Donnerstag, 30. Oktober 2025

The shoulders we stand on

Viele Dinge sehen wir heute als selbstverständlich an, obschon sie das ganz und gar nicht sind, sondern Ergebnis eines langen Erkenntnis-und Entwicklungsprozesses. So zum Beispiel, dass sich das Problem des Bösen nicht dadurch lösen lässt, dass man Hexen verbrennt oder dass Drachen und Werwölfe doch eher ins Reich der Märchen gehören. Oder bezogen auf die Natur: dass die Erde keine Scheibe ist und sich um die Sonne dreht oder eben dass sich alles Lebendige ganz passabel in eine binäre Nomenklatur einteilen lässt. Auf solche Dinge muss man aber zuerst mal kommen, und es brauchte Jahrtausende und Jahrhunderte, bis das abschliessend geklärt war. Hier wie auch bei unzähligen Annehmlichkeiten des Alltags stehen wir "auf den Schultern unserer Vorfahren", meist ohne es zu wissen.

Der Blumenwanderer hat in der Schweiz mehr Arten und Lebensräume gesehen als jeder Botaniker früherer Zeiten! Dennoch ist er sich bewusst, ein Zwerg zu sein, einer zwar, der mehr und weiter sieht als das bei Zwergen sonst üblich ist, aber nur weil er sozusagen auf den Schultern von Riesen steht. Sei es dass er in alten Berichten Fundangaben von besonderen Arten fand, Tipps von Kollegen erhielt, sei es, dass er für Recherche, Fortbewegung, Fotografie und Verarbeitung technische Hilfsmittel benutzt, von denen unzählige Generationen vor ihm höchstens träumen konnten.

Dieser Sachverhalt war nachdenklichen Menschen immer schon bewusst, so z.B. Bernhard von Chartres, der sagte, wir seien gleichsam Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen, um mehr und Entfernteres als diese sehen zu können – freilich nicht dank eigener scharfer Sehkraft oder Körpergröße, sondern weil die Größe der Riesen uns emporhebt.
Vor diesem Hintergrund ist auch der folgende Bilderreigen zu sehen, der in chronologischer Reihenfolge Fotos von diesem Jahr bringt, die in den heurigen Beiträgen noch nicht gezeigt wurden.


diese beiden Arten möchte ich immer schon im Februar
finden. Heuer ist es mir wieder geglückt:
links Leberblüemli (Hepatica nobilis) 
und oben Bärlauch (Allium ursinum).


auch das ein Februarkind:
die Lichtblume (Bulbocodium vernum)
und noch ein wenig klamme Acker-Ringelblumen
(Calendula arvensis) im Wallis


sie sind für mich die ultimativen Frühlingsboten:
Geisseglöggli (Anemone nemorosa)
unweit meines Wohnortes.


gewusst wo: Knospen des
Helmknabenkrauts (Orchis militaris)


die Zytröseli (Tussilago farfara)
 waren einfacher zu finden



in der Wohnumgebung des Blumenwanderers
nicht selten: die Kleine Traubenhyazinthe
(Muscari botryoides)

auch er eine Augenweide:
Hohler Lerchensporn (Corydalis cava)





unweit von des Blumenwanderers Wohnort gibt es eine Alp
voller Krokusse (Crocus albiflorus)
derweil im Wallis das Duftende Veilchen blüht
(Viola suavis)

Weisse Nieswurz (Petasites albus)



im Bernbiet aber fand sich diese Spezialität:
das Wunder-Veilchen (Viola mirabilis),
mit kleistogamen Blüten
auf dieser Bank zu Füssen einer uralten Sommerlinde (Tilia platyphyllos)
blieb ich grad eine Weile sitzen. Sie hat einen Stammumfang von ca. 6 Metern!

eine monumentale Eiche, die ich bisher noch nicht kannte,
obwohl ich in der betreffenden Gemeinde aufgewachsen bin!

weiter im Frühjahr kündigen sich
die Orchideen an: Schwertblättriges
Waldvögeli (Cephalanthera damasonium)


überraschenderweise an einem Bahndamm gesehen:
ein Massenvorkommen des Mauer-Felsenblümchens
(Draba muralis)




und jetzt ist der Frühling voll da im 
Berner Oberland: Stattliches
Knabenkraut (Orchis mascula)

Kleines Knabenkraut (Orchis morio)
vor dem Niesen


ungewöhnlich am Thunersee:
Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea)...
und Hummel-Ragwurz (Ophrys fuciflora).

jetzt blüht sie: Helmknabenkraut
(Orchis militaris)
Affen-Knabenkraut (Orchis simia)


unschwer zu erraten, wo der Breitsame (Orlaya grandiflora)
ganze Hänge weiss erstrahlen lässt

auch hier viele Orchideen, wie
der Ohnsporn (Aceras anthropophorum)....
und Brandknabenkraut (Orchis ustulata).



zurück im Berner Oberland mache ich so manche
idyllischen Spaziergänge, hier oberhalb von Oberdiessbach


und finde auch ein paar Frauenschuhe
(Cypripedium calceolus)




erstmals in dieser Menge darf ich an der Aare
eine hiesige Spezialität finden:
es ist das Zimmetröseli (Rosa majalis),
von dem es hier noch namhafte Bestände gibt.


etwas mehr Anstrengung erforderte diese Spezialität des Berner Oberlandes:
der Niederliegende Tragant (Astragalus depressus) in Vollblüte ob Boltigen!


im Wallis unweit von Siders findet man so manches
Sträuchlein des Alpen-Seidelbasts (Daphne alpina)
und erstaunlich viel Dingel (Limodorum abortivum)


dort auch zahlreiche Fliegenragwurze (Ophrys insectifera)
und solche Büsche der nur dort vorkommenden
Kleinen Kronwicke (Coronilla minima)


einen Abstecher auf einen Golfplatz
in Thun brachte mir diesen Seltling ein:
Bitterer Bauernsenf (Iberis amara)



unweit meines Wohnortes fand ich erfreulicherweise
mehrere Nadelkissen der Borstigen Moorbinse (Isolepis setacea),
obgleich dort weit und breit kein Moor war



etwas schräg dieser Fund am Thunerseee auf Tuff:
Frauenhaar (Adiantum capillus-veneris) und Pinguicula hirtiflora,
ein sonst in Südeuropa vorkommendes Fettkraut.

in der Nähe erfreute mich dieser Massenbestand
vom Tausengüldenkraut (Centaurium erythraea)

die Einorchis (Herminium monorchis)
in Sigriswil...
und gleich daneben erste Blüten
des Moorenzians (Swertia perennis).

ein ganz besonderer Fund im Berner Oberland
ist immer diese seltene Art
es sind Kragenblumen (Carpesium cernuum),
hier an und auf einem Waldweg!



eine Highlight im Simmental ist für mich immer
die Grossblütige Bergminze (Calamintha grandiflora)
mit ihrem "aarigen" Duft


gleich daneben 
das Alpen-Hexenkraut (Circaea alpina)...
und eine Raupe des Braunwurz-Mönchs,
 (Shargacucullia scrophulariae), die sich
an der Futterpflanze gütlich tut.

hier brauchte ich eine Weile,
bis ich die Situation begriff
denn dies Heupferd frisst nicht ein Beutetier,
sondern hat sich gerade gehäutet!

aussergewöhnlicher Fund der Behaarten Karde (Dipsacus pilosus)
an einem Bahndamm. Sonst bevorzugt die Art eher halbschattige Orte.

zuerst sah ich nur die Blüte dieser 
Knolligen Platterbse (Lathyrus tuberosus),
dann aber oho......


habe ich auch schon als Zierpflanze im Gartenhandel
gesehen, hier aber wächst sie so, wie ich das liebe:
Weisses Schnabelried (Rhynchospora alba).



ganz in der Nähe an einer kleinen Schlenke
entdeckt: die Schlamm-Segge (Carex limosa)...
und ein Sechsfleck-Widderchen 
auf einer Kohldistel (Cirsium oleraceum)

auch ruderaliter ist der Blumenwanderer
gern unterwegs, hier mit 
der Nickenden Wolfsmilch (Euphorbia nutans)
und dem Schmalblättrigen Hohlzahn
(Galeopsis angustifolia).

Rosmarin-Weidenröschen (Epilobium dodonaei)


Hingestreckte Wolfsmilch (Euphorbia prostrata)




immer im beginnenden Herbst mache ich
mich auf die Suche nach dieser Wiesenorchidee
jedes Jahr ein neues Vorkommnis finden ist die Devise: Herbst-Wendelähre (Spiranthes spiralis)

Teufelsabbiss (Succisa pratensis)
monumentale Douglasie (Pseudotsuga menziesii)

Massenvorkommen der Behaarten Karde (Dipsacus pilosus)

wenn man im Herbst zu Berge geht, kann man mit der Auflösung
des Nebels rechnen, hier in der Klus Boltigen


am Wegrand gefunden: links völlig verdorrt
die Schweizer Lotwurz (Onosma helvetica)
und oben das Raugras (Achnatherum calamagrostis)


im Wallis erfreute mich ein herbstlicher Spaziergang durch
die Perückensträucher (Cotins coggygria) zur Römerbrücke hinauf














Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen