Donnerstag, 15. Juni 2017

der Oesterreicher Drachenkopf

Ist der Oesterreicher Drachenkopf eine Wappenfigur aus der Zeit der k.-u.-k.-Monarchie wie etwa der Doppeladler? Nein, nur ein etwas extravaganter Lippenblütler, der durchaus auch in der Schweiz vorkommt. Ihm begegnet man, wenn man etwas oberhalb von Ardon wandert. Eine anstrengende, aber lohnende Unternehmung, kann man dabei doch eine grosse Artenvielfalt beobachten, wie es der Blumenwanderer erlebte, als er schon in den Rebbergen von Ardon die Aufrechte Waldrebe, den Gelben Günsel und die Lotwurz fand, von weiter oben ganz zu schweigen.....


die Aufrechte Waldrebe (Clematis recta)....

ist die seltene Schwester unserer verbreiteten
Gemeinen Waldrebe.




sie wächst bei Ardon im lichten Gebüsch .....

und klettert nicht an Bäumen hoch,
sondern bildet Stauden von bis zu 1,5 Meter Höhe.




auch abgeblüht sieht sie interessant aus.


in den Weinbergen ab und zu anzutreffen ist
der Gelbe Günsel (Ajuga chamaepitys), ....

der so ganz anders aussieht wie unser Kriechender Günsel.

die Steinbrech-Felsennelke (Petrorhagia saxifraga)
in ihrem typischen Habitat




auch auf  sowas trifft man auf dem Wanderweg:
die mächtige Druckleitung fürs Kraftwerk Ardon

Sandmohn (Papaver argemone)


jetzt ist die Hauptblütezeit des
Roten Waldvögelis (Cephalanthera rubra)....

und der Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis)


unzugängliche Schluchten prägen die Gegend ob Ardon

Blick talaufwärts auf Vétroz und Conthey mit dem
Mont d'Orge nahe der Bildmitte...

und ein Blick talabwärts.

ein Natterkopf-Gärtli auf der Krete. Den Segelfalter,
der die Pflanzen besuchte, konnte ich leider nicht mit ablichten.
Das hätte einen schönen Farbkontrast gegeben.

Alpenaster (Aster alpinus)

Blassblütiger Storchschnabel (Geranium rivulare)





und hier der Star des Tages mit dem furchterregenden Namen:
der Oesterreicher Drachenkopf (Dracocephalum austriacum)

das Vorkommen dieser seltenen Art beschränkt
sich in der Schweiz aufs Unterwallis
und das Unterengadin


der Drachenkopf hat schmal-lanzettliche Blätter.
Gleich daneben  wächst eine weitere kalkliebende Art:
der Trauben-Steinbrech (Saxifraga paniculata)





 Sein Verbreitungsgebiet in Europa ist sehr zerstückelt: die nächsten Vorkommen
sind in Savoyen, im Vinschgau und dann erst wieder im Osten Österreichs.
Das Hauptverbreitungsgebiet sind die Steppenrasen Osteuropas (Ungarn, Rumänien, Slowakei)



sieht aus wie ein Miniatur-Drachenkopf,
ist aber keiner, sondern
der Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus)


Nanu?




das Weisse Waldvögeli (Cephalanthera
damasonium), das auch ein Blasses ist,
 treffe ich meist mit geschlossenen Blüten an. 

hier macht es den zarten Versuch
einer Oeffnung.


weil es so schön ist, hier gleich nochmal...

das Rote Waldvögeli (Cephalanthera rubra),
das "extrovertierter" ist als das Weisse.

Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata)


Holzbienen treffe ich wie hier immer nur an Blasensträuchern.
Erst später erfuhr ich, dass nur sie und grosse Hummeln ausreichend Körperkraft haben, um die Schiffchen herabzudrücken
und so an den reichlich vorhandenen Nektar zu gelangen.


fast schon ein Busch von Walliser Lotwurz (Onosma pseudoarenaria)
mit des Blumenwanderers Rucksack zum Vergleich daneben.

die Lotwurz gedeiht hier prächtig an unwirtlichster Lage
zwischen Asphalt und Geröll. Ab und zu
wird sie von Steinen von oben "bombardiert".

diese seltene Walliser Spezialitäten gehört zu den Raublattgewächsen
(Boraginaceae) und so rauhstachelig war sie auch,
 dass man sie fast nicht anfassen konnte.

die zweijährige Pflanze wird nach dem Blühen absterben
und hoffentlich zahlreiche Samen ausstreuen.
während ich die Aufnahmen der Lotwurz machte, waren gerade zwei Bienen dabei
Pollen zu sammeln. Dabei halten sie sich nach der Landung mit den Beinen an der
Röhrenblüte fest und erzeugen ein auffälliges Geräusch mit den Flügeln. Durch die so
entstandenen Vibrationen löst sich der Pollen aus der Blüte und regnet auf ihren
 Kopf herab, von wo sie ihn geschickt auf die Hinterbeine streichen.
 Dieses Verhalten nennt man Vibrationssammeln (Buzz-Pollination)



Samstag, 10. Juni 2017

das Bunschibad

Wer kennt denn sowas noch? Dabei war dies einmal eines der international bekanntesten Kurbäder des Berner Oberlandes. Aber das war in jenem badeverrückten 19. Jahrhundert, als bis zu 300 Kurgäste in dem engen Tobel ob Weissenburg im Simmental Linderung von ihren Molesten suchten.
Ein balneographischer Führer (Anleitung zu dem richtigen Gebrauche der Bade-und Trinkcuren von Gabriel Rüsch, 1832) schreibt: "Dieses Bad liegt in einer engen nur gegen Süden offenen Schlucht, am Ufer des Bunschibaches, welcher auf der Kesselalp am Ganterisch entspringt und sich 450 Fuss tiefer in die Simme ergiesst. Theils kahle, theils bewaldete, fast senkrechte Felsen erheben sich ringsum über das Bad und gestatten den Sonnenstrahlen selbst in den längsten Tagen nur von 10 bis 3 Uhr freien Zutritt."
Unglaublich, dass von der ganzen Herrlichkeit nur ein paar öde Ruinen übriggeblieben sind. Damals wie heute beeindruckt aber die schroffe Naturlandschaft, die von lieblichen Blumen geschmückt ist. Von ihr sollen nun die folgenden Bilder sprechen, die anlässlich einer Wanderung von Weissenburg am Bad vorbei bis ins Buuschetal hinauf enstanden.


aufblühende Gymnadenien
(Gymnadenia conopsea)


das Grünliche Breitkölbchen
(Platanthera chlorantha) ist eine Blume, ....

die einem die Zunge rausstreckt.


Gemeiner Schwefelporling (Laetiporus sulphureus cf.)
Junge, saftige Exemplare sind essbar und schmecken gegart
nach Hühnchen. Daher nennt ihn der Engländer "Chicken of the Woods".


die Moos-Nabelmiere (Moehringia muscosa)  hat nichts mit Moos zu tun,
sondern ist ein Nelkengewächs, erst noch ein besonderes mit nur 4 Blütenblättern.


2014 wurde eine neue Hängebrücke über
das Tobel eingeweiht. Im Hintergrund
die Schwidenegg, wo der Adler horstet.

im Gegensatz zu früher ist der
Brückenzoll  freiwillig.

Blick zurück auf die Lienegg ....


und hinunter ins Simmental.





da mussten ein paar mächtige Tannen dranglauben




Bachbungen-Ehrenpreis (Veronica beccabunga)
Etymologisch gesehen ist "beccabunga" eine frühe Latinisierung
des deutschen Namens Bachbunge. Der zweite Bestandteil wird von
einem althochdt. Wort für "Knolle" hergeleitet (pungo). Ich fand jedoch
keinerlei Hinweise, dass diese Pflanze so etwas haben könnte.

ein Augenschmaus sind die Blüten des
Natterkopfs (Echium vulgare)


schon erblüht auch die Kugelorchis
(Traunsteinera globosa)

hier ist sie noch in den Knospen


weiter oben auf einer Alp sind die
Gymnadenien kleiner als der Hornklee

ein Zweiblatt (Listera ovata) im Abendlicht

von mir aus gesehen eine der schönsten
Wiesenblumen: die Wiesen-Salbei
(Salvia pratensis)
Nanu: hat da jemand hingespuckt? Nein, dies
sind die Nester der Schaumzikaden-Larven,
die beim Schlüpfen aus dem Ei nur 1mm gross
sind und sich vom Saft der Pflanze ernähren.




die Wiesen-Salbei gibt es auch
in himmelblauer Version

ein weiterer Bläuling ist
der Feld-Enzian (Gentiana campestris)


Was für ein Fäustchen reckt sich
hier dem Wanderer entgegen?

und welche Krallen greifen dort nach ihm?







Das Reich der vegetativen Formen ist schier unbegrenzt.
Sie alle gehören zum Adlerfarn (Pteridium aquilinum),
dem grössten heimischen Farrenkraut.


man würde mir wohl glauben, wenn ich sagte,
dass dies die edle Alpen-Akelei sei. 
Ist sie aber nicht trotz ihrer himmlische Bläue
sondern die Gemeine Akelei (Aquilegia vulgaris),
von wegen gemein.

die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera)
ist dagegen schon abgeblüht


auch fand ich ein grosses Vorkommen
der Wilden Mondviole (Lunaria rediviva)

Wild ist sie im Gegensatz zur Garten-Mondviole,
dem bekannten Einjährigen Silberblatt,
das sozusagen die "zahme" Variante darstellt.

ein anderer Name für das Ding lautet
"Ausdauerndes Silberblatt". Bei den deutschen Namen
darf man gefälligerweise auslesen, was man will.


ihre wohlriechenden Blüten ziehen vor allem Nachtfalter an.
Wer nun denkt, dass sie deshalb mit Frau Luna in Verbindung
gebracht wird, der irrt, denn "mondähnlich ist sie wegen der Form und des Silberglanzes der Scheidewand der Schoten"
(Düll/Kutzelnigg, 2011)



hier diese typischen lanzettlichen Schoten ....

und die herzförmigen Blätter dieser Art.




ein weiterer Bewohner von feuchten Waldhängen ist
der Rundblättrige Steinbrech (Saxifraga rotundifolia)

seine Blütenblätter weisen winzige rote
und orange Pünktchen auf, was aber
nur die Botanikerlupe offenbart.


der Rückweg führte mich
unten durch über den ....

sog. Leitereweg ins Tobel hinab, ...

an dessen Grund die Miniaturausgabe
der grossen Hängebrücke von oben den Bach quert.

bei ihr fliessen Morgetebach und Bunschibach zusammen

die "restaurierten" Ruinen des Bunschibades, .....




das sich im 19. Jahrhundert dem Besucher so präsentierte.

aus diesem Brünneli kann der Wanderer noch
heute "Weissenburger Mineral" trinken.
Es wird um eine Spende gebeten.


Obwohl die Mineralwasser von Weissenburg und Gurnigel
bereits um 1700 fern vom Quellort bekannt waren,
wurden sie erst Ende des 19. Jh. in Flaschen abgefüllt
Weissenburger Citro ist eine
Kindheitserinnerung des Blumenwanderers