Montag, 8. April 2019

eine seltene Krankheit

Sie gibt es nur unter Pflanzenliebhabern: es ist das sogenannte Blumenfieber (Febris floribunda), welches ein jahreszeitlich gehäuftes Vorkommen im Vorfrühling aufweist.

 Auch der Blumenwanderer litt kürzlich darunter. Unverwechselbares Symptom dieser merkwürdigen Erkrankung ist das unbezwingbare Verlangen, die warme Stube zu verlassen und durch die Natur zu streifen auf der Suche nach den ersten Blüten und Düften des Jahres ....

Eine Heilung gilt allgemein als schwierig, die Prävention als unmöglich. Doch lässt sich immerhin sagen, dass ein paar Kräutlein dagegen gewachsen seien! Dieser Beitrag zeigt sie!


die Mandelblüte im Wallis ist da!


der Mandelbaum als eher mediterranes Gewächs liebt
das milde Klima des Wallis, widersteht der Trockenheit, ....

fürchtet aber die Frühjahrsfröste.

viele Winzer in Saillon reservieren dem Mandelbaum (Prunus dulcis) 
eine Ecke in ihren Parzellen, um von seinen Blüten zu profitieren, 
vom feinen Duft, seinen Früchten und nicht zuletzt von seinem 
Schatten im glühendheissen Sommer an den Südhängen

Er kann über hundert Jahre alt werden und bis zu zehn Meter hoch.
Er hat im Wallis kaum eine wirtschaftliche Bedeutung, wird aber aus
landschaftlichen und sentimentalen Gründen als Frühlingsbote
sehr geschätzt, auch vom Blumenwanderer!

doch auch andere Schönheiten gibt es in Saillon:
die Berg-Anemone (Pulsatilla montana)

was wächst da so gelblich wie angesät?


fast ungläubig nehme ich zur Kenntnis, dass es
das Schildschötchen (Clypeola jonthlaspi) ist,
das hier so zahlreich fruchtet

da soll noch jemand sagen, diese Pflanze sei selten




auch nicht selten im Wallis ist dieser andere kleinwüchsige Kreuzblütler:
das Kelch-Steinkraut (Alyssum alyssoides)



der Name Sophienkraut (Descurainia sophia) gefällt mir bedeutend
besser als Besenrauke, wie diese Pflanze auch genannt wird.
"Das Kraut war als Mittel, die Wunden und Geschwüre aufs baldigste
zu heilen, so berühmt, dass die Pflanze darnach den Namen ....
Sophia chirurgorum,
die Weisheit der Wundärzte, erhalten hat".
(Zitat bei Grimm 16, 1750)


diese Pflanze trägt sinnigerweise den Namen....

Weinberg-Traubenhyazinthe (Muscari neglectum aggr.).


hier duckt sich eine Oesterreicher Schwarzwurzel (Scorzonera austriaca)
vor den letzten Frösten




welch schöne vegetative Formen
die Färberwaid (Isatis tinctoria) doch ausbildet!



Abendstimmung im Wallis.
Links steht wiederum ein blühender Mandelbaum in der Ecke des Weinberges.




doch schon vorher am Vormittag aufgesucht: ein grosser
Bestand an Muschelblümchen (Isopyrum thalictroides) bei Bex


die seltene Art bildet hier einen Teppich von
mehreren tausend Pflanzen

die Bemerkung bei Durand & Pittier (1882) über den Ursprung des Muschelblümchens
im Kanton Waadt gilt noch heute: alle Vorkommen wurden angesiedelt:
«Bien que disséminé dans toute l’Europe moyenne,
l’Isopyrum n’est pas indigène dans le canton»




was wächst denn in diesem Gärtli?

darunter der Frühblüher unserer einheimischen
Orchideenarten: die Spinnen-Ragwurz
(Ophrys sphegodes)



die in der Schweiz sehr rare Orchideenart
ist hier erst gerade erblüht. Sie liebt trockene, kalkige
Magerwiesen, die selber nur allzu rar geworden sind



Sieht man da nicht tatsächlich in das Gesicht einer Spinne?
Besten Dank für diese Nahaufnahme an Françoise Alsaker!





bei diesen Blüten ist die Resupination noch nicht vollständig
abgeschlossen. Darunter versteht man die Drehung der Blüten, 
durch welche die ursprünglich auf der Oberseite 
liegenden Teile nach unten gedreht werden.

durch die Drehung des Blütenstiels oder Fruchtknotens um 180° wird die Lippe in eine 
Stellung gebracht, die es ihr ermöglicht,
als Anflugorgan für Insekten zu dienen
schöne Mischung von Geisseglöggli (Anemone nemorosa)
 und Buechwunni (Hepatica nobilis)
Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor)
neben fruchtenden Lenzblümchen u.v.a.m.





Dienstag, 2. April 2019

am Quai von Montreux

Das zwischen Genfersee und den steil ansteigenden Bergen gelegene Montreux besitzt ein mildes Klima und eine blumenreiche Vegetation an der Uferpromenade. Weshalb also nicht dort den Frühling begrüssen und sich von den zahlreichen schon blühenden Gewächsen beschenken lassen?

Und so fand sich der Blumenwanderer Ende März nach gut einer Stunde Autofahrt vom Vorfrühling in den Vollfrühling katapultiert: überall blühende Kamelien, Kaiserkronen, Kirschen.
Auch stehen Palmen und Pinien, Olivenbäume und Erdbeerbäume, Stein- und Korkeichen umher, dass man meinen könnte, der Genfersee sei ein Seitenarm des Mittelmeers.

Natürlich ist vieles in dieser langgezogenen Gartenschau exotisch-bunte Blumendeko, doch hat es auch so manche botanische Spezialität darunter, welche sich der Blumenwanderer als "flâneur averti" nicht entgehen lassen wollte.



würde man an den Gestaden des Léman so nicht vermuten:
ein Sandstrand bei Clarens, wo meine Flachwanderung begann
mit den Montagnes du Chablais im Hintergrund.

auch nicht alltäglich: eine liegende Korkeiche (Quercus suber)


der Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum)...


wird auch Wellingtonie genannt.



der Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens),
liefert das bekannte "Redwood" genannte Holz












Lawsons Scheinzypresse (Chamaecyparis lawsoniana)
mit männlichen Zäpfchen. Sie wird auch
Oregon-Zeder genannt.
eine echte Zeder, und was für eine:
Libanon-Zeder (Cedrus libani)




Tränen-Kiefer (Pinus wallichiana)
aus dem östlichen Himalaya

so in etwas dürfte es auch
am Golf von Neapel aussehen

Pyramidenpappel (Populus nigra var. italica)

Im Hintergrund liegt noch der Schnee in den Waadtländer
Alpen, während man sich am Quai schon fast
im Sommer wähnt







die vielen Pinien (Pinus pinea) geben der Uferpromenade
eine mediterrane Anmutung....

ebenso wie die immergrünen Steineichen 
(Quercus ilex), in deren Schatten ich 
mein frugales Mittagessen einnahm.
dem zweitgrössten See Mitteleuropas nach dem Balaton
verdankt Montreux sein mildes Klima




diese Araukarie (Araucaria araucana) hingegen stammt aus
Chile. Sie hat im Französischen den lustigen Beinamen....



"le désespoir des singes" (die Verzweiflung der Affen),
aus ersichtlichen Gründen.


lustiger Hinweis für Hundebesitzer
(oder für Hunde?)

und hier der Hinweis auf eine der vielen
Berühmtheiten, die in Montreux gastierten:
Lord Byron liess sich hier zu seinem
"Prisoner of Chillon" (1816) inspirieren.

Bergenien in Vollblüte. Das pompöse Steinbrechgewächs wuchs
passenderweise über gebrochene Steine hinab.

die für den Blumenquai so typischen Parterres mit buntem Ziermohn (Pavots multicolores).
Oben links dirigiert schwungvoll Stravinsky: ein Sinnbild der verrückten Mischung
von Natur und Kultur, die hier vorherrscht.


derweil die "Einheimischen" eine unscheinbare 
Randexistenz fristen: in Mauerritzen der
Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes)...




und das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis)
auf den Blocksteinen des Ufers.



Aleppo-Kiefer (Pinus halepensis) bei der Miles Davis-Halle.
Sie prägt weite Teile der Mittelmeerküste und sorgt mit ihrem Harz
bis heute für den Geschmack des Retsina-Weines in Griechenland.


ganz verzaubert haben mich
die Orchideen-Primeln (Primula vialii) ...


 aus dem südlichen China
(Hochtäler von Sichuan und Yunnan).

Magnolie vor der Kongresshalle. Ganz bescheiden darunter
die Büste von Richard Strauss, der von 1947-49 in Montreux lebte.


Japanischer Perlschweif (Stachyurus praecox)

die Perlschweife (Stachyurus), auch Schweifähren genannt,
sind die einzige Pflanzengattung der Familie der Stachyuraceae
zahlreiche Skulpturen aus Moos erinnern daran,
dass diesen Sommer die "Fête des Vignerons" stattfinden wird,
welche nur ungefähr alle 25 Jahre gefeiert wird.

das berühmte "Montreux Palace"
mit einer der zahlreichen Steineichen (Quercus ilex)


Aralie und ....

Mahonie (Mahonia lomariifolia cf.)


ein kokettes Rosengewächs: Glanzmispel (Photinia spec.)
Levkojen
etwas Lakeside-Botanik gefällig?
die bezaubernde Herzblättrige Schaumblüte (Tiarella cordifolia),
ein Steinbrechgewächs aus Nordamerika. Bei der Bestimmung der Arten hat mich
freundlicherweise M. Bertrand Nanchen, der Chef-Gärtner von Montreux, unterstützt!



Tulpen-Magnolie (Magnolia x soulangeana)

Magnolia sargentiana var. robusta

einzelne Bäume sind sogar angeschrieben, wie diese monumentale
Ahornblättrige Platane, eine Kreuzung
zwischen Morgenländischer und Amerikanischer Platane

Lavendelheide (Pieris japonica)

ganze Büsche voller Kamelienblüten....

bezaubern den Nordländer.






die rote Rinde dieses selten zu sehenden Gehölzes schält sich in
Locken ab: Amerikanischer Erdbeerbaum (Arbutus menziesii)





Kretische Schwertlilie (Iris unguicularis)


ab und zu stutzte der Blumenwanderer schon ein bisschen ob all der Exoten. Aber irgendwie passen sie zu diesem mondänen Ort,
der Leute aus aller Welt anzieht.








unglaublicherweise begannen auch schon
die Kaiserkronen (Fritillaria imperialis) zu erblühen





ein seltenes Ziergehölz ist
der Japanische Papierbusch (Edgeworthia chrysantha)

das Seidelbastgewächs war schon am Abblühen



noch mehr erstaunt haben mich diese prachtvollen
Madeira-Natterköpfe (Echium candicans)






diese Art ist ein direkter Verwandter unseres einheimischen
Natterkopfes und wird auch "Stolz von Madeira" genannt



dass diese Art hier im Freien so gut gedeiht, zeigt,
dass an der Riviera vaudoise ein mediterranes Klima herrscht!


hier ein weiterer prächtiger Endemit von der Insel Madeira:
es ist Geranium maderense. Die Art blüht erst im 4. Jahr nach
der Aussaat und stirbt dann meist ab


Orangenblume (Choisya ternata),
ein Rautengewächs aus Nordamerika


diesem Baum wachsen lange Dornen aus dem Stamm:
Amerikanische Gleditschie (Gleditsia triacanthos)


es gibt also nicht nur Hanfpalmen
in Montreux: Sägepalme (Sabalpalme)


Oelbaum (Olea europaea)


die allgegenwärtige Chinesische Hanfpalme
(Trachycarpus fortunei), die auch unter dem
Namen Tessinerpalme bekannt ist




die vorjährigen Fruchtstände mit verholzten Kapselfrüchten
des Karminroten Zylinderputzers (Callistemon citrinus)






den vom Winter her noch nicht verwöhnten Sinnen ...

des Blumenwanderes bot sich ein Overload an Eindrücken dar.


Fazit: wer im März Blumenhunger hat,
braucht man nur eine Reise nach Montreux zu tun!

Zwergpalme (Chamaerops humilis)