Donnerstag, 30. Mai 2024

die Chassagne....

liegt oberhalb des Neuenburgersees auf dem Gebiet der Gemeinden Onnens und Bonvillars. Parallel zum Hang verlaufende Kalkfelsen verhindern die Bildung einer dicken Humusschicht, und die regelmässige Beweidung mit Schafen hat von alters her eine Mosaik verschiedener Lebensräume geschaffen, wo sich Vögel, Insekten wie auch Reptilien wohl fühlen.

Wie immer hat sich der Blumenwanderer jedoch auf die Flora beschränkt. Auf den gleichmässig ansteigenden Bergflanken hat sich nach der letzten Eiszeit nur eine geringe, nährstoffarme Humusschicht bilden können. An vielen Stellen liegt der Kalkuntergrund offen an der Oberfläche und ist vom Niederschlagswasser ausgewaschen. Auf dem teilweise wasserdurchlässigen, gegen Südosten ausgerichteten Hang des Kalkgebirges herrscht ein sehr trockenes, mediterranes Klima, weshalb sich auf der Chassagne eine seltene Lebensgemeinschaft von trockenheitsliebenden Pflanzen herausbildete.

Die Chassagne ist geprägt von Trockenrasen, Sträuchern, kleinen Gebüschgruppen und einzeln stehenden Eichen. An das offene Gebiet grenzen trockene Hangmischwälder. Im Gebiet sind die Traubeneiche und die Flaumeiche vertreten. Vom vorromanischen Namen des Eichenwaldes – cassania – ist denn auch der Flurname Chassagne abgeleitet. Hier die Aufnahmen, die der Blumenwanderer anlässlich eines Pfingstausfluges ins Gebiet machte.


Blick auf den Neuenburgersee vom Hang der Chassagne aus


direkt unter der dünnen Humusschicht
kommt der Kalkfels hervor

hier überleben nur wenige angepasste Spezialisten
wie der Gelbe Günsel (Ajuga chamaepitys)...

oder die seltene Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua).

hier der in Mitteleuropa sehr selten vorkommende
Rauhe Klee (Trifolium scabrum), der zu denjenigen
Kleearten zählt, die am meisten Trockenheit vertragen

Gemeine Kugelblume
(Globularia bisnagarica)


überall zu sehen ist auch dieses Sträuchlein:
Niederliegendes Heideröschen (Fumana procumbens),
das seine gelben Blütenblättchen leider
spätestens am Mittag fallen lässt.



Flügel-Ginster (Genista sagittalis)

Trauben-Gamander (Teucrium botrys)





im Vordergrund der karge Boden des Hangs über Onnens,
wo ansonsten das Kulturland dominiert

daneben gibt es aber auch grünere Bereiche:
das Mosaik aus Wald, Gebüsch und Weide ist ein idealer Lebensraum
für viele Pflanze und Tiere: Jede Art nutzt eine besondere Nische dieses Ökosystems


Genfer Günsel (Ajuga genevensis)

da und dort sind auch alte Steinbrüche zu sehen,
die wohl gebraucht wurden zum Mergeln
der Weinberge unterhalb davon





ein Juwel der Gegend ist die hier 
zahlreich vorkommende...
Hummel-Ragwurz (Ophrys fuciflora),
hier noch mit den Tautropfen
des frühen Morgens



stellenweise traue ich meinen Augen nicht,
wie häufig diese Art hier auftritt



dazwischen ab und zu auch 
ein weiterer Vertreter der Ragwurzen
die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera)



das nach Honig duftende
Immenblatt (Melittis melissophyllum)
hier ausnahmsweise ein Vertreter der hiesigen Fauna,
der einzige, der bei meinem Annäherungversuch
still hielt: ein Nagelfleck (Aglia tau). Der Umstand
erklärt sich einfach dadurch, dass er am frühen
Morgen noch nicht auf Betriebstemperatur war.

Gelbfrüchtiger Kälberkropf (Chaerophyllum aureum)
Goldregen (Laburnum anagyroides)

hier stellt sich grad die Frage, wer wen würgt:
der mysteriöse, dunkelviolette ...

Dingel (Limodorum abortivum)
blüht leider noch nicht.


weniger unheimlich muten
die hier an, ....
um die man beim besten Willen
nicht herumkommt.



überall und zahlreich zu sehen ist jetzt auch
die Puppenorchis (Aceras anthropophorum)




dazwischen auch
das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris)...

das oftmals mit der Puppenorchis...
hybridisiert (Orchis anthropophora x O. militaris).


die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)
steht indessen noch in den Knospen


dazwischen zeigen die ersten Blüten
des Holunders an, dass es schon bald Sommer wird




Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha)

ganze Polster von Rot-Seifenkraut
(Saponaria ocymoides)




und immer wieder...
dieses Wunder.

die sehr hübschen, bunten Blüten sind in der
Färbung und besonders in der Zeichnung variabel.
hier sind die Sepalen fast weiss

wichtigster Bestäuber der Art ist die Bienenart
 Eucera longicornis, deren Sexuallockstoff
(Insektenpheromone)....
 
die Blüte nachahmt, die außerdem auch einige
optische und taktile Schlüsselreize kopiert.


hier ist sie inmitten einer weiteren Spezialität des Gebiets zu sehen
dem nördlich der Alpen sehr seltenen Walliser Schillergras (Koeleria cf. vallesiana)

die Gewitterwolken ziehen sich im Verlauf des Nachmittags immer mehr zusammen,
und so sage ich diesem vielfältigen Paradies Adieu!









Dienstag, 21. Mai 2024

die Reichtümer der Natur im Wallis....

heisst eine Buchserie, die der Blumenwanderer vor Jahren mit Begeisterung las. Sie wurde vom Umweltdepartement des Kantons Wallis herausgegeben und behandelt verschiedene Gebiete dieses Schweizer Kantons. Der erste Band wurde von Raymond Delarze verfasst und handelt vom Gebiet Les Follatères. Im Vorwort steht: "Dies ist kein Zufall, denn diese eindrückliche Landschaft am Rhoneknie, im Berührungsbereich von lemanischem und kontinentalem Klima, ist ein echtes Naturparadies, wo sonst seltene Tier-und Pflanzenarten zahlreich anzutreffen sind."

In unzähligen Besuchen lernte der Blumenwanderer das Gebiet oberhalb des Dorfes Branson kennen und schätzen. Weil es seit längerer Zeit nicht mehr bewirtschaftet wird und es grosse Trockenmagerwiesen gibt, existiert eine Lebensfülle, die ihresgleichen sucht. Punkto Pflanzen gibt es hier auch Arten, die sonst nirgendwo in der Schweiz vorkommen.

Die folgenden Bilder entstanden während der letzten drei Ausflüge in diesem Frühjahr und werden in chronologischer Folge gezeigt. Sie entführen an einen Ort, wo man glückliche Stunden verbringen kann, im Halbschatten der Flaumeichen, beim Wohlgeruch des Ysops, dem Entdecken einer Gottesanbeterin und nicht zuletzt der bunten Vielfalt von immer neuen heliophilen Pflanzen und Insekten der Südflanke.



nicht nur in Charrat, sondern auch
in den Follatères erblüht jedes Frühjahr
der Frühlings-Adonis (Adonis vernalis)
auch die Berg-Anemone (Pulsatilla montana)
 ist hier jedes Jahr ein Pilgerziel von Botanikern



die Orchideen erblühen diesen Frühling besonders schön:
hier das grosse Kleine Knabenkraut (Orchis morio)



Österreicher Schwarzwurzel
(Scorzonera austriaca)

taugt zugegeben nicht zum Muttertags-Strauss!
Hat mich aber dennoch gefreut, die Art hier
erstmals zu sehen: Hunds-Kerbel (Anthriscus caucalis)



die Thymian-Sommerwurz (Orobanche alba)
ist ein Vollschmarotzer


Acker-Hornkraut (Cerastium arvense)





überall sehe ich heuer die hiesige Wildform der Kulturerbse:
Fully-Erbse (Pisum sativum ssp. biflorum)



Blut-Storchschnabel (Geranium sanguineum)

Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana)


auch die ersten Jupiter-Lichtnelken (Silene flos-jovis)
blühen schon auf





dass die Nickende Distel (Carduus nutans) auch ganz anders
kann, zeigt die Aufnahme links mit einer sog. Fasziation





auch erste Wanzen-Knabenkräuter (Orchis coriophora)
 sind schon da, oben kaum grösser als Orchis morio



besonders zahlreich und stattlich sind heuer ...
die Brand-Knabenkräuter (Orchis ustulata).

geheimnisvoll leuchtet hier...
das Stattliche Knabenkraut (Orchis mascula)
aus dem Waldesdunkel.

gleichzeitig erblühen auch die ersten...
Spitzorchen (Anacamptis pyramidalis)
am Wegesrand.


aber immer sind da und dort noch schöne Büschel
des Kleinen Knabenkrautes (Orchis morio)
zu sehen



durch die Unterstellung unter den Naturschutz konnte das Gebiet der Wiederaufforstung
durch Lärchen oder Fichten entgehen, wie dies "beim Ban de Branson"
inmitten des Eichenwaldes der Fall war

Dingel (Limodorum abortivum)


immer aufs Neue überraschen....
die kräftigen Stängel der Puppenorchis
(Aceras anthropophorum)







auch Reptilien fühlen sich hier wohl:
Mauereidechse und Blindschleiche


eine grosse Rarität ist
der Schlupfsame (Crupina vulgaris)
häufiger ist dagegen der Genfer Günsel
(Ajuga genevensis)


ein typisch mediterranes Florenelement,
das in der Schweiz nur hier vorkommt, ist...
das Weidenblatt-Sonnenröschen
(Helianthemum salicifolium), das schon
gegen Mittag seine Blütenblätter verliert.


auch gibt es hier einen Standort des im Wallis sehr seltenen
Nacktfarns (Anogramma leptophylla), der ansonsten
subtropisches Klima bevorzugt


eine Exklusivität hier sind mehrere
Vorkommnisse der...
Armblütigen Segge (Carex depauperata).



auch sie kommt in der Schweiz nur hier
vor und gilt als stark gefährdet



Hecken-Kälberkropf (Chaerophyllum temulum)

Tiere, die den Kälberkropf fressen, erleiden Lähmungen – sie taumeln, daher auch sein älterer Name
Taumel-Kälberkropf


Schwarze Platterbse (Lathyrus niger)

das Artepitheton niger leitet sich davon ab, dass
die Laubblätter beim Trocknen schwarz werden


Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum)
Blauer Steinsame (Buglossoides purpurocaerulea)



der schöne Hügel-Klee (Trifolium alpestre)




diskret, aber sehr schön:
Sanikel (Sanicula europaea)
eine Pracht, von der eine Foto nur wenig vermittelt:
der Blaue Lattich (Lactuca perennis)

freut mich immer, wenn ich sie sehe:
die Ährige Glockenblume (Campanula spicata)



flächig blüht jetzt gerade ein ortstypischer Doldenblütler auf:
der Breitsame (Orlaya grandiflora)

die Follatères mit ihrem vielfältigen Flaumeichen-Wäldern und
dem submediterranen Klima bereiten mir immer entspannte, unvergessliche Tage