Sonntag, 25. März 2018

Genfer Frühling

Der Genfer Stadtkanton präsentiert sich überraschend naturnah, und seine Bewohner zeigen viel Sinn für Botanik, auch ausserhalb der Universität. Wandern im Kanton Genf bedeutet Natur – mehr als erwartet.
Ein Besuch in der Champagne Genevoise in der Nähe von Chancy, "dem letzten schweizerischen Dorfe gegen das Burgund an der Rhone", wie es in einem alten Bericht heisst, ergab eine erfreuliche Ausbeute an attraktiven Frühblühern.
Wie im Vallon de l'Allondon so hat auch hier die besondere Situation des Laire-Tals die Ausbreitung einiger südlicher Arten begünstigt, darunter bei uns sehr seltene wie die Hundszahnlilie und das Muschelblümchen.

das Frühlings-Hungerblümchen (Erophila verna)
bildet ein blühendes Polster direkt an einem Strässchen

der Acker-Gelbstern (Gagea villosa) .....

wächst überraschend an einer Strassenböschung.



das Stängelumfassende Täschelkraut (Thlaspi perfoliatum)....

wird nur wenige Zentimeter hoch.

ebenso die Acker-Taubnessel (Lamium purpureum)





hier kommt bereits "la vedette du jour" in Sicht.
Es ist die Hundszahnlilie (Erythronium dens-canis).









der Waldboden ist auch übersät mit dem
Zweiblättrigen Blaustern (Scilla bifolia),
der - man glaubt es nicht - zu den Spargelgewächsen gehört!

der Hundszahn jedoch gehört zu den echten
 Liliengewächsen, welche 6 Perigonblätter haben

Lungenkraut neben Huflattich


in solchen Massen sieht man ....

den Huflattich (Tussilago farfara) selten.


in der artenreichen Krautvegetation kommt zusammen mit dem Hundszahn
auch das Muschelblümchen (Isopyrum thalictroides) vor!




es öffnete bei meinem Besuch gerade die ersten Blüten...

und bildete mit dem Blaustern und dem
Hundszahn eine attraktive Farbmischung.


die Perigonblätter sind beim Hundszahn
meist zurückgeschlagen,  ...

seine Staubblätter sind schwarz gefärbt.

Normalerweise hat der Hundszahn nur zwei Blätter.
Diese sind stets eigentümlich grün gefleckt bis marmoriert.

in diesem Buchenwald wächst der Hundszahn


auch die Mandelblättrige Wolfsmilch
(Euphorbia amygdaloides) liebt
wie der Hundszahn Kalkböden

Hohlknolliger Lerchensporn (Corydalis cava)





das Muschelblümchen gehört wie auch das Buschwindröschen
zu den Hahnenfussgewächsen und überwintert als Rhizom


Auch das Weiche Lungenkraut
(Pulmonaria mollis aggr.) ist überall
auf dem Waldboden vertreten



hier die Blüte eines Buschwindröschens (Anemone nemorosa),
das ganze Teppiche bildet.






in Mitteleuropa kommt der Hundszahn sehr
selten vor, ist dagegen am Alpensüdrand
noch teilweise häufig und ungefährdet.

wie alle Liliengewächse hat auch der Hundszahn
zum Ueberwintern eine Zwiebel. Diese hat eine
zahnartig gebogene Form, woher sich
der Name ableitet.


der Hundszahn kommt in der Schweiz
wild nur im Kanton Genf...

und im Tessin vor.

Fruchtstände der Wilden Karde (Dipsacus fullonum)

das Weisse Veilchen (Viola alba s.str.) ist auch schon da



 ein auf Totholz wachsender Pilz,
wohl aus der Gattung der Trameten (Trametes cf.)


der Hundszahn ist in Südeuropa verbreitet und konnte sich dank
des milden Klimas bis in die südlichen Teile der Schweiz ausbreiten





die Stängellose Schlüsselblume (Primula acaulis) ist in der
Westschweiz und im Tessin sehr verbreitet

ein völlig von einer Flechte überwachsener Baum.
Es handelt sich um Evernia prunastri, im Deutschen 
auch unter dem Namen "Eichenmoos" bekannt.


Liebliche Anemone (Anemone blanda)

Rosette einer Ragwurz-Art (Ophrys sp.) 

sah ich zum ersten Mal:
der Fruchtstand des Feldmannstreus
(Eryngium campestre)



Wohlreichendes Veilchen (Viola odorata cf.)





auch so ein Frühblüher: das unscheinbare Bisamkraut
(Adoxa moschatellina), auch Moschusblümchen genannt


der Lauf der Laire, die noch ungehindert fliessen darf.
Ihre Alluvialzone bietet vielen Arten eine Nische,
was einer hohen Biodiversität zugute kommt.





Donnerstag, 15. März 2018

über die Maladaires


Der Blumenwanderer wurde schon gefragt, ob man denn heute noch einfach so über Blümchen schreiben und berichten könne inmitten all der gravierenden Probleme dieser Welt wie grässliche Kriege mit Giftgaseinsatz, schreiender sozialer Ungerechtigkeiten, Umweltzerstörung in nie gekanntem Ausmass, Klimaveränderung mit unabsehbaren Folgen etc.
Er wusste darauf keine Antwort zu geben. Natürlich sind z.B. die Aufnahmen eines James Balog tausendmal relevanter und wichtiger für unsere Zeit, doch vielleicht haben irgendwie auch solche Fotos wie unten ihre Bedeutung.

Symbolisch erlebte ich die oben geschilderte Problematik bei einem Frühlingsspaziergang über die Krete der Maladaires bei Sion. Man fühlt sich auf dem langgezogenen Hügel direkt neben dem Aerodrom wie auf einer idyllischen Insel, umgeben vom Zivilisationslärm der Talebene, wo Düsenflugzeuge dröhnend landen und starten, wo Baumaschinen rattern, Autos surren und Helikopter abheben
Still und unscheinbar erblühen derweil wie seit Jahrtausenden auf dem Hügelrücken die Frühlingsboten.

bereits erblühen die ersten ....
Berg-Anemonen (Pulsatilla montana).




bald schon trifft man am Kretenweg auf die ersten
Felsen-Gelbsterne (Gagea saxatilis)

hier durchstossen sie das Flaumeichen-Laub

hier mit Zehnrappen-Stück zum Grössenvergleich

auch ein Winzling ist der Frühe Ehrenpreis (Veronica praecox)
ebenso wie das Hügel-Vergissmeinnicht (Myosotis ramosissima)


das Zwerg-Stiefmütterchen (Viola kitaibeliana)
mit Einfrankenstück zum Grössenvergleich ....

gehört zu den Kleinen der Steppe.





der Felsen-Gelbstern (Gagea saxatilis) ist zwar sehr selten, ...

bildet aber zuweilen solche Rasen aus.


die verbreitete Spurre (Holosteum umbellatum)

auch die ersten Leberblümchen (Hepatica nobilis) kann man beobachten




der Mont d'Orge mit seinen goldgelben Winzerhäuschen

der Kretenweg der Maladaires




die Steppe auf der Südseite der Crêtes des Maladaires,
welche zu den paar Hügeln bei Sion gehören, 
die auf Luftbildern wie riesige gestrandete Wale wirken.




der typische Kalkschiefer der Maladaires






bei den Felsen ist der Weg stellenweise
durch einen Handlauf gesichert.
Der Schneeberg nahe der Bildmitte ist der Grand Chavalard,
der leicht umwölkte rechts der Haut de Cry.



die Borke einer Flaumeiche. Bei genauem
Hinschauen erkennt man, wie Vögel
Eicheln in die Spalten gesteckt haben,
um sie besser aufpicken zu können.

überall in den Trockenrasen liegen leere
Schneckenhäuschen umher. Bei den Turm-
schnecken dürfte es sich um die gefährdete 
Märzenschnecke (Zebrina detrita cf.) handeln.













der Kretenweg gleicht eher einem Botanikerpfad



im Unterholz stellenweise häufig:
der Festknollige Lerchensporn (Corydalis solida)






und immer wieder lugen Gelbsterne aus der
ansonsten noch braun-grauen Vegetation hervor




die Laubblätter des Felsen-Gelbsterns sind fadenartig dünn,
nur die Hochblätter werden etwas breiter. 










im Hintergrund die Landepiste
des Flughafens von Sion, während die Gelbsterne ....

nicht nur von viele Bienen umschwärmt wurden,
sondern wie hier auch von Schmetterlingen!



nochmals ein schöner Bestand des gefährdeten
Zwerg-Stiefmütterchens (Viola kitaibeliana),
das auch Steppen-Stiefmütterchen genannt wird und.....

Teil der Artengruppe Viola tricolor aggr. ist.


Grauflaumiges Fingerkraut (Potentilla pusilla)

"und täglich grüsst die Berg-Anemone"











ein kleiner Bestand des Acker-Gelbsterns (Gagea villosa)

er wird deutlich grösser als der Felsen-Gelbstern




auch einzelne Weiden (Salix caprea cf.) erblühen schon



die Walliser Lotwurz (Onosma pseudoarenaria ssp. helvetica)
 treibt erst gerade aus

das winzige Kelch-Steinkraut (Alyssum alyssoides)
mit gelben Knospen

sie hier befindet sich noch im Winterschlaf.



auch die Steinkresse (Hornungia petraea) gehört zu jenen
Winzlingen, die jetzt in der Felsensteppe blühen




typisch für sie die spindelförmige Wurzel
und die fiederteiligen Blättchen

und weil sie so schön ist, hier der Abschiedsgruss
der Berg-Anemone (Pulsatilla montana)