Samstag, 2. April 2022

ER IST'S !


Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike (1804 - 1875)


Der Blumenwanderer gibt es ohne weiteres zu: auch diese Exkursion ist eine Wiederholungssünde (siehe "von Glocken und Schellen" im März 2016), doch wer könnte es ihm verübeln? Wer durch solche Wälder streift, wie es sie in der Umgebung des waadtländischen La Sarraz gibt, versteht schon, was uns Mörike mit seinem Frühlingsgedicht sagen wollte.



die Osterglocken (Narcissus pseudonarcissus)
bedecken stellenweise den Waldboden mit einem gelben Teppich


diese Narzissenart wird in Mitteleuropa als eines der prägnantesten Symbole
für den nahenden Frühling wahrgenommen 


auch die Leberblümchen (Hepatica
nobilis) sind am Blühen

weitere Farbtupfer auf dem Waldboden lassen
das Herz des Blumenliebhabers höher schlagen





das Gewöhnliche Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)
mit seinen weisslich gefleckten Blättern sieht man ansonsten gar nicht so häufig


zwischen den Osterglocken
finden sich auch diese hohen Stängel

es ist die Wimper-Segge (Carex pilosa).
Auch die Seggen...


weisen ihre diskrete Schönheit auf,
obschon sie meist nicht ganz
einfach zu bestimmen sind


hier ein weiteres jetzt blühendes Beispiel:
Berg-Segge (Carex montana)





auch die Stängellosen Schlüsselblumen (Primula acaulis) setzen Akzente



meines Erachtens eine der zauberhaftesten Frühlingsarten:
das Buschwindröschen (Anemone nemorosa)




zu den Frühblühern gehört auch dieses Mohngewächs:
Hohlknolliger Lerchensporn (Corydalis cava)

Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)





und immer wieder grüssen die Frühlingsboten,
die man in der Schweiz eher von den Juramatten her kennt


bei genauerem Hinsehen erkennt der Kenner auch unscheinbarere Arten
wie das Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis), hier in Vollblüte!


oder das noch unscheinbarere
Moschuskraut (Adoxa moschatellina),
das auch gerade zu blühen beginnt





das kleine Ding steht erstaunlicherweise in direkter
Verwandtschaft mit dem Holunder und dem Schneeball
und gibt einer eigenen Pflanzenfamilien den Namen,
den Moschuskrautgewächsen (Adoxaceae)!



grundsätzlich fällt auf, dass die Wälder in der
Westschweiz weniger durchforstet werden
 und daher eine grössere Pflanzenvielfalt aufweisen




unweit dieses Märchenwaldes befindet sich ein ganz anderer Lebensraum:
es sind die steppenartigen Trockenwiesen der "Buis de Ferreyres",
wo noch alles braun und trocken ist.






doch halt! Da und dort leuchten
diese rotvioletten Blüten auf, die zum Teil 
in eine Art Pelz gehüllt sind


der Blumenwanderer hat das grosse Glück,
die Gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris)
 in Vollblüte anzutreffen!



dieses selten gewordene, zauberhafte
Hahnenfussgewächs...
gibt es nur noch an wenigen Stellen
in der Schweiz zu bewundern.



daneben in einem Waldstück anzutreffen:
das Kleinblütige Fingerkraut (Potentilla micrantha)




der Schluss des Beitrags gehört jedoch der Osterglocke!







Samstag, 5. März 2022

Millefleurs

Die Millefleurs-Tapisserie in Bern ist der älteste erhaltene Tausendblumenteppich und deshalb ein absolutes Highlight der Sammlung des Bernischen Historischen Museums. 

Magisch leuchtet der dunkelblaue Wandteppich hinter Glas mit seinen fein gewobenen bunten Blumen und dem goldenen Wappenschild in der Mitte. Beim Betrachten des sieben mal drei Meter grossen Kunstwerks sind sich viele wohl nicht bewusst, welche unterschwelligen Botschaften Herzog Philipp der Gute von Burgund (1396–1467) darin einarbeiten liess. Das Blumenmeer besteht beispielsweise aus Pflanzen, die in der Natur nicht zur selben Zeit blühen würden – auf dem Teppich tun sie es und stehen damit vereint für ein Burgunderreich ohne Anfang und ohne Ende. 

Einen Blumenteppich ganz anderer Art fand der Blumenwanderer kürzlich im Solothurner Jura, nicht minder schön zwar, aber vergänglich und nicht für Jahrhunderte gedacht, erst recht nicht fürs Repräsentieren irgendwelcher Machtansprüche. Darin eingewoben ein paar weitere Frühblüher.






die bescheidenen Märzenglöckchen (Leucojum vernum) sind keine Divas
und wirken eigentlich nur in der Masse


als hätte es nochmals geschneit, wirkt der Teppich von weitem




einer jener magischen Momente, wie man sie im Frühjahr erleben kann




die sechs weißgefärbten Blütenhüllblätter sind im
 Gegensatz zum Schneeglöggli fast gleich lang und weisen
an den Blütenblattspitzen je einen gelbgrünen Fleck auf




mit der Himmelsfarbe konkurrierend 
blühen auch schon die Blausterne (Scilla bifolia)




der wissenschaftliche Name Scilla bifolia ist sehr passend,
denn aus einer Zwiebel heraus wachsen zwei fest
geschlossene Laubblätter. Darin ist perfekt verpackt,
der Spross mit perlenartig angeordneten Blütenknospen.



erst einmal geöffnet, sind sie ein wunderschöner Frühlingsgruss


die frischgrünen, lanzettlichen Blättchen
verraten den Bärlauch (Allium ursinum)
die anfänglich rosafarbenen Stieltellerblüten des
Dunklen Lungenkrautes (Pulmonaria obscura)
wandeln sich zu blau, je älter sie werden 


eine typische Jurapflanze ist die Stinkende
Nieswurz (Helleborus foetidus): an ihr müssen alle
Botanik-Studenten die Reduktion vom Laubblatt bis
zum Kelch-oder Perigonblatt beobachten können
noch tragen die Buchen, Berg-Ahorne
und Eschen kein Laub und sind keine
Lerchensporne zu sehen,
die es hier auch zahllos gibt


was es indes zu sehen gibt,
ist das Männliche Knabenkraut
(Orchis mascula) als Rosette und.....


noch ganz klein, aber doch schon Leuchtkraft versprühend:
Buschwindröschen (Anemone nemorosa)






der Schluss aber gehört dem Märzenschnee!