Sonntag, 30. Juni 2024

am Bielersee....

lässt es sich gut blüemelen. Denn seine Gestade sind stellenweise ein botanisches Paradies. Mit der ersten Juragewässerkorrektion, die 1891 abgeschlossen wurde, wurde der Seespiegel abgesenkt und man kann die St. Petersinsel über den sog. Heideweg zu Fuss erreichen. Schon blühen dort die seltenen Sumpf-Knabenkräuter.

In einer Felsensteppe oberhalb von Le Landeron findet sich dann eine Flora, die ganz gegenteilige Ansprüche hat, nämlich eine reiche Trockenflora, die ihresgleichen sucht, darunter gar die seltene Spatzenzunge. Der Name Landeron geht auf galloromanisch *landa «ebenes Brachland» (vgl. franz. lande), ergänzt um das Suffix -erōne zurück, und Brachland hat es einiges auch an den Hängen oberhalb dieser Ortschaft, auch wenn das meiste davon in mühevoller Arbeit in Weinberge verwandelt worden ist.

Das ist wie Ferien, wie weit weg, nicht wie gut eine Autostunde von zuhause weg. Es ist mir, als befände ich mich irgendwo in der Provence oder in einer verlassenen Gegend Italiens, aber sicher nicht „um die Ecke“. Le Landeron ist ein traditionsreicher Weinbauort. Der Kalkboden und das niederschlagsarme Klima sind die Merkmale, welche die Gegend des „Entre-deux-Lacs“ charakterisieren. Bald schon zog es den Blumenwanderer, wie immer, durch die Rebberge hinauf an die leicht abfallenden Südhänge des Juras.


das seltene Sumpf-Knabenkraut
(Orchis palustris)...
ist eine Perle des Bielersees.


Blick hinüber zum Bielersee

hier pflanzt niemand Reben oder bringt Dünger aus


der Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum)
 ähnelt auf den ersten Blick dem Wiesen-Wachtelweizen.
Seine gelblich weißen Blüten sind jedoch purpurn
überlaufen und stehen in allseitswendigen Ähren.


auch diese Orchideenart ist
typisch für den Bielersee
es ist die Bocks-Riemenzunge
(Himantoglossum hircinum)

ihr stattlicher Blütenstand besteht
aus einer Vielzahl von Einzelblüten
der Mittellappen der Lippe ist
bis zu 6 cm lang

auch der Ohnsporn (Aceras anthropophorum)
darf nicht fehlen, umgeben vom...

Grossen Ehrenpreis (Veronica teucrium).






nur ganz wenige von den Pyramidenorchen
(Anacamptis pyramidalis) sind schon am Blühen

nicht minder schön als sie ist 
der Purpur-Klee (Trifolium rubens)





der allgegenwärtige Trauben-Gamander
(Teucrium botrys) blüht noch nicht








eine Augenweide sind die vielen Hummel-Ragwurze (Ophrys holosericea)




sie überstrahlen viele andere Arten hier, dabei...




ist doch der zarte Purgier-Lein
(Linum catharticum) aus der Nähe
betrachtet so schön!

und da kommen bei mir Paradies-Gefühle hoch,
beim Anblick einer solchen Wiese voller
Akelei (Aquilegia vulgaris)




auch die ersten Bienen-Ragwurze
(Ophrys apifera) sind schon am Blühen
nicht so häufig wie die Hummel-Ragwurz,
aber doch so, dass man sehr aufpassen muss,
keine Pflanzen zu zertreten

etwas versteckt an einem Gebüschsaum wieder
eine Bocks-Riemenzunge. Die wärmeliebende Art
hat in den letzten Jahren eine Ausbreitung ihres
Areals erfahren. Daneben ganz unauffällig 
eine Bienen-Ragwurz



hier sind mindestens hundert 
Einzelblüten enthalten an einem
einzigen Blütenstand!

da ist aber alles noch eingepackt




 Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea)
aus dem Dunkel der Halme eines angrenzenden
Feldes leuchtet der Venus-Frauenspiegel
(Legousia speculum-veneris)

Immenblatt (Melittis melissophyllum)

auch der Gelbe Günsel (Ajuga chamaepitys)
hat hier sein Auskommen



Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua)
Pyramiden-Kammschmiele
(Koeleria pyramidata)


zuerst bin ich gar nicht sicher, ob es das ist,
was ich vermute, aber mein Verdacht
stellt sich als richtig heraus
es ist die seltene Spatzenzunge (Thymelaea
passerina), die dem wissenschaftlichen Namen
der Seidelbastgewächse den Namen gab

unerwartet stehe ich auf einmal vor dieser
schönen Art, die ich zum ersten Mal sehe
 es ist der Raue Eibisch (Althaea hirsuta)







wieder braut sich das übliche Sommergewitter zusammen, 
und ich sage dem Paradies Lebewohl!









Mittwoch, 12. Juni 2024

la colline de Montet en habits de printemps

Abgesehen vom Wallis hat der Blumenwanderer in der botanisch anregenden und vielgestaltigen Umgebung des Chablais vaudois in den letzten Jahren seine schönsten Tage verbracht. Aigle, Ollon, Bex haben für ihn einen magischen Klang. Die liebliche Gegend mit ihren Hügeln und dem milden Klima ist ihm fast schon zur zweiten Heimat geworden.

Oberhalb von Bex befindet ich ein steiles Rebgelände, am Südhang des Montet. Es liegt über den bekannten Salinen an der Grenze zum Wallis. Eine dünne Tonschicht bedeckt den gipshaltigen Boden. Der Chasselas von hier verdankt diesem mineralreichen Terroir seinen komplexen, blumigen, von feinen Blütentönen unterlegten Duft. Die roten Cuvées aus Pinot noir und Gamay zeichnen sich durch Frucht, Frische und Eleganz aus. Schön und gut, aber nicht des Weines wegen ist der Blumenwanderer hergereist, soviel steht fest.

Das Terroir bringt nicht nur einen guten Tropfen hervor. Denn wenn ds Bärgli (so die berndeutsche Übersetzung von le Montet) sein Frühlingsgewand trägt, dann kommt der Blumenwanderer ins Schwärmen, weil Frau Flora es mit einer Fülle an Blumen umkleidet, wie sie im Chablais vaudois nicht unüblich ist. Man sehe und geniesse!


ein Blick auf das Salinendorf Bex, von wo unser "Sel des Alpes" herkommt.
In der Bildmitte der bewaldete Hügel des ehemaligen Château de Duin


eine Begegnung der eher merkwürdigen Art
habe ich gleich zu Beginn an einer Rebmauer
mit Coopers Mittagsblume (Delosperma cooperi)


nun geht's aber einheimisch weiter mit
dieser megalomanen Dach-Hauswurz
(Sempervivum tectorum)...



und diesem Winzling:
Quendelblättriges Sandkraut (Arenaria serpyllifolia)




und hier eine Begegnung der köstlichsten Art:
das seltene Feld-Löwenmäulchen (Misopates orontium)
am Rand eines Rebberges!



Echte Betonie (Stachys officinalis)


Färber-Ginster (Genista tinctoria)


Rebhäuschen

und das meint Nenesse!

hier wird deutlich, wie steil das Rebgelände
ist und wie schwer die Arbeit darauf sein muss


vorerst trinkt der Blumenwanderer aber lieber
mit den Augen "la beauté de ces coteaux"




Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea)...
am Aufblühen.

Grosser Ehrenpreis (Veronica teucrium)
Dunkle Akelei (Aquilegia atrata)

Widderchen 
Schachbrettfalter

Kaisermantel
Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia)

Bunte Kronwicke (Securigera varia)

bei diesem Abbruch ist der Gipsuntergrund
gut zu sehen



unverkennbar an seinem Wirt zu sehen...
ist die Efeu-Sommerwurz (Orobanche hederae).

Rotes Waldvögeli (Cephalanthera rubra)
Dingel (Limodorum abortivum)
in diesem Jahr besonders häufig zu sehen...
ist die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera).



Purpur-Klee (Trifolium rubens)

der Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum)
ist heutzutage nicht mehr oft zu sehen


Landart?



das Bärgli hat auch einen Star: es ist der Pyrenäen-Milchstern
(Ornithogalum pyrenaicum). Die zu den Spargelgewächsen
gehörende Art ist hier ziemlich häufig zu finden.




dazwischen die eher unscheinbare
Schwarze Platterbese (Lathyrus niger)



Gelbe Wau (Reseda lutea)




die Esskastanie (Castanea sativa)
wurde von alters her an solch
wärmebegünstigten Orten angepflanzt

bei den Methusalems zeigt sich meist
ein kurzer Stamm. Dann gehen die Äste
bald auseinander.


hier sieht man das Resultat einer ehemaligen
Nutzungsform: Aufgrund ihres hohen Stockausschlagvermögens
wurde die Baumart oft im Kurzumtrieb bewirtschaftet

gerade in den Kastanienhainen scheint
es dem Pyrenäen-Milchstern
 besonders gut zu gefallen

der Kastanienhain als Speisekammer der Einwohner von Bex.
Dass diese Bellerins heissen, musste ich zuerst lernen.
da braut sich ein Gewitter zusammen
über den Rebbergen der Bellerins,
und der Pèlerin von Blumenwanderer zieht sich zurück




der Schluss gehört aber ganz dem Star des Bärglis!