Donnerstag, 27. August 2015

der Lungen-Enzian

Die Gunst der Stunde nutzend folgte der Blumenwanderer einer kürzlich gemähten Schneise und gelangte so tief in das Naturschutzgebiet Weissenau bei Interlaken. Diese Schneise wurde von Naturschützern auf der Jagd nach Neophyten gebraucht.
Am Ende dieses Pfades angelangt, untersuchte der Blumenwanderer eine dort befindliche Moorwiese etwas genauer und fand den Gesuchten, den im Berner Oberland äusserst seltenen Lungen-Enzian, der durch seine leuchtend blauen Blüten besticht. Sein Name stammt daher, dass man seine Blüten und Wurzeln früher gegen Lungenleiden genutzt hat. Doch eine Wirkung wurde allenfalls durch starken Glauben erzielt, denn medizinisch nutzbare Wirkstoffe enthält der Lungen-Enzian nicht. Auch sonst blühte noch erstaunlich Vieles in der näheren Umgebung:



Bergminze (Calamintha nepeta aggr.)
Ästige Graslilie (Anthericum ramosum)


Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense)

der Korallenstrauch (Cotoneaster horizontalis) ist ein Neophyt aus China
und hat (wie hier) das Potenzial, einheimische schützenswerte Flora zu verdrängen,
weshalb er nicht mehr als Zierstrauch angepflanzt werden sollte.

auch die ersten Herbst-Zeitlosen
(Colchicum autumnale) öffnen ihre Blüten
Klebrige Salbei (Salvia glutinosa)




Der Star des Tages ist im Gras verborgen
und kleiner als gedacht: ....
es ist der Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe).
Auf dieser Aufnahme sind gut die arttypischen Tupfen
auf der Innenseite der Kronblätter zu erkennen.

auf dieser Flachmoorwiese fand ihn der Blumenwanderer.......




und musste ihn erst vom Grase befreien,
bevor er ihn fotografieren konnte.







auch der allgegenwärtige Teufelsabbiss
(Succisa pratensis) liebt Moorwiesen














die Blüten öffnen sich erst, wenn die Lufttemperatur
gegen zwanzig Grad Celsius tendiert.



eine Pflanze mit Knitterblättern: ....
es ist das Grosse Flohkraut (Pulicaria dysenterica)


Wallwurz (Symphytum officinale)

das Gänse-Fingerkraut (Potentilla anserina),
so genannt, weil es als Pionierpflanze früher 
vor allem auf Gänseweiden anzutreffen war.


Gemeiner Schneeball (Viburnum opulus)



eine wilde Mülldeponie am Rande des Naturschutzgebietes?
Nein, die ausgerissenen Goldruten wurden in Säcke abgepackt und zum Abtransport
bereitgestellt. Dank den Naturschützern kann sich in der Weissenau die Goldrute
nicht unkontrolliert ausbreiten. Sie könnte sonst das ganze Moor zerstören.




Sonntag, 23. August 2015

die Wendelähre

Die Gattung der Wendelähren (Spiranthes), auch Drehwurzen oder Schraubenstendel genannt, gehört zur Familie der Orchideen und umfasst je nach Zählung 33 bis 50 Arten mit Schwerpunkt in Nordamerika. In der Schweiz kommen hingegen nur 2 Arten vor.
Nachdem der Blumenwanderer bereits Mitte Juli am Weg zur St. Petersinsel im Bielersee die Sommer-Wendelähre gefunden hatte, besuchte er nun auf der Thuner Allmend das grosse Vorkommen ihrer spätblühenden Schwester, der Herbst-Wendelähre.




das Habitat auf der Thuner Allmend mit der Stockhornkette im Hintergrund:
eingestreut in den Halbtrockenrasen ist da und dort auch das feine Blütenwunder der Wendelähre.






der farbenprächtige Natterkopf (Echium vulgare)


immer wieder schön anzusehen:
die Wegwarte (Cichorium intybus)


Wiesen-Bocksbart (Tragopogon dubius s.l.)
Echtes Labkraut (Galium verum s.l.)

Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea s.str.)




die Dolde der Wilden Möhre (Daucus carota) mit ihren 
gefiederten (=Unterschied zu anderen Doldenblütlern!) Hüllblättern....










schliesst sich nestartig nach dem Abblühen
zu einem Gebilde von filigraner Schönheit



        die Herbst-Wendelähre (Spiranthes spiralis) vor dem Hintergrund von Niesen bzw. Stockhorn




entlang des Stängels befinden sich schuppenartige Blätter,
aus deren Achseln die duftenden Orchideenblütchen wachsen






botanisch interessant: der Stängel kommt nicht aus der Blattrosette,
sondern neben ihr herauf. Der Rosette wird der nächstjährige Blütentrieb
entspringen, während die zum diesjährigen Blütentrieb gehörenden
Blätter bereits verdorrt sind.








eine nichtspiralige Sonderform mit einseitswendigen Blüten



zum Vergleich:
die Sommer-Wendelähre (Spiranthes aestivalis)
mit längeren Blättern am Stiel. Sie kommt auf
der Thuner Allmend nicht vor.


Donnerstag, 13. August 2015

der Widerbart

Lange Zeit glaubte der Blumenwanderer nicht, dass es diese lichtscheue, im Englischen auch
"Ghost Orchid" genannte Blume überhaupt gibt. Er hielt sie für die Legende einiger phantasiebegabter Orchideenfreunde oder das Gespinst (um nicht zu sagen Gespenst) gewisser übereifriger Doktoranden der Botanik.
Heute allerdings liess sich der Blumenwanderer eines Besseren belehren, als ihm ein Freund im hinteren Gasterntal eine unserer seltensten und seltsamsten Orchideenarten zeigte:
den Widerbart (Epipogium aphyllum). Er fällt in jeder Hinsicht aus dem Rahmen: nicht nur hat er keine Blätter, sondern er blüht auch nicht jedes Jahr, auch nicht immer an derselben Stelle und manchmal treibt er es unglaublicherweise so weit (oder so kurz), dass er sogar unterirdisch blüht.
Unter solchen Bedingungen braucht es natürlich viel Glück oder einen guten Guide, um einen solchen "Widerborst" zu finden. Dennoch sollte man ihn als Blumenliebhaber wenigstens einmal im Leben gesehen haben, denn auch seine Blüten haben es ihn sich: Lippe und Sporn schauen nicht wie bei anderen einheimischen Orchideen nach unten, sondern zeigen nach oben und die Blütenblätter hängen bartartig nach unten!


ein Blick von hinten auf das Gasterntal mit der Schwemmebene der Kander unten

Wer sieht das Gasterngesicht?




ein ganzer Hang voller Rittersporn (Delphinium elatum). So viel
davon auf einmal hat der Blumenwanderer noch nicht gesehen.

das süchtigmachende Blau des
Schwalbenwurz-Enzians (Gentiana asclepiadea)



zwei Männlein stehn im Walde ganz still und stumm.....
es ist der Widerbart (Epipogium aphyllum)




in der Seitenansicht gut sichtbar: oben der
Sporn, dann kommt die Lippe und unten
die herabhängenden Perigonblätter





die Lippe des Widerbarts ist rot getüpfelt








die Blättlein unten gehören nicht zum
Widerbart, denn dieser ernährt sich ohne
Chlorophyll nur mithilfe eines Pilzes






kein Widerbart, sondern eine letzte blühende
Moosorchis (Goodyera repens)