Bereits vor zwei Monaten war der Blumenwanderer bei La Sarraz unterwegs und berichtete über den beginnenden Vorfrühling („Un refuge féérique“ vom 8. März 2025, siehe auch den „Abstecher in die Schweizer Provence“ vom 23. März 2024). Nun wollte er dort mal den Vollfrühling erleben und wurde reich belohnt.
Schon im Jahr 1958 hatte der ehrwürdige Prof. Max Welten eine Exkursion der Bernischen Botanischen Gesellschaft an den Waadtländer Jurasüdfuss geleitet. Er schrieb: „Unser Hauptinteresse galt den buchsreichen Eichenwäldern bei La Sarraz (550 m). Es handelt sich hier wohl um das ausgiebigste natürliche Buchsvorkommen am Jurarand, eine mediterrane Einstrahlung vom Rhonetal herauf, die ihre letzten (ob natürlichen?) Ausläufer bis nach Pieterlen sendet. Das Buchsvorkommen wird wohl durch den Mittelwaldbetrieb, der hier geübt wird (parzellenweise Kahlschläge der 30—50jährigen Bestände) stark gefördert, tritt doch der Buchs im submediterranen Gebiet gerade dort oft in dichten Beständen auf, wo man den Wald vernichtet hat.“
Den Blumenwanderer interessierten vor allem die Trockenrasen- und Felsensteppenfragmente inmitten dieser Gebüschformationen. Sie sind grösstenteils mit Ziegen beweidet und gehören zu den Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung. Dass deren Aspekt sich seit dem letzten Besuch stark verändert hat, zeigen die folgenden Bilder.
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was braucht es da noch vieler Worte, um dieses Blühwunder zu beschreiben? Witzigerweise wurde ich jedoch durch den intensiven Geruch auf diese Orchideen-Art aufmerksam, noch bevor ich sie sah im Schatten der Hecken. |
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es handelt sich um... |
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die Bocksriemenzunge (Himantoglossum hircinum). |
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der mittlere Lappen der Lippe ist stark verlängert. In der geschlossenen Blüte ist er eingerollt.
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Nach dem Aufblühen ist er zunächst spiralig gedreht und später nur noch leicht verdreht. |
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Aspekt der betreffenden Trockenwiese ob La Sarraz |
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auch der Ohnsporn (Aceras anthropophorum)...
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ist zahlreich auf dieser Trockenwiese vertreten. |
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das Kontrastprogramm bietet das vergleichsweise winzige Kleine Knabenkraut (Orchis morio) |
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aber es geht noch kleiner: die Wiese ist bedeckt mit der Ackerröte (Sherardia arvensis) |
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nun betreten wird das Reich des Buchswaldes |
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Schuppenwurz (Lathraea squamaria) |
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die Aeste sind hier häufig mit Flechten überwachsen. Es handelt sich wohl um die als Eichenmoos (Evernia prunastri cf.) bekannte Flechte. |
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schnell verlasse ich den Wald wieder und betrachte die Arten der Trockenwiesen. Hier der Hügel-Klee (Trifolium alpestre). |
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Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula) |
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das Kleine Knabenkraut (Orchis morio).... |
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gibt es auch in nahezu weisser Ausführung. |
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die Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) blüht noch nicht |
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da brauchte ich grad eine Weile, bis ich draufkam, was das ist: Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria |
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so sieht also eine Astlose Graslilie (Antericum liliago) aus, wenn sie noch nicht blüht und zweitens auf magerem Untergrund wächst |
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Echtes Salomonssiegel (Polygonatum odoratum)
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orchideenreicher Halbtrockenrasen vor einem Buchsgebüsch |
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Blick hinab in die Vallée d'Engens |
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und schon wird der Blick wieder von Näherliegendem gefangen genommen |
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Hummel-Ragwurz (Ophrys fuciflora) |
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ich sage mal voraus, dass dieser Schmetterling keinen Nektar finden wird |
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Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) |
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für einmal keine Orchideen-Art: Schopfige Kreuzblume (Polygala comosa) |
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und eine der hiesigen Spezialitäten, das Badener Rispengras (Poa badensis aggr.) |
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Filzige Steinmispel (Cotoneaster tomentosus) |
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und ein weiteres Blühwunder hier: der allgegenwärtige Faserschirm (Trinia glauca) |
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und so sehen jetzt die zahlreichen... |
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Kuhschellen (Pulsatilla vulgaris) vom Vorfrühling aus! |
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und nun kommt die Ginster-Fraktion: links noch nicht blühend der Färber-Ginster (Genista tinctoria), und oben der Flügel-Ginster (Genista sagittalis) |
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meist blüht der Flügel-Ginster wie hier noch nicht. Doch was leuchtet Gelbes von hinten rechts hervor? |
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es ist doch tatsächlich der Deutsche Ginster (Genista germanica), der mich besonders erfreut, sehe ich ihn doch hiermit zum ersten Mal! |
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das unten stachlichte Ding... |
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ist hier eine typische Art der thermophilen Säume und soll ein Säurezeiger sein. Weshalb sie aber hier inmitten des Kalkgebiets vorkommt, bleibt ihr Geheimnis. |
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ein Kalksteinbruch zeigt, dass der Untergrund hier aus der berühmten "Pierre jaune de Neuchâtel" besteht, einem Kalksandstein, der seit Römerzeiten zum Bauen verwendet wurde |
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hier findet sich auch die Elsbeere (Sorbus torminalis), ... |
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doch meist nur als grosser Strauch unter den Flaumeichen. |
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eine weitere Spezialität hier ist der Schneeball-Ahorn (Acer opalus) |
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Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum) |
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wie schön ist doch auch der Pyrenäen-Storchschnabel (Geranium pyrenaicum) |
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nicht vergessen gehen darf natürlich auch die allgegenwärtige Schwarze Platterbse (Lathyrus niger) |
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Immenblatt (Melittis melissophyllum) |
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auch der Schopfige Hufeisenklee (Hippocrepis comosa) ist hier überall zu sehen |
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das trifft aber nicht auf diese Art zu: |
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die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera). |
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dieses Exemplar mass fast einen halben Meter. Rechts davon die kleine Tochter. |
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ich zählte 12 Einzelblüten am Stängel, drei davon noch in den Knospen |
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die lückigen Volltrockenrasen auf
flachgründigen
Böden beherbergen
eine Reihe von
besonderen Arten |
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hier hat man sozusagen eine "Arten-Highlight-Garantie" |
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als sich aber über dem Jura ein Gewitter zusammenbraut, trete ich den Rückzug an, reich gesättigt mit südlichen Eindrücken! |
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