Freitag, 30. Juli 2021

Floristischer Streifzug an der Lehnfluh

Gleich zweimal hat der Blumenwanderer die Lehnfluh bei Niederbipp besucht, eine romantisches, von der Ruine der Erlinsburg gekröntes Refugium unserer typischen Juraflora.

Dem waldreichen Usserberg vorgelagert, aber von diesem durch das tiefeingeschnittene «Leuenthal» getrennt, erhebt sie sich hoch über dem Bergwald von Niederbipp als eine fast senkrecht stehende, grauweisse Felswand. Auf  ihrem höchsten Punkt thronte einst die kühn angelegte Feste Erlinsburg, von der aus der ganze Verkehr auf der dem Jurafuss entlang führenden Strasse kontrolliert werden konnte.

Die Lehnfluh und ihre Fortsetzung auf der Ostseite der Klus, die Ravellen, liegt rittlings über der Kantonsgrenze Bern und Solothurn und hat als abenteuerlich zerklüfteter Grat seit jeher die Menschen fasziniert und angezogen.
Die unbehinderte Südexposition und der Verwitterungsschutt der weithin sichtbaren Felszinne schufen besonders günstige Lebensbedingungen für eine reiche, zum Teil xerotherme Flora.
1950 schuf der Kanton Bern das 'Reservat Leenflue', in welchem heute auf kleinstem Raum gewissermassen die ganze Jura-Pflanzenwelt zusammengedrängt ist, wie auch der Blumenwanderer feststellen konnte.




Tourdatum: 27. April


Männliches Knabenkraut (Orchis mascula)
auf der Waldenalp westlich der Lehnfluh




eine Schönheit der hiesigenTrockenwiesen:
die Schopfige Kreuzblume (Polygala comosa)






auch das Schwärzliche Knabenkraut
(Orchis ustulata) ist hier vertreten


blau, blau, blau blüht
die Akelei (Aquilegia vulgaris)





Berg-Klee (Trifolium montanum)


wenn er nicht so häufig wäre,
würde man auch ihn bewundern:
Gewöhnlicher Rot-Klee (Trifolium pratense)



der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor) 
wird im Unterschied zum Grossen Wiesenknopf
nicht durch Insekten, sondern vom Wind bestäubt

auch so klein kann es aussehen,
das Langhaarige Habichtskraut
(Hieracium pilosella)





die für die Jurawiese so typische
Warzen-Wolfsmilch (Euphorbia verrucosa)



was für ein Anblick: Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis)



Blick hinüber zur Roggenfluh



Männliches Knabenkraut
(Orchis mascula)
das Drehkreuz, wo das eigentliche Naturschutzgebiet beginnt.
 Dieses stellt für den Oberaargau ein floristisches Kleinod dar,
 treten hier neben allgemein verbreiteten Pflanzen
doch auch solche auf, die im Mittelland selten sind. 



Labkraut-Würger (Orobanche caryophyllacea)




einerseits wachsen hier Arten trockenwarmer Standorte
 und andererseits alpine Arten, die sowohl
 an der Lehnfluh wie auch an der Ravellenfluh
in ungewohnt tiefen Lagen vorkommen



 die Turm-Gänsekresse (Arabis turrita), ein Kreuzblütler,
ist an den Rändern der Waldwege verbreitet anzutreffen.
Ihre weissen Blüten sind recht klein; die Pflanze
überrascht nach dem Verblühen aber bald einmal
mit den auffallend langen überhängenden Schoten. 

die Behaarte Wicke (Vicia hirsuta) ist
eine unscheinbare Pflanze. Rauhaarig
sind nicht etwa die Blätter, sondern die
bis 1 cm langen Hülsenfrüchte,
die meist nur zwei Samen enthalten.


herrlicher Ausblick aufs Mittelland


eine Zierde der Lehnfluh ist
die Felsenmispel (Amelanchier ovalis), 
hier leider schon verblüht


der Berg-Mehlbeerbaum (Sorbus mougeotii)
jedoch steht in Vollblüte!





Berg-Föhre (Pinus mugo)


Mandelblättrige Wolfsmilch
(Euphorbia amygdaloides)

im Verlaufe des Aprils blühen im Laubmischwald auch
Goldnessel (Lamium galeobdolon ssp. montanum) und ...






die Aehrige Rapunzel (Phyteuma spicatum).



ein Blatt der Gossen Klette (Arctium lappa)
sammelt Buchenblüten



diese Art ist bei uns die einzige aus der
Familie der Yamswurzelgewächse:
eine Liane namens Schmerwurz
(Tamus communis)


schon erblüht auch der Echte Waldmeister
(Galium odoratum)









Tourdatum: 13. Juni


wieder wähle ich den Zugang über die Waldenalp,
wo das Gras nun gewachsen ist


fast sind keine Blumen mehr zu sehen



keine Blumen mehr? Bei genauerem Hinsehen
zeigt sich immer noch so einiges:
Grosser Ehrenpreis (Veronica teucrium)



diese schöne Art wächst sogar aus einer Ritze des Strässchens!


Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis)
unglaublich gross präsentieren sich die Blüten
der Pfirsichblättrigen Glockenblume
(Campanula persicifolia)


wir finden den kleinen, sehr fein gegliederten Quell-Streifenfarn
(Asplenium fontanum) an schattigen Felsen und in Felsspalten der Lehnfluh


das Niedrige Habichtskraut (Hieracium humile)
in seinem typischen Habitat auf Kalkfelsen


doch was ist an derselben Wand ganz oben Rotes zu sehen?


von schwer zugänglichen Felsvorsprüngen grüssen
die lichtroten Grenobler Nelken (Dianthus gratianopolitanus),
auch als Pfingstnelken oder Flühnägeli bekannt

in Abgrenzung zur ähnlichen Stein-Nelke
 (Dianthus sylvestris) sind die Kronblätter
beim Schlundeingang bärtig


die Art sollte sich als der eigentliche Hit
der Wanderung entpuppen







die vollständig geschützte  Art liebt humusarme, flachgründige
und stark besonnte Böschungskanten, Felsterrassen und -spalten




Trauben-Steinbrech (Saxifraga paniculata)


neugierig beäugt mich diese 
Mauereidechse (Podarcis muralis)






der Scharfe Mauerpfeffer (Sedum acre)
blüht noch nicht


dieses Gebiet bereiste ich kürzlich: Chluser Rogge, Sunnewirbel, Roggenfluh, Bränte (von links nach rechts).
Rechts ist auch der Felssporn der Letzen Erlinsburg zu sehen.
Direkt links daneben die Ravellenfluh mit Schloss Neu Bechburg im Hintergrund.


der Schluss gehört jedoch dem ganz besonderen Garten
auf diesem Kalkgrätli mit den Flühnägeli!








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