen Theorie! Erfreuen wir uns lieber eines Einblicks in die Juravegetation zur Zeit des Frühlingsflors. Prachtvoll blühen verschiedene Arten auf Wiesen und Felsen. Auch treffen wir mit etwas Glück als floristisches Juwel u.a. den Felsen-Bauernsenf. Daneben gibt es als exquisite Rarität noch den Flaumigen Seidelbast in Restbeständen, von welcher Pflanze schon im Jahr 1911 bemerkt wurde, dass sie «früher zu Tausenden» im Gebiet der Oensinger Klus vorkam, aber «leider in den letzten Jahren auf minimale Reste dezimiert» worden sei. Offenbar wurde dem rotblühenden und betörend duftenden «Chluser Alpenrösli» seine Attraktivität zum Verhängnis. 




diese Aufschrift auf einer Sitzbank ist mir 
ein gutes Tagesmotto
Ausgangspunkt der Tour ist diese
stolze Spornburg über Oensingen


es ist Schloss Neu-Bechburg, welches 1250
von den Freiherren von Bechburg erbaut wurde


frohgemut nimmt der Blumenwanderer den Wanderweg
unter die Füsse in der Hoffnung, dass ihm bald was blühe


hier spriessen sog. Elephantenohren:
Buchenkeimlinge (Fagus sylvatica)



und da steht das Wald-Bingelkraut (Mercurialis
perennis) schon in Vollblüte



auffallend leuchtet hier 
die Warzen-Wolfsmilch (Euphorbia verrucosa)



unter dieser kunstvollen Installation sieht man
die Roggenflue noch einmal ganz anders



immer wieder imponieren romantisch-pittoreske Aussichten
mit Wald-Föhren (Pinus sylvestris)

Berg-Gamander (Teucrium montanum)


Buchs-Kreuzblume (Polygala chamaebuxus)



Felsen-Bauernsenf (Iberis saxatilis), der auch
"Ravellen-Blüemli" geheissen wird.
Die Ravellen umging ich indes bei dieser Tour.




der kleine Kreuzblütler kommt in der Schweiz exklusiv nur im Gebiet
der Kalkfelsen von Oensingen und Klus Balsthal vor


er scheint die Felsabhänge und Gratkanten zu lieben
und ist ganz allgemein hart im Nehmen
hier hat die Erosion seine beeindruckende
Wurzel freigelegt, mit der er sich in den 
Felsritzen festklammert



kein Iberis, sondern das Berg-Täschelkraut (Thlaspi montanum)


immer steiler wird es: lieber umkehren, bevor ich auf einmal in Oensingen lande.
Rechts ist der schroffe Grat der Lehnfluh zu erkennen.


ein letzter Blick auf Iberis, die ...
solch kleine Trugdolden bildet.



hier ist auch das Habitat des Immergrünen, aber leider
nicht immerblühenden Felsenblümchens (Draba aizoides)

die Flaumeichen (Quercus pubescens) hier oben
grünen aber noch lange nicht


weiter geht es an schönen Beständen ...
von Frühlings-Schlüsseli vorbei
(Primula veris ssp. columnae)



Männliches Knabenkraut
(Orchis mascula)


Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis)



Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus)

Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana)



Blick hinüber auf Balsthal




fast wie Steinkraut leuchtet hier 
die Scheiden-Kronwicke (Coronilla vaginalis)
aus den Felsklüften


die Flühe bieten immer wieder tolle Aussichtspunkte,
hier Richtung Oensingen und Mittelland


und in die andere Richtung gegen Balsthal


 

so ganz abgeschieden von der Welt fühlt man sich hier oben
wie auf einem fliegenden Teppich über dem Mittelland!



wie üblich geniesst der Blumenwanderer sein
Picknick auf einem einsamen Chöpfli, doch was
ist da Gelbes neben seinen Schuhen zu sehen?
Schopfiger Hufeisenklee (Hippocrepis comosa)



ein tief-verzweigtes Wurzelsystem verschafft dem Hufeisenklee
Halt, Nährstoffe und Wasser auch in den Felsen
(Quelle: Wurzelatlas mitteleuropäischer Grünlandpflanzen, Band 2/1)


und was leuchtet dort unten so rot?
Flaumiger Seidelbast (Daphne cneorum)


zum ersten Mal überhaupt sehe ich
den Bayrischen Bergflachs (Thesium bavarum)

Mandelblättrige Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides)


blass-lilafarben leuchtet mir ...
die Fieder-Zahnwurz (Cardamine 
heptaphylla) entgegen




Alpen-Heckenkirsche (Lonicera alpigena)



nur im Jura sieht man den 
Jura-Wiesen-Bärenklau
(Heracleum sphondylium subsp. alpinum)



Weisses Breitkölbchen (Platanthera bifolia)




nun wird es noch trockener und wärmer
wie eine Spargel schiesst hier 
die Schmerwurz (Tamus communis) in die Höhe


da kommt auch wieder die schöne ....
Scheiden-Kronwicke in Sicht (Coronilla vaginalis).



hier wächst und knospet ein weiterer typischer Jurassier:
die Jura-Braunwurz (Scrophularia juratensis)


zum Schluss gibt es noch einen 
Orchideenschmaus

hier in Form des
Männlichen Knabenkrauts (Orchis mascula)

und des ...
Kleinen Knabenkrauts (Orchis morio)



die Flora jurana hat wieder mal ihr Bestes gegeben!
Glücklich schlendert der Blumenwanderer wieder "talwärts"
in dem Bewusstsein, dem "Geheimnis des Lebens" ganz nahe gewesen zu sein.






3 Kommentare:

  1. Ein wunderbarer, lehrreicher Beitrag - wie immer. Das hier muss ich aber live sehen, bald! Danke vielmals! Res Grau

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  2. Oh ja, das geht mir grad ebenso ! Herzlichen Dank für den Input,so schön, wie jeden Frühling, das neue Erwachen mitzuerleben, zu staunen und sich zu freuen und klein zu werden ob all der Wunder die die Natur hervorbringt. Seelenbalsam !
    Eine gute, gesunde Zeit und herzliche Grüsse
    sume

    25. Mai 2021 um 09:25

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  3. ps. wollte zwar übers google Konto antworten,nicht anonym, wurde aber nicht akzeptiert ?
    sume

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