Sonntag, 29. März 2020

a Host of Golden Daffodils

An William Wordsworths berühmtes Gedicht erinnert fühlte sich der Blumenwanderer, als er kürzlich in der Ajoie in einem jener schattigen kleinen Waldtälchen, die man im Französischen "combe" nennt, einen Frühlingsspaziergang unternahm:


I wandered lonely as a cloud
That floats on high o'er vales and hills,
When all at once I saw a crowd,
A host, of golden daffodils;

A poet could not but be gay,
In such a jocund company:
I gazed—and gazed—but little thought
What wealth the show to me had brought:

For oft, when on my couch I lie
In vacant or in pensive mood,
They flash upon that inward eye
Which is the bliss of solitude;
And then my heart with pleasure fills,
And dances with the daffodils.


– William Wordsworth (1815)


Daneben fand er auf kleinem Raum eine geradezu erstaunliche Anzahl von Frühlingsgeophyten. So bezeichnet man die Erdpflanzen der Laubwälder, die noch vor dem Laubaustrieb blühen, assimilieren und fruchten und so die lichtreiche Vegetationszeit in ihrem Lebensraum aufs Beste nutzen. An den prächtigen Aspekt dieser artenreichen und bunten Krautschicht wird sich der Blumenwanderer noch lang und gerne erinnern, zum Beispiel wenn er auf der Couch sitzt "in vacant or in pensive mood".
Dieser Beitrag ist ein Hoch auf diese stillen Frühblüher aus dem nordwestlichen Zipfel der Schweiz. Und dass sich Ajoie auf joie reimt, weiss der Blumenwanderer nicht erst seit dem Werbespruch: L'Ajoie de vivre pure et simple!



diese Strassenböschungen voller Narzissen (Narcissus pseudonarcissus)
muss ich mir näher ansehen. Das weckt Frühlingsgefühle!


bemerkenswert der Fund des Finger-Lerchensporns
(Corydalis solida), den ich sonst nur
vom Wallis her kenne

Offenbar wissen auch andere,
dass es hier viele Blumen gibt!
Heute will sich der Blumenwanderer mal
als "Garde-faune" betätigen, aber auf seine Weise!



Buschwindröschen (Anemone nemorosa)





im Unterholz blüht auch schon teppichartig
das Kleine Immergrün (Vinca minor)

seine Kronblätter sind wie
Propellerblätter leicht gedreht


quel plaisir d'admirer ces lumineuses corolles!

une baldade printanière parmi les jonquilles!





zuerst sehe ich es am Waldrand gar nicht:
das Berg-Lungenkraut (Pulmonaria montana)



noch unscheinbarer ist das Erdbeer-Fingerkraut (Potentilla sterilis)

Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana cf.)


beim Dunkelgrünen Lungenkraut (Pulmonaria obscura)
ist wie bei allen Lungenkäutern ...

die Krone anfangs rosafarben und später rotviolett.


nicht umsonst heisst diese Art auch
Hohe Schlüsselblume (Primula elatior)


der  Lerchensporn-Ahorn-Wald, auf dessen Boden
die vielen Geophyten blühen (Corydalido-Aceretum)



hier muss man schon genau hingucken, um zu erkennen,
was zwischen den Buschwindröschen auch noch wächst (und blüht!):
es ist das Bisamkraut (Adoxa moschatellina)!


unglaublicherweise ist das kleine Bisamkraut,
das auch Moschusblümchen genannt wird, ...

direkt mit unserem Holunder verwandt!


auch wenn man es nicht glaubt:
das Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis)
steht gerade in Vollblüte!




hier sieht man es zwischen dem Lerchensporn emporwachsen





hier der Hohl-Lerchensporn (Corydalis cava),
der an diesem Standort gleichzeitig mit dem ...

ähnlichen Finger-Lerchensporn (Corydalis solida)
auftritt. Dieser hat indes geteilte Tragblätter.



gleich neben der Strasse, auf  der ich dahinwandere,
gibt es massenhaft Lerchensporn zu bewundern.
Er gehört zu den Mohngewächsen.


den Lerchensporn gibt es in zwei Farbvarianten


der Aronstab (Arum maculatum)
hat schon seine Blätter entfaltet

hier sieht man, weshalb er das Art-Epitheton
maculatum (gefleckt) trägt


hier ein Blaustern-Teppich (Scilla bifolia)





was für Kerzen stehen denn hier zwischen dem Bärlauch?
es ist die Schuppenwurz (Lathraea squamaria)






gibt es denn sowas?
Im Innern eines Baumes finde ich
massenhaft Schuppenwurze



offenbar stand in der Mitte mal ein Baum,
der nun vermodert ist


An ihrem Wurzelsystem hat sie kleine Saugorgane,
mit denen sie sich an die Wurzeln von Bäumen heftet.
So zapft sie den im Frühjahr aufsteigenden Saftstrom
für ihr Wachstum an

die Schuppenwurz ist eine Schmarotzerpflanze
ohne Blattgrün und Blätter



zu sehen sind nur die einseitswendigen Blütentrauben


an der Stängelbasis sieht man das Rhizom mit
den namensgebenden fleischigen Schuppen


die Blüten sind weiss bis rosa gefärbt





offensichtlich wird dieser Wald genutzt



die Gelbe Narzisse ist bekannteste Pflanzenart aus der Gattung der Narzissen (Narcissus)
innerhalb der Familie der Amaryllisgewächse (Amaryllidaceae)


Gelbe Narzissen waren ursprünglich nur in Westeuropa und im westlichen
Mitteleuropa beheimatet; durch Kultivierung sind sie als Gartenpflanze
überall in den gemäßigten Zonen anzutreffen.

Im Christentum steht die auch Osterglocke genannte Art für die Auferstehung.
Das Osterfest ist im Christentum das Fest der Auferstehung Jesu Christi – genau so verhält es sich mit der Osterglocke.
Mag sie den Rest des Jahres tot geglaubt sein, erblüht sie ungefähr zum Osterfest erneut.
Die Osterglocke steht daher als Symbol des ewigen Lebens.

in der Schweiz ist die Gelbe Narzisse als Wildpflanze (die von der Kulturform verschieden ist,
z. B. sind die Blüten kleiner) in ihren Beständen bedroht und entsprechend streng geschützt.
Das Pflücken wilder Narzissen ist daher auch verboten!


ein typischer Frühlings-Geophyt ist auch das Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)

vorne Lungenkraut und Scharbockskraut



völlig unscheinbar blüht jetzt auch
die Haselwurz (Asarum europaeum),
die keineswegs nur unter Haseln wächst,
sondern auch einfach so am Waldboden




doch was haben diese Wimpelchen hier zu bedeuten?

tatsächlich sind es die Schoten-Gerippe
der Wilden Mondviole (Lunaria rediviva)


m Grunde der Stängel, die den milden Winter
überlebt haben, spriessen schon ihre neuen Blätter
und wieder ein schönes Lungenkraut





zu welcher Pflanze wohl diese überall zu sehenden Blätter gehören?
eine letzte Blüte verrät es:
Märzenbecher (Leucojum vernum)





am Strassenrand erblüht auch gerade
das Goldwindröschen (Anemone ranunculoides)



der Schluss dieses Berichts gehört der Gelben Narzisse.
Wie hier ist sie ursprünglich eine einheimische Waldpflanze, ...


wohingegen das massenhafte Vorkommen in montanen Fettwiesen
als sekundäre Ausstrahlung aufzufassen wäre.
Schliesslich setze ich mich noch einmal ans Strassenbord
und lasse den schönen Tag "in pensive mood" ausklingen.








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