Samstag, 8. März 2025

un refuge féérique

Kürzlich machte der Blumenwanderer seine erste beglückende Frühlingswanderung. Da sind sie also wieder, nach den grauen Wintermonaten, unsere Pflanzen: sie widerstehen allen Widerwärtigkeiten, auch unserem hegemonialen Willen, alles unter Kontrolle zu bringen. Noch leisten sie grossen Widerstand, wachsen dort, wo man sie nicht haben will, sie nicht vermutet, reisen mit dem Wind, im Fell von Tieren und sogar wie die Klugen mit dem Zuge und spriessen, sobald man ihnen den Rücken zukehrt. 

Dem Blumenwanderer bereitet dies grosse Hoffnung. Für ihn sind Pflanzen eine Art Vorbild. Pflanzen sind frei. Wir versuchen, sie einzusperren, in Gärten und Töpfe und Schlimmeres, doch je mehr wir das tun, desto mehr zwängen wir uns selbst ein. Und je mehr Freiheit wir ihnen geben und sie gewähren lassen, desto mehr Freiheit gewinnen wir.

Der Blumenwanderer kennt sie noch, die vergessenen, stillen Orte, wo Blumen ungehindert und frei wachsen können, wo sie auf bessere Zeiten warten, in denen man einst weniger Dünger und "Bodenverbesserer" und Herbizide ausbringen wird, und in denen sie sich wieder ausbreiten können aus ihren Refugien heraus.




das verwunschene Märchenland bei La Sarraz
ist nicht leicht zugänglich und schützt sich selber
doch wird die Anstrengung belohnt, als ich in diesem "Monde oublié" auf einmal
dieses Blumenteppichs ansichtig werde: Märzenglöckchen (Leucojum vernum)




auch die geheimnisvollen Nieswurzen (Helleborus foetidus)
  stehen hier in Vollblüte



ENFIN  LE  PRINTEMPS!


 im Gegensatz zu den Schneeglöckchen
haben die Märzenbecher einen
gelbgrünen Fleck über der verdickten
Spitze der Perigonblätter


wenn soviele beisammen sind, nimmt man den feinen,
etwas veilchenartigen Duft dieser Art wahr









auch erste Blausterne (Scilla bifolia)
sind dazwischen ausgestreut




weiter geht es über Stock und Stein







und immer wieder flaniert man an solchen Teppichen vorbei.
 Märzenglöckchen werden von Hummeln und Bienen bestäubt



auch die Leberli (Hepatica nobilis)
sind in Vollblüte und bilden stellenweise
blaue Flecken im Unterholz



diese Laune der Natur zieht immer meinen
Blick auf sich: oben ein Weissling....
und hier seltene rosa Blüten dieser Art.




typisch für den Ahorn-Schluchtwald
findet man hier Hirschzungen (Phyllitis
scolopendrium) zu Hunderten an den Kalkfelsen


aus dem Laub lugen auch schon die ersten
Moschusblümchen (Adoxa moschatellina) hervor






und was streckt da seine zarten Triebe aus dem Laub?
Mein "educated guess": Fiederblättrige Zahnwurz
(Cardamine heptaphylla)




da liess ich ein paar Blätter mitlaufen:
Bärlauch (Allium ursinum)


ist das nicht erstaunlich, dass man so selten solch einen Blausternteppich sieht?
Zweiblättriger Blaustern (Scilla bifolia)

noch seltener ist ein Weissling dieser Art

eine geheimnisvolles Gewächs des Unterholzes
 ist die Haselwurz (Asarum europaeum)



zuerst dachte ich, dass diese Leberli
aber merkwürdige Blätter haben, na ja.


musste ich zuerst vom Laub befreien:
die Blütenknospe der Haselwurz




austreibendes Bingelkraut
(Mercurialis perennis)


immer ein Blickfang im dusteren Walde:
Stängellose Schlüsselblume (Primula acaulis)




ohne Worte

und doch noch ein Veilchen!
"Viola alba Besser", wie ich sie immer nenne:
das Weiss-Veilchen ist hier sehr verbreitet,
und ich freue mich, dass ich seine ersten Blütchen sehe.




und hier gibt es interessanterweise auch
 einen Schneeglöggli-Teppich (Galanthus nivalis).
Wahrscheinlich ist die Art hier autochthon.



aus der Schlucht aufsteigend
sehe ich nochmals ganze Hänge voller Märzenglöckchen, einfach magisch!
was mich oben im Reich des Lichts erwartete,
wird im folgenden gezeigt

unvermittelt stehe ich vor einem alten Steinbruch,
der längst nicht mehr genutzt wird. Warmes Licht umfängt mich.




hier ist Orchideenland.
Ein Grund mehr, später im Frühling wiederzukommen!



das Licht ist so anders hier, so intenviv: on dirait le sud....



eine Zeitlang verirre ich mich im Buchs-Dschungel
(Buxus sempervirens)

Gemeine Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)


was ich nicht zu hoffen wagte, ist eingetroffen:
wie hat mich das gefreut, dass diese 
Puschel und Wuschel schon da sind!




nur wenige sind es indes, die sich Anfang März zu blühen getrauen,
denn die meisten verharren noch in den pelzigen Knospen