Freitag, 13. Juni 2025

Gniess dr Momänt

Nein, das Sigriswiler Rothorn war nicht des Blumenwanderers stotziges Ziel, er hielt schon viel früher inne und begnügte sich mit der Alp Underbärgli, denn er ist kein Sportler und Ehrgeiziger, muss es auch nicht sein, um die Pracht des Bergfrühlings zu begrüssen. Ein quasi exklusives Erlebnis im Frühling, denn: Die Skifahrer haben die Pisten mittlerweile verlassen und die meisten Berg-Wanderer haben ihre Schuhe noch nicht geschnürt.

Mit dem Wagen gelangt der Geniesser vom schön gelegenen Sigriswil bis zur Skiliftstation Wilerallmi auf 1200 m und erspart sich damit eine langweilige einstündige Wanderung über meistens asphaltierte Feldsträsschen. Von dort erreicht er bald einen Pfad, der durch den Bergwald nach oben führt. 

Zwar waren Flüeblüemli, Glockenenziane und Soldanellen grösstenteils schon verblüht, dafür präsentierten sich die Orchideen, die Alpenanemonen und Berghähnlein von der besten Seite. So lässt sich charmanterweise ein zweiter Frühling erleben zu einer Zeit, da im Unterland schon längst der Holunder blüht und die Hitze den Sommer ankündigt.


Alphütte auf der Wilerallmi
mit stolz präsentierten Treicheln
wie schön ist doch der Schlangen-Knöterich
(Polygonum bistorta), wenn er sich wie hier massenweise zeigt!

da hinauf gehe ich also

der Eisenhutblättrige Hahnenfuss (Ranunculus
aconitifolius) ist hier wirklich überall anzutreffen,
sei es an Waldstellen oder auf feuchten Wiesen


eine zarte Waldpflanze ist
die Rote Waldnelke (Silene dioica)



die Einbeere (Paris quadrifolia)
ist jetzt ebenso unscheinbar wie...


das Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis).
Alle beide fruchten sie jetzt.



man könnte meinen, dass da bald
die Kopfblume blüht, aber es ist
der Baldrian (Valeriana officinalis)



dieser Rundblättrige Steinbrech (Saxifraga rotundifolia)
fällt mir auf wegen seiner zahlreichen nickenden Knospen



ein Blickfang im Wald ist auch
die Berg-Flockenblume (Centaurea montana)


 so schön blüht es selbst im Wald





allmählich kommt man
in den Bereich der schroffen Flühe

entsprechend ändert sich die Florenzusammensetzung:
Augenwurz (Athamanta cretensis)





Felsen-Kugelschötchen (Kernera saxatilis)


Leberbalsam (Erinus alpinus)





hat man die Krete bei der Spitzen Fluh
mal passiert, ändert sich wiederum alles
Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula)



das Brandknabenkraut (Orchis ustulata)
ist erst gerade am Aufblühen




die Alpwiesen sind jetzt eine Augenweide:
Mücken-Händelwurz (Gymnadenie conopsea)




wie bewundere ich doch solch alte Fichten,
die der harschen Witterung hier oben 
seit Jahrhunderten trotzen!

auf dieser Ruhebank finde ich schliesslich das Motto,
das mir zum Leitspruch des Tages wird

von ihr aus sieht man gut den Güggisgrat, auf dem auch der Mast des Niederhorns steht.
Die Sicht auf die Schneeberge ist allerdings getrübt wegen des Rauchs von einem Waldbrand
in Kanada (wenn ich es nicht gehört hätte, wüsste ich den Grund auch nicht).

schon stehen auch die schönen Arnika
(Arnica montana) in Vollblüte




Kalk-Glocken-Enzian (Gentiana clusii)


Frühlings-Enzian (Gentiana verna)




vor allem an schattigen Stellen zu finden
 ist das Gelbe Berg-Veilchen (Viola biflora)



Alpen-Bergflachs (Thesium alpinum)




dieser hier ist eher ungewöhnlich für das Gebiet
nördlich des Thunersees: Milchweisser
Mannsschild (Androsace lactea) in den Knospen!


und wenn mich nicht alles täuscht, ist das
der Strahlensame (Silene pusilla cf.)
der Alpenhelm (Bartsia alpina)


im Bereich des Grates gibt es immer wieder
wildromantische Ausblicke
bald steige ich schon wieder ab,
aber auf einem anderen Weglein

 nochmals zeigt sich der Bergfrühling in seiner ganzen Pracht:
Blattreiches Läusekraut (Pedicularis foliosa)
auch eine Orchideen-Art:
die Grüne Hohlzunge (Coeloglossum viride)

was ist denn das?
diese Art ist neu für mich!

es ist die Gelbe Berg-Platterbse
(Lathyrus occidentalis)
ihre hellgelben Blüten verfärben sich 
später bräunlich


diese Wiese ist voll von diesem schönen Schmetterlingsblütler


immer wieder führt der Weg auch
durch den subalpinen Fichtenwald
letzte blühende Exemplare 
der Fingerblättrigen Zahnwurz 
(Cardamine pentaphyllos)


hier ist auch der Lebensraum von zwei
sehr unscheinbaren Wald-Orchideen:
Kleines Zweiblatt (Listera cordata)...
und Korallenwurz (Corallorhiza trifida),
letztere noch knospend.




Alpen-Anemone (Pulsatilla alpina)

hier ist das Berghähnlein (Anemone narcissiflora)
noch in den Knospen




weiter unten steht es zu meiner Freude in Vollblüte!



bald ist man wieder auf der Alp unten...
und geniesst die Abendstimmung.



immerhin beschert mir der Rauch aus Kanada
nun auch noch einen romantischen Sonnenuntergang.
Im Hintergrund erkennt man den Thunersee.


zum Abschied noch ein Blick zurück: ganz links der Vorgipfel des Sigriswiler Rothorns,
dann die Merra. Der Rest des Sigriswiler Grats trägt dann keine Namen mehr,
ausser die Spitzi Flue ganz rechts, wo ich aufgestiegen war.