Montag, 15. Juni 2020

dr Blüemli-Schnägg

mit diesem nicht eben schmeichelhaften Ausdruck (die Blümchen-Schnecke) wurde der Blumenwanderer auch schon bedacht, als er mal mit anderen auf Wanderschaft war! Dies, weil der gemütlich Botanisierende halt meist wie die Schneckenpost unterwegs ist, nach links und rechts, nach oben und unten schaut - und dann doch über den nächsten Stein stolpert.

Aber immerhin frisst er die Blüemli und Chrütli nicht gleich noch auf, die er so findet. Lieber ist ihm, wenn er niederknien, sie bewundern und ablichten kann. Und so bringt er oftmals statt Schritte auf der Gesundheits-App des Smartphones halt umso mehr Blumenaufnahmen auf selbigem Gerät
nach Hause.

Das Ergebnis eines solchen Schnecken-Trips im Wallis ist nachfolgend zu sehen.

Tourdatum: 29. Mai 2020



zuerst machte ich auf der Fahrt ins Wallis im Kanton Freiburg einen Abstecher in einen Wald,
in dem ich auf diesen Weiher traf. Am Rande des Kolks, der wohl ein Moorauge eines von
Wald zugewachsenen alten Hochmoores ist, wachsen geheimnisvolle Pflanzen, die ich noch nie sah.




wie schön, dass ich diese Art mal sehen darf!

Strauss-Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora)




die unglaublicherweise zu den Primelgewächsen zählende Art
gilt in der Schweiz als gefährdet. Sie wächst wie hier
vor allem in Sümpfen und Mooren.






der dichte, kopfige bis ährige Blütenstand 
ist 1 bis 3 Zentimeter gross







der in der näheren Umgebung auch vorkommende
Gemeine Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris)
ist viel häufiger anzutreffen




im selben Wald gedeiht der
Grossblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora)...



mit einer selten zu beobachtenden Gipfelblüte,
die im Gegensatz zu den zygomorphen Blüten
weiter unten radiärsymmetrisch ist


Roter Fingerhut (Digitalis purpurea)

auch hier zufällig mit Gipfelblüte. Das Phänomen nennt sich
Pelorie und ist eine Missbildung, d.h. es ist eine Mutation,
also eine Laune der Natur, bei der die strahlige Terminalblüte 
wirkt, als wären mehrere Blüten ineinander gewachsen.


das Blutauge (Potentilla palustris)....

nicht mit einer Pelorie, sondern einem Bestäuber!


Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia)

Blutwurz (Potentilla erecta)



eigentlich wollte der Blumenwanderer mal den Weg zwischen den zu Fully gehörigen
Weilern Buitonnaz und Tassonières beschreiten, doch ist er in ersterem "steckengeblieben",
so sehr hat ihn die Artenvielfalt in Beschlag genommen



die Ohnsporne (Aceras antropophorum)
sind mal auffällig, ....

mal zwischen den Klappertöpfen versteckt.



wegen der Form ihrer Lippe trägt 
diese Pflanze im italienischen Sprachgebrauch
den schönen Namen „ la Ballerina“


Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis)



Brand-Orchis (Orchis ustulata)





die sonst eher kleinwüchsige Art zeigte sich hier
stupenderweise ebenso gross wie mein Rucksack!




zwei elegante Blütenähren:
links von der Färber-Reseda (Reseda luteola))


und rechts von der
Aehrigen Glockenblume (Campanula spicata)


die Färber-Reseda wird locker mannshoch....

und hat wellige Blätter.


"Verstreut an Felsen, an sonnigen, buschigen Abhängen,
auf steinigen Grasböden, zwischen Geröll der südlichen
Alpentäler; von der Ebene bis in die subalpine Stufe"
(Hegi, VI,1 p. 337 zur Aehrigen Glockenblume)

die Violette Sommerwurz (Orobanche purpurea)
hätte ich fast mit dem Dingel verwechselt


am Schatten lässt es sich gemütlich picknicken




Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum)

Ensemble aus Klappertopf, Gymnadenie
und Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria)


Astlose Graslilie (Anthericum liliago)

an solch prächtigen Stauden kann ich nicht einfach vorübergehen:
Natterkopf (Echium vulgare)




Haus im Grünen mit phantastischer Aussicht

auch eine Behausung oder besser gesagt eine Löwenhöhle.
Sie fällt mir nur deswegen auf, weil regelmässig Staub daraus hervorspritzt.
Obacht, hier wohnt ein Ameisenlöwe!




Feldulme (Ulmus minor)
mit starkem Befall der Ulmenblasenlaus

von diesem adretten Bäumchen (Sambucus nigra)
lasse ich einige Blüten für die
Zubereitung von Sirup mitgehen











Samstag, 6. Juni 2020

hoch über der Südrampe

Als passionierter Wallisgänger schätzt der Blumenwanderer die einsamen Weglein weit über der Südrampe, z.B. zwischen den Ausserberger Weilern Raaft und Leiggern. Dank des milden Mikroklimas konnten hier einst auf über eineinhalb Tausend Metern Roggen und Kartoffeln angebaut werden; sogar Obstbäume sind vorhanden. Heute werden die meisten Stadel wohl nur noch zu Freizeitzwecken genutzt. Auf ihre Besitzer könnte man durchaus neidisch werden, denn sie liegen an einem überaus schönen Ort. Neben dem Tiefblick ins Walliser Haupttal genießt man eine prächtige Aussicht auf die Mischabelgruppe mit dem 4545 Meter hohen Dom.

Aber der Blumenwanderer kam nicht (nur) deswegen hier herauf. Weshalb denn? Zudem hat er die fatale Angewohnheit, vom richtigen Weg abzukommen und sich zu "verirren". Weshalb also das Ganze? Ja, weshalb nur? Das zeigt dieser Beitrag.


Blick von Raaft auf das Walliser Haupttal

eine Matte voller Gemeiner Pechnelken (Silene viscaria)


diese Art weist unter den Knoten stark klebrige Stellen auf


Pantherspanner (Pseudopanthera macularia)


es wird angenommen, dass diese Klebereien zum Schutz vor Insekten
wie Blattläusen evolviert sind, welchen dadurch
der Weg entlang des Stängels versperrt wird

in den Halbtrockenrasen finden sich auch immer wieder grosse Tuffs
von Grossem Ehrenpreis (Veronica teucrium)


diese habe ich noch nie so schön aufgeblüht gesehen:
Jupiter-Lichtnelke (Silene flos-jovis)

sie würde sich sicher auch als Gartenpflanze gut machen


die Aussicht hier oben ist wirklich atemberaubend


besten Dank Hanspeter!



der Blick auf den Erdboden ist nicht minder lohnend:
in einem aufgegebenen Aeckerchen findet...


man einige alte Ackerbegleiter wie das schöne
Sommer-Blutströpfchen (Adonis aestivalis).





Ausdauernder Knäuel (Scleranthus perennis)

Einjähriger Knäuel (Scleranthus annuus)



Krummhals (Anchusa arvensis)



Acker-Hahnenfuss (Ranunculus arvensis)



Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis)

das unscheinbare Scharfkraut (Asperugo procumbens)
wird auch Schlangenäuglein genannt



Wiesen, die glücklich machen!


Büschel-Miere (Minuartia rubra)



Herzblatt-Kugelblume (Globularia cordifolia)
vor Rotem Seifenkraut (Saponaria ocymoides)






solch dichte Polster kann diese Kugelblume bilden

Rundblättrige Hauhechel (Ononis rotundifolia)

schon blühen auch die Alpen-Astern (Aster alpinus)




erstmals bewusst wahrgenommen habe ich
Trionfettis Flockenblume (Centaurea triumfettii)
mit den leicht gelappten unteren Blättern



auf einmal steht man im dichten Lärchenwald (Larix decidua)


stellenweise häufig sieht man auf Waldlichtungen die Waldvögeli (Cephalanthera longifolia).
Was sie indes mit Vögeln zu tun haben, ist mir nie ganz klar geworden.


die zierlichen Orchideenblüten.....


aus der Nähe. Sind das die namensgebenden Vögelein?

die Schneeweisse Hainsimse (Luzula nivea) ist noch nicht ganz erblüht


das Rote Waldvögeli (Cephalanthera rubra)
auch nicht

die Grüne Hohlzunge (Coeloglossum viride)
gehört ebenfalls zu den Orchideen


bald kommt man wieder in die Sonne
und bewundert den Aspekt des Stipo-Poions mit
Federgras, Blauem Lattich, Seifenkraut und Schweizer Schöterich

hierher gehört auch die Gelbe Hauhechel (Ononis natrix)


zwei weitere Orchideen sind
das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) und....

die Holunder-Fingerwurz (Dactylorhiza sambucina).


eine Ueberraschung war für mich das nördlich der Rhone sehr seltene
Walliser Leimkraut (Silene vallesia)


"Diese Art wächst auf felsigen Abhängen...

und ist ein mediterran-südalpiner Typus" (Hegi, III, p. 284).






über den schönen Stängellosen Tragant (Astragalus excapus)
liest man im Hegi: "Rosettenstaude mit bis über meterlang und
fast fingerdick werdender Pfahlwurzel und meist nur wenige
cm langem, holzigem, verzweigtem Erdstock" (IV, 3, p. 1409).

der Samtige Haller-Spitzkiel (Oxytropis
halleri ssp. velutina) kommt in der Schweiz
praktisch nur im Wallis vor


ohne Worte



die roten ovalen Hülsenfrüchte des Stängellosen
Tragants sind mir bisher noch nie aufgefallen






der Weg führt durch die Lawinenverbauungen....


und über steile Felshänge, ist aber stets sicher.


Französischer Tragant (Astragalus monspessulanus)



fast übersehen hätte ich eine weitere Ueberraschung:
es ist das seltene Steintäschel (Aethionema saxatile)

gerade sind oben noch die letzten Kreuzblütchen
zu sehen, während sich weiter unten
zahlreiche Schötchen gebildet haben




die Blüten stehen in einem anfangs dichten, doldentraubigen
Blütenstand zusammen, wie ich Anfang April 

bei Martigny beobachten konnte


welch ein Unterschied zu jetzt, denn bis zur
Fruchtreife streckt sich die Blütenstandsachse stark

Schweizer Schöterich (Erysimum rhaeticum)


Felsensteppe mit Dickblättrigen Kleinblütigen Königskerzen
(Verbascum thapsus ssp. montanum) mit ihren
gelblichen und gestielten Blättern


Blick über den Sefihang mit dem Gorwetschgrat in weiter Ferne

ein Tiefblick auf Visp


Trauben-Steinbrech (Saxifraga paniculata)

Glattes Brillenschötchen (Biscutella laevigata)





typischer trockenwarmer Hang mit
Pfriemgras (Stipa capillata)
Filziges Habichtskraut (Hieracium tomentosum)


Blassblütiger Storchschnabel
(Geranium rivulare)

Türkenbund (Lilium martagon)



Aufrechtes Acker-Hornkraut
(Cerastium arvense ssp. strictum)


hier wächst eine Braunrote Stendelwurz
(Epipactis atrorubens) am Weg heran




zum Abschluss gab es noch diese Ueberraschung
auf einer Lichtung: Paradieslilien (Paradisea liliastrum)







nicht fehlen dürfen diese typischen Walliser:
Ehringer Rinder bei Raaft


am Wegbord gesehen:
Italienisches Leinkraut (Linaria angustissima)

gegen Abend zieht das Wetter zusammen über Raaft und seiner Kapelle.
Bald schon wird Regen einsetzen,
doch der Blumenwanderer geht sonnigen Herzens talwärts.