Montag, 26. Mai 2025

Heureka...

soll Archimedes von Syrakus laut rufend und unbekleidet durch die Stadt gelaufen sein, nachdem er in der Badewanne das nach ihm benannte Archimedische Prinzip entdeckt hatte. Dem Blumenwanderer kam die merkwürdige Episode in den Sinn, als er viel weniger spektakulär zwar, aber doch hocherfreut endlich mal den Diptam am Rhoneknie gefunden hatte. Auch da entglitt ihm ein leises Heureka!

Wieder einmal und wenig überraschend war die Gegend von Fully Schauplatz des Geschehens. Hier entdeckt der botanisch interessierte Wanderer immer wieder Neues, zwar meist wenig Spektakuläres, aber doch mit einer Garantie für Arten-Highlights, und wer Freude an den kleinen Dingen im Leben haben kann, wird beglückt sein und nicht nur beim Diptam "Heureka" rufen.

Natürlich wird im folgenden Beitrag auch etwas die Schaulust befriedigt, denn die Wanderung von Fully den Hang hoch bis auf über 1000m ü.M. glich stellenweise einer Orchideenparade.


immer wieder geniesst man die Aussicht auf die Rhone-Talebene
und auf die Teppiche mit Breitsamen (Orlaya grandiflora)

dazwischen auch die Ochsenzunge
(Anchusa arvensis)


und immer wieder der Blaue Lattich (Lactuca perennis).



links steckt eine vorwitzige erste Spitzorchis
(Anacamptis pyramidalis) ihren Kopf aus dem Gebüsch,
während die Ackerröte (Sherardia arvensis) ganze Hänge bedeckt.

Genfer Günsel (Ajuga genevensis)
Thymianwürger (Orobanche alba)

Astlose Graslilie (Anthericum liliago)
Ohnsporn (Aceras anthropophorum)
eine weit verbreitete Orchideenart ist
hier auch die Brandorchis (Orchis ustulata)


etwas weniger verbreitet hingegen ist
der Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum)


mehrmals sehe ich den Kaisermantel (Argynnis paphia), 
den grössten Permuttfalter Mitteleuropas,
immer auf der hier verbreiteten Breitschuppigen
Nickenden Distel (Carduus nutans ssp. platylepis)



das hat mich besonders gefreut: ein mir bisher unbekanntes
Vorkommen des Schlupfsamens (Crupina vulgaris)


auch nicht ganz alltäglich ist
der schöne Hügel-Klee (Trifolium alpestre)
er erträgt keine Stickstoffdüngung und verschwindet
auf gedüngten Wiesen und hat in den letzten
Jahrzehnten viele Standorte verloren

der Echte Salbei (Salvia officinalis)
ist bei uns eigentlich nicht heimisch....
verwildert aber gerade im Wallis
oft aus der Kultur.


noch schräger ist diese Südländerin hier:
das Graue Heiligenkraut (Santolina chamaecyparissus),
ein immergrüner Zwergstrauch aus dem Mittelmeergebiet


hier hebt der Kenner die Augenbrauen: sollte das
nicht.....ja, es ist sie, die Verarmte Segge (Carex depauperata)!



da macht sich etwas nicht minder Exklusives
 ans Blühen
die Art aus der Familie der Fabaceen
bildet sog. ornamentale Nebenblätter aus

und zeigt einen nicht weniger 
ornamentalen Wuchs
es ist unzweifelhaft die Erbsen-Wicke
(Vicia pisiformis), eine der grossen
Raritäten hier

schon wieder ein ornamentales Nebenblatt
beinahe hätte ich sie nicht erkannt


aber es ist eindeutig eine weitere seltene Wicken-Art:
die Hecken-Wicke (Vicia dumetorum),
leider noch nicht blühend


schon drängt sich wieder Auffälligeres
ins Gesichtsfeld:
Breitsamen (Orlaya grandilfora) und...
Aufrechter Ziest (Stachys recta).




er hier ist von der diskreteren Sorte:
der Gelbe Günsel (Ajuga chamaepitys)




und hier zwei noch nicht blühende spezielle Glockenblumenarten:
zuerst die Ährige Glockenblume (Campanula spicata)




und da die Bologneser Glockenblume (Campanula bononiensis)
mit ihren lang gestielten Grundblättern


der Dingel (Limodorum abortivum)
ist schon am Abblühen


die schöne Fully-Erbse (Pisum biflorum) ist
die wilde Verwandte der kultivierten Erbse (Pisum sativum) 



das ist der aussergewöhnlichste Fundort
des Nacktfarns (Anogramma leptophylla) im Wallis,
den ich kenne: am oberen Rand eines Lochs
in einem steilen Mesobromion


aussergewöhnlich deshalb, weil die wenigen Fiederchen
gegen oben ungeschützt und somit voll dem Frost ausgesetzt sind





es steht zu vermuten, dass hier im Winter warme Luft ausströmt

die Kranzrade (Silene coronaria) beginnt
schon zu blühen. Sie gilt in der Schweiz
nur hier als einheimisch


nicht übersehen werden soll die eher unscheinbare
Schwarze Platterbse (Lathyrus niger)





Hohes Fingerkraut (Potentilla recta)

im Wald dagegen findet man den Sanikel (Sanicula europaea).
Er bildet – für Doldenblütengewächse untypisch – einen nicht
strikt doppeldoldigen, etwas unregelmäßiger Blütenstand.




hier eine weitere seltene Wickenart, die bei uns
nur im Wallis zu finden ist:
Esparsetten-Wicke (Vicia onobrychioides)




nun steige ich weiter auf und muss auch
eine Schlucht überqueren




auch in grösserer Höhe blühen Orchideen:
Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula)
Bleiches Knabenkraut (Orchis pallens)

obgleich sie weit verbreitet ist, sehe ich
die Dreinervige Nabelmiere  (Moehringia trivervia)
 eigentlich gar nicht so oft
das einzige in Europa beheimatete Yamswurzelgewächs:
die Schmerwurz (Tamus communis)


und schliesslich noch das: Heureka!


wahrscheinlich zu meinen Ehren...
hat der Diptam (Dictamnus albus)
 gerade die ersten Blüten geöffnet!