Dienstag, 1. September 2020

von Schlupfsamen, Kuhnelken und Kugeldisteln

Reichtum, Vielfalt und Originalität der Walliser Flora sind Erscheinungen, welche den Rahmen ihrer wissenschaftlichen Bedeutung bei weitem sprengen. In der Tat, wer sich ins Wallis begibt wird gewahr, dass ihm etwas Andersartiges, Einmaliges, ja eine neue Dimension entgegentritt.

Der Blumenwanderer ist heuer schon zehnmal im Wallis gewesen, und jedes Mal war er aufs Neue erstaunt über noch nie gesehene Arten und Lebenräume. An einem herbstlichen Regentag zurückzuschauen auf ein solches Walliser Frühlingserlebnis, ist ein besonderes Vergnügen. Hier das Ergebnis einer solchen Retrospektive auf einen Streifzug rund um den Weiler Tassonières (Fully)
am 17. Mai 2020.



Fully im Unterwallis: immer wieder fasziniert der Blick
in den Talgrund über die omnipräsenten Rebberge hinweg


der vielgestaltige Ort bietet aber
auch solch steile Trockenwiesen,
wo nie Reben gepflanzt werden konnten

hier mit der Breitschuppigen Nickenden Distel
(Carduus nutans ssp. platylepis)


doch was sind hier für...

feine Strohsterne zu sehen?





und hier haftet noch ein merkwürdiges schwarzes Ding
an einem solchen Stern

und da eine Blüte so zart


es ist tatsächlich der Schlupfsame
(Crupina vulgaris)!

die gefährdete Art kommt in der Schweiz
nur im Innerwallis vor


der Korbblütler hat dunkelbraune Früchten
 mit schwarzem Pappus
Crupina vulgaris ist ein Vertreter des mediterranen Florenelements.
Der nur an den allerwärmsten und trockensten Stellen des
 Mitteleuropäischen Florengebietes auftretende Therophyt ist in
seiner Heimat ein häufiges Glied der Garigue und unbesiedelter Hänge,
 auf denen er als Besiedelungspionier eine allerdings nicht
bedeutende Rolle spielt und beim Eintritt in die sommerliche
Trockenzeit bereits seinen Lebenszyklus abschliesst (Hegi, VI,2 p. 931)



ein Hang voller Astloser Graslilien (Anthericum liliago)




die Trockenwiesen sind hier sehr artenreich:
Grossblütiger Breitsame (Orlaya grandiflora)




nach der Blüte schliesst sich der Bocksbart
(Tragopogon dubius), um sich am Ende
wieder zu einer grandiosen Kugel zu öffnen



Stein-Nelke (Dianthus sylvestris)





neben den Schlupfsamen (hier in allen drei Stadien)...

findet man noch grad eine letzte Blüte
des Dingels (Limodorum abortivum)




hier entfaltet sich die ganze Pracht der Felsensteppe:
Kugelköpfiger Lauch (Allium sphaerocephalon)

die Gemeine Kugelblume (Globularia bisnagarica)
ist bereits abgeblüht




der Schriftfarn (Ceterach officinarum) gehört zu den poikilohydren 
Pflanzen (Wechselfeuchte Pflanzen, sog. „Auferstehungspflanzen“). 
Nach längerer Trockenheit sehen die Pflanzen eingerollt 
und vertrocknet aus; sobald es feucht wird, ergrünen sie.

hier wird auf einen Blick deutlich, weshalb dies
eine Spitzorchis (Anacampis pyramidalis) ist



was wächst denn aus dieser Nickenden Distel empor?



es ist der Distel-Würger (Orobanche reticulata)


auch hier quasi ein Walliser Urgestein,
das ich zum ersten Mal sehe

die Rundköpfige Distel (Echinops sphaerocephalus).
In der Schweiz ist die Art nur heimisch im Wallis
und Tessin, sonst wohl verschleppt oder verwildert


hier lässt es sich gut zu Mittag essen!




der Kardinal (Argynnis pandora) weiss, wo es etwas zu holen gibt!
Die bei uns selten anzutreffende mediterrane Art
dürfte aus Südeuropa zugewandert sein.




zuerst werde ich nicht klug, was dies sein soll.
Doch darf das wahr sein?

es ist die seltene Kuhnelke (Vaccaria hispanica)!
Das ursprüngliche Verbreitungszentrum der Kuhnelke 
befindet sich im Mittelmeergebiet und in Vorderasien. 
Die Kuhnelke ist mit Saatgut weltweit verschleppt worden.


so gross kann
der Ohnsporn (Aceras anthropophorum) werden

auch Gelbe Schafgarben (Achillea tomentosa)
gibt es hier



immer wieder ein Augenschmaus ist....
die Aehrige Glockenblume (Campanula spicata).

die zweijährige Art gedeiht auf trockenen und steinigen Böden




die Feld-Seide (Cuscuta campestris) ist eine Pflanzenart 
aus der Familie der Windengewächse (Convolvulaceae). 
Die parasitäre Pflanzenart ist in der Neuen Welt weitverbreitet....

 und wird oft mit Blühmischungen eingeschleppt.




zwei typische Walliser sind links
das längst verblühte Blasenschötchen (Alyssoides utriculata)
und der Blasenstrauch (Colutea arborescens)



Krummhals (Anchusa arvensis)

Gelber Günsel (Ajuga chamaepitys)


Blutroter Storchschnabel (Geranium sanguineum)
hier durchwachsen von der zauberhaften
Esparsetten-Wicke (Vicia onobrychioides) 


zum Schluss war mir nochmal vergönnt,
die Wilde Erbse (Pisum sativum ssp. biflorum ) anzutreffen!
Sie ist im Unterwallis in der forma fulliacense Gams eingebürgert.







2 Kommentare:

  1. Lieber Kilian
    Mir geht es ebenso wie dir mit dem Wallis, da wird man einfach nie enttäuscht! Danke für den schönen und farbenfrohen Beitrag! Eine kleine Bemerkung zu deinem abgebildeten Falter: Tatsächlich handelt es sich dabei um Argynnis pandora, den Kardinal! Ebenfalls eine Spezialität welche sich erst seit wenigen Jahren erfolgreich im Wallis fortpflanzt und ausbreitet. Man erkennt ihn gut an den fast roten Vorderflügelunterseiten (beim Kaisermantel orange). Tolle Beobachtung! :-)
    Liebe Grüsse, Nico

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    1. Hallo Nico,
      besten Dank für deine spannende Info! Als Laie in Sachen Schmetterlinge bin ich manchmal leider etwas sorglos im Bestimmen.
      Liebe Gruess Kilian.

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