Sonntag, 22. März 2020

Blumen im Licht

Fast zwei Monate ist es her, dass die typische Walliser Spezialität der Lichtblume (Bulbocodium vernum) unten bei Fully zu erblühen begann; jetzt kann man sie auch oberhalb von Ausserberg bewundern. Die südexponierte Ortschaft selber ist auf 1000 m gelegen, die Lichtblumen findet man aber erst ab ca. 1500 m bis fast 2000 m, zum Beispiel beim Weiler Leiggern.
Obwohl bis Ende März in diesen hochgelegenen Gebieten noch Schnee liegen kann, stossen die Lichtblumen an jeder schneefreien Stelle aus dem Boden. Hier bildet der vom Schmelzwasser getränkte Boden eine ideale Lebensbedingung für die Pflanze.

Dem Wahnsinn den Rücken kehrend stieg der Blumenwanderer auf einsamen Pfaden dem Lichte entgegen bis zur Schneegrenze weit über der Südrampe. Dass sich die Anstrengung sowohl landschaftlich als auch floristisch gelohnt hat, möchten die folgenden Aufnahmen zeigen:




was blüht denn da so zart rosa im Schotter eines Bahnhofs?




es ist ein mir bisher unbekannter Kreuzblütler:
die Zarte Gliederschote (Chorispora tenella)

ein bissele was von einer Walliser Levkoje
hat sie schon!



diese Art ist nicht wirklich einheimisch, ist aber bereits in Einbürgerung begriffen.
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Zarten Gliederschote
umfasst den Raum von Osteuropa bis China.
Man mutmasst, dass die schöne Adventivpflanze durch
Rasensaat oder Hühnerfutter zu uns gelangt sein könnte.




wuchert am selben Ort ruderal vor sich hin:
Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites)

Einjähriges Bingelkraut (Mercurialis annua)
mit dem typisch verzweigten Habitus

schön erblühte Berg-Anemonen (Pulsatilla montana)...

in individuenreichem Bestand....

auf einer Wiese im Talgrund.





ist das Gewusel der Pelzdinger im noch dürren Grase nicht einfach bezaubernd?

kurz nach Beginn des Aufstiegs gesehen:
massenhaft Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis) ...

und Schotenkresse (Arabidopsis thaliana).



Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana)

Fingerkraut (Potentilla pusilla cf.)


Leberblüemli (Hepatica nobilis)

an dieser Suone finden sich
nur weisse Vorwitzchen



tierische Vorwitzchen



Walliser Bau-Kunst


hier haben Mäuse keine Chance

Walliser Frömmigkeit


die Ueberreste einer Lawine....

schmelzen vor sich hin.






das Strässchen ist teilweise von Schnee und Schutt bedeckt



Walliser Strassen-Kunst
Natur-Kunst: Salweide (Salix caprea)





Blick zurück auf Leiggern mit der barocken Muttergottes-Kapelle ganz links
und der Stadt Visp rechts





der Sefistrauch (Juniperus sabina) hüllt mich
zeitweise in seinen würzigen Duft

der bestandesbildende Charakter-Baum hier oben ist
die Lärche (Larix decidua)


gespannt steige ich die Lawinenverbauungen hoch

blühen die Lichtblumen wohl schon?

beim Trosibodu habe ich Schneekontakt ....

und gerade da blühen die Lichtblumen am Schönsten!


hier oben öffnen sich die Berganemonen erst


dasselbe ist von dieser Lichtblume zu sagen




was für ein Glück:
ich habe die Vollblüte der Lichtblumen erwischt!





zu Hunderten und Tausenden stossen die Lichtblumen durch
den mit Lärchennadeln bedeckten Boden! Wie bei den meisten Frühlingsgeophyten
sind individuenreiche Bestände für einen wirkungsvollen Auftritt auch bei der Lichtblume unabdingbar


auch die ersten Krokusse (Crocus albiflorus)
zeigen sich. Sie sind indes nicht näher
mit den Lichtblumen verwandt!


die Hochblüte der Lichtblumen ist von Jahr zu Jahr
verschieden und lässt sich nicht genau voraussagen




hier oben wird mir klar,
 weshalb die Lichtblumen so heissen!

sie lieben nicht nur das Licht, sondern scheinen auch
selber Licht abzugeben in den braunen Matten

im warmen Abendlicht mit den langen Schatten sehen die Lichtblumen besonders toll aus


auf diesem Bänkli lässt der Blumenwanderer den schönen Tag ausklingen





Mittwoch, 26. Februar 2020

Early Star-of-Bethlehem and Jersey Fern

Soweit die klangvollen englischen Namen der beiden Stars dieses Beitrages. Doch weder nach Bethlehem noch auf die Kanalinsel Jersey braucht zu verreisen, wer diese beiden Spezialitäten  besichtigen will. Sie kommen zum Glück auch in der Schweiz vor, z.B oberhalb von Naters im Oberwallis und heissen auf Deutsch Felsen-Gelbstern und Nacktfarn!
Tatsächlich treibt das echte Liliengewächs auch an wenigen Stellen in Israel (auf dem Golan bzw. am Hermon) seine gelben Blüten, und auf Jersey findet sich das nördlichste Vorkommen des Nacktfarns. In der Schweiz sind beide Arten aber nur selten und sehr früh im Jahr in deren südlichem Teil anzutreffen, dazu ein Cortège von weiteren Frühaufstehern unter den Blumen.



soviele schöne Blumen, und das schon Ende Februar:
bald schon findet man sich im ultimativen Leberblüemli-Eldorado!





die Vorwitzchen waren die heimlichen Stars dieser Wanderung!

Hepatica nobilis


an trockenen Felsenhängen kommt typischerweise der Sefistrauch (Juniperus sabina) vor,
als eines unserer drei einheimischen Zypressengewächse


bereits blühen seine männlichen Exemplare, ....

was man daran erkennt, dass sie bei Berührung stäuben.


dieses Jahr ist der Bethlehem-Stern wirklich früh dran: er blüht schon Ende Februar,
und das auf ca. 1000 Metern, hier auf einer Schafweide



die Gelbsterne sitzen den ganzen Winter über in den Startlöchern, 
um dann nach wenigen richtig warmen Tagen schon zu blühen.
Auch die weissen Pünktchen sind Blumen:
Lenzblümchen (Erophila verna)!

Anfang April werden schon die Samen ausgestreut,
 die Gelbsterne ziehen ein und Mitte April 
ist nichts mehr davon zu sehen





fleissig naschen die Schmetterlinge an den Gelbsternen:
Kleiner Fuchs (Aglais urticae)






mal keine Gelbsterne, sondern knospende
Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)






Blick auf Brig mit dem Glishorn






eine weitere Art der Gelbsterne ist der
Acker-Gelbstern (Gagea villosa)...

mit feinflaumig behaartem Stängel.





was wächst denn hier an diesem geschützten Plätzli im Halbdunkel?

Zugegeben, das ist eher etwas für Spezialisten: der unscheinbare
Dünnblättrige Nacktfarn (Anogramma leptophylla) treibt hier so früh im Jahr gerade aus.
Aus dem Mittelmeergebiet nach Norden in die südlichen Alpentäler ausstrahlend
findet er sich da und dort sehr zerstreut auch im Wallis.


aus dieser Felsspalte sah ich vorerst nur seine dürren
vorjährigen Wedelchen herausragen

und da entrollt zusätzlich der ebenfalls
silikatliebende Nordische Streifenfarn
(Asplenium septentrionale) seine Wedel

der Nacktfarn ist ein einjähriger, sehr zarter und kälteempfindlicher Frühlingsfarn. Er wächst gesellig an geschützten,
etwas überwölbten Stellen, wo das Pflänzchen durch das Mikroklima vor Frost bewahrt ist.


unterschiedlichere Gesellen könnten Gelbstern und
Nacktfarn nicht sein, denn während der eine
exponierte, trocken-heisse Felssimse bevorzugt, ...


liebt der andere kleine Grotten und Spalten
mit einem geschützten, feuchten Mikroklima.




erstaunlich häufig sind im Wallis
weisse Leberblüemli zu beobachten




hier sind auf einem Fleck alle drei
vorkommenden Farb-Varianten vertreten

am seltensten sind rosa Leberblümchen!






wenn man ganz genau hinschaut,
sieht man auch hier Blumen aus dem Laub stossen

die wie Händchen aussehenden
Tragblätter verraten die Art:
Finger-Lerchensporn (Corydalis solida)


schon lange ist niemand mehr durch die Tür dieses Stadels gegangen

ein Maiwurm (Meloe proscarabaeus) im Februar





Schwarzstieliger Streifenfarn (Asplenium adiantum-nigrum)


eine Pflanze mit Leopard-Blättern und Pelzchen:
Natterkopf (Echium vulgare)




da ist selbst der Blumenwanderer ratlos:
Jupiter-Lichtnelke oder Trionfettis Flockenblume?

Dickblättriger Mauerpfeffer (Sedum dasyphyllum)

in den Felsen findet sich auch dies: Kruzifix

und das: Flechten


zu den Frühaufstehern gehört auch das winzige
Vielstängelige Schaumkraut (Cardamine hirsuta)




auf dieser Felskante wächst es im Hintergrund.
Davor Filzkraut-Rosettchen (Filago sp.)

ein erstes Berg-Anemönchen (Pulsatilla montana)
im Pelzmänteli lugt aus dem dürren Grase


schiesslich kommt das Ziel der Wanderung in Sicht

die Kapelle der armen Seelen im Trämel (erbaut 1902)
mit ihrem bemerkenswerten Altarbild